Die nächsten Tage vergehen wie im Flug. Ich beschäftige mich ausgiebig mit Batdog, wie ich Jesse seit neustem mit einem gewissen Stolz in der Stimme nenne. Ich finde dieser Name passt so viel besser zu ihm, als dieses einfallslose Jesse. In meinen Augen ist er ein Held und noch dazu um einiges cooler, als Batman. Es steckt auf jeden Fall ein Funken Wahrheit in diesem Namen. Er sieht einer Fledermaus ziemlich ähnlich und kämpft gegen die verweichlichten, dreckigen Menschen. Mit Ausnahme des kleinen Rumpelstilzchens. Aber das lasse ich ihm gerade noch einmal durchgehen. Schließlich will ich diese auch rumbekommen. Da ist er mir, wie ich neidlos anerkennen muss, sogar einen kleinen Schritt voraus.
Ich musste in den letzten Tagen feststellen, dass Batdog im Grunde genommen eigentlich gar nicht einmal so übel ist. In gewisser Hinsicht scheint er mir sogar sehr ähnlich zu sein. Er ist ein Sturkopf sondergleichen, ein begnadeter Kämpfer und ein Einzelgänger noch dazu. Was mir dabei besonders gut gefällt, ist die Tatsache, dass er sich nicht wie die anderen Köter mit Fressen oder Streicheleinheiten bestechen lässt. Das rechne ich ihm wirklich sehr hoch an.
Mittlerweile darf ich ihm das Fressen sogar schon höchst persönlich in seinen Zwinger bringen, ohne dass er mich gleich anfällt. Berühren lässt er sich dabei jedoch noch immer nicht von mir. Sobald ich ihm zu nahe komme, schnappt er wild in die Luft, was mir einmal sogar ein Stück meiner Lederjacke gekostet hat. Aber was soll's. Ich habe noch weitere fünf Exemplare davon in meinem Schrank hängen. Da spielt so ein kleiner Verlust keine Rolle. Das ist bloß ein läppischer Kollateralschaden.
Das kleine Rumpelstilzchen habe ich seit unserer kleinen Wette nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie ist letzten Freitag nicht zur Arbeit erschienen, was meine gute Laune, dank der Fortschritte mit Batdog, für kurze Zeit wieder etwas getrübt hat. Laut den Mitarbeitern hat sie sich eine Grippe eingefangen und liegt mit Fieber daheim im Bett. Ich glaube ja eher, dass sie mich schlicht und ergreifend nicht sehen will und deshalb einfach krank macht, aber was soll's. Ich lasse mich von so einer hässlichen Bitch nicht unterkriegen.
Nun weiß ich jedoch mit Sicherheit, dass das Dankeschön vom letzten Mittwoch überhaupt nichts zu bedeuten hatte. Amely verabscheut mich nach wie vor abgrundtief, was sie mich jedes Mal nur zu deutlich spüren lässt. Nicht, dass mich das groß stören würde, aber ich frage mich einfach, warum das so ist. Schließlich habe ich ihr im Grunde genommen eigentlich nichts getan und sogar versucht einigermaßen nett zu ihr zu sein. Und das mit ihrer Schwester kann sie mir ja wohl mittlerweile auch nicht mehr übel nehmen. Na ja. Zumindest die schreibt noch regelmäßig mit mir und ist mir, wie alle anderen, komplett verfallen. In dieser Hinsicht ist also alles beim Alten geblieben.
Letzten Sonntag habe ich mich sogar mit Hannah auf einen Kaffee getroffen, was wider erwarten ganz witzig und auch informativ gewesen war. Normalerweise date ich ja keine Personen, bei denen es am Ende des Tages nicht auf ein bisschen Spaß hinausläuft, aber das hier ist schließlich ein Mittel zum Zweck. So habe ich nämlich auch erfahren, dass das kleine Rumpelstilzchen auf Rockmusik steht und ihr Hobby das Schreiben von Krimis ist. Vielleicht lässt sich damit ja noch etwas anfangen.
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Mittlerweile ist es fast eine ganze Woche her, dass ich Batdog kennengelernt habe. Und wie schwer es mir auch fällt es mir einzugestehen, ich muss zugeben, dass er mich nicht ganz kalt lässt. Dieser Köter hat etwas an sich, das mich so sehr an mich selbst erinnert, dass ich ihn einfach mögen MUSS!
"Du lässt auch immer mehr nach, Tommy. Warte es nur ab! Bald hilfst du Entenbabys über die Straße und verarztest angefahrene Katzen", verhöhnt mich eine leise Stimme in meinem Kopf, die verdächtigt nach dem kleinen Rumpelstilzchen klingt. Mich juckt das jedoch kein bisschen. Dass ich Batdog respektiere, heißt noch lange nicht, dass ich plötzlich ein Weichei geworden bin. Es ist schlicht und ergreifend so, dass dieser Köter kein normaler Köter ist. Er hat einen eigenen Willen und lässt sich von niemandem etwas sagen. Außerdem haben alle anderen Pfleger panische Angst vor ihm, was ich natürlich nur zu amüsant finde. Dieser Hund ist genau mein Fall. Und um ehrlich zu sein, spiele ich tatsächlich mit dem Gedanken Batdog zu kaufen. Es hätte schon einen gewissen Reiz einen eigenen Wachhund zu besitzen. Batdog wäre dafür sicherlich perfekt geeignet und außerdem würde das kleine Rumpelstilzchen so auch vielleicht ab und an bei mir vorbei schauen, um ihren Liebling besuchen zu können. Es hätte also nur Vorteile. Für uns alle. Ich werde auf jeden Fall weiter darüber nachdenken. Ganz so abwegig finde ich diese Idee nämlich allmählich gar nicht mehr.
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Schon wieder ist es Mittwoch geworden. Manchmal wundert es mich selbst heute noch, wie schnell die Zeit vergehen kann, wenn man beschäftigt ist. Das ist geradezu erschreckend, selbst wenn man weiß, dass es nie ein Ende geben wird. Die Angst vor dem Tod ist mir schließlich fremd.
Etwas gelangweilt sitze ich in einer Ecke des Zwingers, von wo aus ich Batdog gut beobachten kann und spiele währenddessen abwesend an meinem Handy herum. Es gibt nichts Neues und auch meine Ablenkung namens Hannah hat heute keine Zeit, da sie in der Schule festsitzt. Ich verachte dieses Mädchen ja für ihre Naivität und Oberflächlichkeit, aber sie kann auch ganz unterhaltsam sein. Als kleine Zerstreuung für zwischendurch ist sie durchaus annehmbar.
Dieser Wichser von Pfleger, der es damals gewagt hat sich über mein Vorhaben Batdog zu adoptieren lustig zu machen, beäugt mich seit geraumer Zeit immer wieder etwas neidisch, was mich mit Genugtuung erfüllt. Er arbeitet sicherlich schon Ewigkeiten hier in diesem hässlichen Loch namens Hundehimmel und hat es bis jetzt noch nicht einmal geschafft in Batdogs Käfig zu gehen, wenn dieser belegt ist. Das muss man sich erst einmal vorstellen. Ist sicherlich ein erniedrigendes Gefühl. Diese Tatsache bestätigt mir nur einmal wieder, dass ich es einfach drauf habe. Ich bin eben der Beste. Und deshalb werde ich die Wette mit dem kleinen Rumpelstilzchen auch garantiert gewinnen.
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Faceless - Ewige Verdammnis
FantasíaEin Verlangen, das dein Leben beherrscht. Ein Treffen, das dein Leben verändert. Ein Ende, das ein Anfang ist. ~ ~ ~ Thomas ist ein Dämon. Oder zumindest nennt er sich selbst so. Eigentlich gibt es keine genaue Bezeichnung für das, was er ist. Ande...