Kapitel 22 - Ein ganz kleiner Kuss

170 11 2
                                    

"Adam  und ich haben deinen Vater nicht getötet, Scott", fängt Alex an zu sprechen. Scott will ihn unterbrechen, aber ich hebe die Hand.

"Wir waren es nicht. Aber ich kann sagen, dass unsere Familie die Finger im Spiel hat." Alex schluckt schwer.

"Was willst du damit sagen?" Meine Stimme ist kaum hörbar. Es fällt mir schwer vor Scott über seinen toten Vater zu reden.

"Meine Mutter hat unserer Verwandten in die Stadt geholt. Bloomfield wimmelt gerade von Vampiren. Und wenn man vom Teufel spricht", flüstert er und deutet mit dem Kopf auf eine Gruppe. Es sind zwei Mädchen und ein paar Jungs. Alle haben ein anderes Alter und trotzdem sehen sie alle gleich bedrohlich aus.

"Verpiss dich, Alex! Wir wollen nichts mit dir zu tun haben!", schreie ich und stürme auf ihn zu. Mein Blick sagt ihm, er solle abhauen. Wenn sie Alex verdächtigen, wird er uns keine weiteren Informationen mehr geben können und vor allem wird man ihn dafür bestrafen. Vielleicht sogar töten. Ich weiß nicht, wie diese Wesen ticken, aber wenn sie einen unschuldigen Hunter töten, dann haben sie nichts gutes im Sinn. Alex versteht meinen Appell und rennt davon.

"So ein Schuft", flüstere ich und werfe auch meinen Freunden einen verschwörerischen Blick zu. Sie schauen nach hinten zu der Gruppe und verstehen meine Sorge.


Am Nachmittag treffen wir uns bei Scott in der Küche. Die Trauer von Scotts Mutter, ist mit der Bestätigung des Mordes, zur Wut geworden. Sie ist ebenso auf Rache aus, wie Scott es ist. Annabelle informiert uns über mögliche Angriffe, sobald sie etwas sehen kann. Jesper, Scott und ich gehen den Fakten nach, was passiert sein könnte.

"Laut Alex steckt seine Mutter im Spiel. Wieso holt sie so plötzlich ihre Familienmitglieder hier her?", frage ich verwirrt über die ganze Situation und lasse mich auf einen Stuhl in der Küche fallen. Scott holt Stift und Papier und setzt sich meinem Bruder und mir gegenüber.

"Die Hunter haben vor einigen Jahren das Cooper-Oberhaupt Adamas Alexander umgebracht", murmelt Scott und notiert etwas in der Mitte des Zettels. Er macht doch jetzt nicht wirklich eine Mind-Map?

"Ist das der Vater von Adam und Alex?" Mein Bruder und Scott nicken zeitgleich.

"Aber es ist Jahre her. Adamas Alexander ist aus der Reihe gesprungen. Er hat das getan, was jetzt Bürgermeisterin Cooper getan hat. Das Problem ist, wir können nicht einfach eine Bürgermeisterin töten. Das würde gleich auf einen Putsch hindeuten und wir können niemanden manipulieren." Scott zuckt mit den Schultern und seufzt. Jesper trommelt mit den Fingern auf dem Tisch herum.

"Wenn dein Vater nicht von der Treppe gefallen ist und morgens nicht bei der Arbeit erschienen ist, wo war er dann?", wirft Jesper ein und zieht unsere Blicke auf sich. Scott nickt nachdenklich.

"Das ist eine gute Frage", murmelt er. "Mum?" Scotts Mutter steckt ihren Kopf zur Tür herein. Dicke Augenringen zeigen ihre Sorge.

"Was ist? Habt ihr was rausbekommen?", fragt sie trocken und kommt herein.

"Wo war Dad bevor er... nun ja." Scott räuspert sich. Seine Mutter schaut aus dem Fenster.

"Ich weiß es nicht. Dein Vater war die letzten Abende oft weg. Geschäftliche Sachen. Ich schätze mal, er hat bereits was geahnt und deswegen haben die Coopers ihn umgebracht. Informationen, Scott." Sie holt tief Luft. "Ihr müsst vorsichtig sein. Sancha Cooper wird nicht davor zurück schrecken auch Jugendliche zu töten."

Scotts Mutter geht wieder um einen Anruf zu tätigen. Sie möchte so viele Hunter wie möglich für Bloomfield rekrutieren. "Wir müssen mehr Informationen herausbekommen. Ich werde Dads Arbeitskollegen befragen. Jesper könntest du mit deinem Vater reden? Ich meine, sie waren immerhin Brüder", schlägt Scott vor und schaut uns beide an.

"Und wo ist meine Aufgabe?", frage ich perplex und verschränke die Arme. Scott sieht mich kritisch an.

"Ich will dich da nicht noch mehr mit reinziehen", murmelt er kleinlaut und widerspricht sich damit selbst. Ich schiebe den Stuhl quietschend davon.

"Nicht noch mehr mit reinziehen? Dann hättest du mich nicht mitnehmen müssen. Sag mir was ich tun soll, oder ich nehme es selbst in die Hand, Scott! Jetzt brauchst du auch keine Angst mehr um mich zu haben." Scott verdreht die Augen.

"Ich sage es zwar ungern, aber rede mit Alex", murrt Scott und lässt seine Fingerknöchel knacken. Ich schüttele verwirrt den Kopf und gehe ohne ein Wort zu sagen.


Wie soll ich einen Vampiren finden, der von anderen Vampiren umringt ist? Ich sitze
gedankenverloren mit meinem Smartphone in der Hand im Park und denke darüber nach, wie ich Alex am besten erreiche, ohne das Adam oder seine Familienmitglieder es mitbekommen. Eine Person nimmt neben mir auf der Bank platz. Unauffällig linse ich zur Seite und hätte am liebsten genervt aufgestöhnt.

"Was willst du von mir?", knurre ich Adam an, der mich grinsend mustert. "Hast anscheinend dein Selbstbewusstsein mir gegenüber wieder erlangt, oder was, Monster?"

Adam schüttelt den Kopf und rutscht näher an mich heran. "Du solltest lieber Angst vor mir haben, Gracy, anstatt mich so anzukeifen", säuselt er leise und dreht mein Kopf zu sich um.

"Hör auf mir zu drohen. Ehe du deine Zähne in mich rammen kannst, wird Scott dich erdolchen!" Adam lacht und sieht mir in die Augen. Er soll bloß damit aufhören. Natürlich weiß er, dass sein Blick jedes Mädchen zum Schmelzen bringt.

"Ich hab gehört mein Bruder hilft euch in eurem Krieg gegen meine Mutter und ihre Verwandten?" 

"Es sind auch deine Verwandten." Ich stöhne genervt auf und frage mich, wie er das schon wieder rausbekommen hat.

"Was, wenn ich auch helfen will, Gracy?", fragt Adam mit gespielter Nettigkeit und ich würde ihm am liebsten eine Scheuern. Er sieht sich um und kommt noch näher an mich heran. Ich kann seinen Minzeatem an meiner Wange fühlen.

"Ich habe Informationen für dich", raunt er. Ich sehe ihn an.

"Und du willst sicherlich etwas dafür haben, nicht wahr, Cooper?", flüstere ich zurück und runzele die Stirn.

"Was ganz kleines, Grace. Es wird dir nicht weh tun und vielleicht gefällt es dir sogar." Ich sehe von ihm weg.

"Ich werde ganz sicher nicht mit dir schlafen, Adam!", sage ich empört und will bereits aufstehen, aber er drückt mich zurück auf die Bank.

"Ich will nur einen kleinen Kuss", sagt er ernst. "Bitte."

Ich lache sarkastisch auf. "Einen Kuss?" Er nickt. Mein Blick fällt auf ihn und ich sehe die Ehrlichkeit in seinem Blick. Wieso sollte ich meinen ersten Kuss an ihn verschwenden? Na, weil er Informationen hat! Vielleicht sogar wichtige Informationen, die uns weiterhelfen könnten. Ich schließe die Augen und seufze.

"Ein kleiner Kuss", wiederholt Adam und zieht mein Gesicht näher an seines heran.

"Ein kleiner Kuss", murmele ich. Mein Gesicht ist direkt vor seinem und ich schaue seine Augen, seine Nase und dann seine Lippen an. Es ist alles so makellos und perfekt. Und ja verdammt, ich will ihn küssen und es wird mir gefallen. Ich schließe die Augen und hole tief Luft. Ein ganz kleiner Kuss...

Etwas VerträumtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt