Kontrollverlust der übelsten Sorte

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Abwesend kraule ich Batdog, während meine Gedanken dabei sind sich die schrecklichsten Szenarien auszumalen. Ich sehe meinen Kumpel röchelnd vor mir liegen und schließlich seinen letzten Atemzug tun. Ich sehe, wie er sich unter Schmerzen windet, laut aufjault und sich mit schwindenden Kräften durch den kläglichen Rest seines Lebens quält. Ich sehe, wie der Tierarzt kommt und verkündet, dass er ihn nun einschläfern muss. Ich sehe Batdog leiden und kann nichts tun.

Verdammt! Warum kann ich nichts dagegen unternehmen? Von mir aus kann jedes erbärmliche Lebewesen auf diesem scheiß Planeten verrecken. Aber warum Batdog? Endlich habe ich einmal einen Partner gefunden, mit dem ich mir vorstellen könnte, ein paar Jahre ohne Probleme zu verbringen und schon passiert sowas. Scheiß Schicksal oder was auch immer. Ich glaube ja nicht daran, aber fuck! Wer auch immer das Drehbuch zu Batdogs verficktem Leben schreibt, ich will ihn killen. Jetzt sofort. Er soll genau so leiden müssen, wie Batdog selbst. Das ist nicht fair!

Ich springe auf und eile aufgebracht hin und her. In mir brodelt es gewaltig. Ich will irgendetwas kaputt schlagen. Mich mit irgendjemandem anlegen. Irgendjemanden quälen. Aber es ist niemand hier. Nur Batdog und ich. Wir Zwei allein in der allmählich hereinbrechenden Dunkelheit.

Ich balle meine Hände zu Fäusten und öffne sie wieder. Für was ist man ein Faceless, wenn man einem sterbenden Freund nicht beistehen kann? Vielleicht hätte ich bei dem ganzen Magiekram doch etwas genauer zuhören sollen. Aber dafür ist es nun bereits zu spät. Das hätte ich mir früher überlegen müssen. Womöglich wäre dann alles anders gekommen. Womöglich... Hätte, hätte Fahrradkette.

Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass ich ihn selbst dann nicht hätte retten können. Vielleicht wäre es mir gelungen, ihm die Schmerzen zu lindern, aber mehr auch nicht. Wir Faceless sind nicht erschaffen worden, um zu heilen. Wir sind nicht dafür gemacht, Gutes zu tun. Wir wurden geboren, um Dinge zu zerstören. Und normalerweise bin ich darüber ja auch mehr als froh. Heute jedoch sieht das ein wenig anders aus.

Ich donnere meine geballte Faust so fest ich kann gegen die raue Wand, wobei es mich wenig kümmert, dass ein stechender Schmerz durch diese hindurchfährt, meine Knöchel aufplatzen und kleine, warme Blutrinnsale meine Finger hinunter laufen. Immer wieder schlage ich meine Hand mit voller Kraft gegen die harte Mauer, was diese natürlich nicht im Geringsten stört, aber mich ebenso wenig.

Meine Wunden verheilen, um im nächsten Moment wieder neu aufzutauchen und anschließend wieder zu verschwinden. Ich spüre eine innere Anspannung, die einfach nicht verschwinden will, ganz egal was ich auch tue.

Wütend schreie ich meine Verzweiflung in die Welt hinaus. Eigentlich habe ich zuvor nie Probleme mit dem Leben gehabt und schon gar nicht mit dem Tod. Ich habe so viele, unzählige Wesen kommen und gehen sehen und noch mehr selbst umgebracht. Es hat mich nie gestört. Doch nun ist es etwas ganz Anderes. Ich weiß ja selbst nicht warum, aber Batdog... er ist irgendwie ein Sonderfall.

Voller Selbsthass schlage ich erneut zu, dieses Mal jedoch mit solcher Wucht, dass ich das Knacken meines Knochens hören kann, noch bevor er ganz bricht. Der Schmerz, der daraufhin folgt, ist beißend, aber zugleich auf eine seltsame Art und Weise auch befriedigend. Immer und immer wieder treffen meine Fäuste auf den harten Stein, ohne dabei auch nur eine Sekunde inne zu halten.

"Stopp! Thomas! Was machst du denn da?", kreischt da eine schrille Stimme von irgendwo hinter mir, aus der die pure Panik spricht. Trotzdem ignoriere ich sie geflissentlich. Denn ich weiß, wenn ich jetzt aufhöre mir selbst weh zu tun, werde ich nicht an mich halten können und diese Person dort hinten kalt machen. Ich kann sie nicht ab. Sie kotzt mich so an! Ich will sie nicht sehen. Und ich will auch nicht, dass sie mich so sieht. Sie soll mich einfach nur in Frieden lassen. Das hier ist alles ihre Schuld. Alles! Ohne sie hätte ich diesen Hund niemals kennengelernt. Ohne sie wäre ich niemals in solch eine Situation geraten. Das hätte so Vieles einfacher gemacht.

Faceless - Ewige Verdammnis Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt