Kapitel 7 - Nähe

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Ich ließ mich entspannt in den bequemen Kinosessel fallen und schlüpfte aus meiner Jacke.
"Wer von euch hat denn mehr Angst bei Horrorfilmen?", fragte Yannick grinsend und sah zu mir und Lisa rüber. Meine beste Freundin und ich saßen in der Mitte, Julian auf meiner und Yannick auf Lisas Seite.
"Das kommt ganz auf den Film an", meinte Lisa und grinste mich an. Oh ja, bei uns wechselte das ständig. Genau dasselbe war es bei traurigen Filmen. Mal heulte sie mehr, mal ich und mal wir beide zusammen.
"Aber wir haben ja zwei Beschützer dabei", zwinkerte sie dann. Ich verdrehte dabei nur die Augen, was Julian scheinbar zum Lachen brachte.
"Ach Yannick, lass mal das Popcorn rüber wachsen!", meinte er dann und Lisa reichte es mir. Doch bevor Julian es bekam, hielt ich es fest und lächelte ihn zuckersüß an.
"Wie heißt das Zauberwort?", grinste ich frech.
"Blabla", seufzte er und verdrehte dabei die Augen, ehe er nach dem süßen Snack griff und begann, ihn zu essen.
"Pff, also echt", murmelte ich gespielt eingeschnappt und drehte mich zurück zur Leinwand.
"Jetzt tu nicht so", lachte Julian und bewarf mich doch tatsächlich mit Popcorn.
"Hey! Was fällt dir ein", meckerte ich lachend und bewarf ihn zurück. Julian duckte sich schnell weg, sodass ein wenig Popcorn eine Frau, die neben Julian saß, traf.
"Geht's noch?! Kleinkinder!", blaffte sie uns an und sah mich dabei mit dem Blick des Todes an.
"Tschuldigung", murmelten Julian und ich synchron, ehe wir beide leise kichernd weiter Popcorn aßen. Eigentlich wäre mir so etwas total peinlich gewesen, aber mit Julian war es irgendwie total egal. Ich fühlte mich wohl und daran konnte auch niemand etwas ändern.

"Es geht los", grinste Lisa erfreut, als es im Saal langsam dunkel wurde. Dabei begann erst die Werbung.
Die Zeit verging mit den anderen aber sehr schnell. Die Frau neben Julian hasste uns zwar von Minute zu Minute mehr, aber das brachte uns nur noch mehr zum Lachen.

"Wolltest du jetzt noch ein Eis?", fragte Julian, als die Eisverkäufer in den Saal kamen.
"Nein, ich glaub nicht." Ich schüttelte den Kopf und griff nach meiner 7up.
"Na gut, dann spendiere ich dir halt keins", meinte er gleichgültig und zuckte die Schultern, ehe er zu mir rüber sah und doch lachen musste.
"Du hast doch schon den Eintritt bezahlt!"
"Das ist ja wohl selbstverständlich, wenn ich dich einlade!"
"Danke", lächelte ich nur.

Wenig später wurde es wieder dunkel im Saal und der Film ging endlich los. Der Anfang war überhaupt nicht schlimm und ich sah ganz entspannt nach vorne.
Doch dann war da irgendetwas in der Wohnung der Protagonistin und ab dann wurde es unheimlich.
"Krieg bloß keine Albträume, wenn du nachher alleine zuhause bis", raunte Lisa mir grinsend ins Ohr. Sie hatte gut Reden, sie wohnte ja auch nicht allein, sondern in einer WG, in der immer was los war.
"Halt die Klappe", murmelte ich nur und verdrehte die Augen. Eigentlich war ich gar nicht so ängstlich, aber der Gedanke, nach diesem Film alleine zuhause zu sein, war dann doch nicht so der Hammer.
Eine Weile sah ich wieder auf die Leinwand, bis ich Gänsehaut bekam und schnell nach dem Popcorn griff, das inzwischen zwischen Lisa und mir stand.
Das Popcorn war nur wenig später auch Schuld daran, dass ich total zusammenzuckte, als Julian über mich rüber in die Tüte griff, gerade in dem Moment, als im Film jemand aufschrie.
"Tschuldigung", murmelte er sofort und sah mich etwas besorgt an. Ich lehnte den Kopf zur Seite und beobachtete ihn eine Weile, während er wieder auf den Film achtete. Vielleicht gingen dadurch ja die Bedenken weg, dass es später auch in meiner Wohnung spukten würde.
Irgendwann bemerkte Julian, dass ich ihn beobachtete und sah zu mir rüber.
"Alles gut bei dir?", fragte er leise und sah mir in die Augen.
Ich zuckte daraufhin die Schultern und sah wieder nach vorne. Es behagte mir gar nicht, vor ihm Schwäche zu zeigen, obwohl ich ganz genau wusste, dass es okay war.

Als er dann nach meiner Hand griff und unsere Finger ineinander verschränkte, wich alle Panik von mir und ich entspannte mich wieder. Es war, als würde er seine Stärke dadurch mit mir teilen. Es war ein schönes Gefühl seine Hand in meiner zu halten und ich genoss das leichte Kribbeln, das seine Berührung auslöste.

Am Ende war ich fast schon traurig, als der Film zu Ende war und er meine Hand los ließ.

Ich lief Lisa und Yannick hinterher, bis wir in der großen Halle des Kinos standen.
"Ich geh noch schnell auf die Toilette", erklärte Lisa, gab mir ihre Tasche und lief los. Ich hatte gar keine Chance, darauf zu reagieren.
"Ähm, ja... ich auch", grinste Yannick uns an und schlenderte entspannt in die völlig falsche Richtung davon. Als ob.
"Danke, für die Einladung", lächelte ich Julian an.
"Immer wieder gerne! Ich hoffe nur, du bekommst jetzt keine Albträume wegen mir", grinste er lieb. Wegen ihm sowieso nicht!
"Nein, ich glaub nicht. Ich bin vielleicht Zuhause etwas paranoid, aber egal", lachte ich.
"Wie kommt ihr denn jetzt nach Hause?"
"Ich denke mal mit dem Bus, es müsste eigentlich noch einer fahren."
"Ich kann dich sonst auch fahren."
"Musst du nicht, danke. Lisa ist ja auch noch da." Wie lieb er zu mir war. Ich musste sofort lächeln. Er erwiderte das Lächeln und dann trat ein etwas unangenehmes Schweigen ein, bei dem niemand so recht wusste, was er sagen sollte. Wir sahen uns einfach nur schweigend an.
"Ja, also...", murmelte er schließlich und sah schnell weg, ehe er wieder verstummte. Als er aber sofort wieder zu mir sah, mussten wir beide leicht lachen. Und ich verlor mich wieder in diesen braunen Augen.

"So, bin wieder da", riss Lisa uns aus unserem Schweigen. Ich hatte sie gar nicht kommen hören.
"Dann können wir ja los", meinte Yannick, der plötzlich auch wieder neben Julian stand. Oder stand er da etwa schon länger? Oh Gott... was machte er nur mit mir?
"Wir begleiten euch noch zum Bus", beschloss Julian und sogleich machten wir uns auf den Weg.

Es war eisig kalt draußen und sofort bereute ich das Kleid wieder. Mit eingezogenen Schultern lief ich neben meiner besten Freundin her, die mich die ganze Zeit verschmitzt angrinste. Na, da würde ich mir noch was anhören müssen!

"Ihr müsst nicht warten, ehrlich nicht", murmelte ich an Julian gewandt. Er trat allerdings nur noch ein bisschen dichter neben mich und beobachtete die düsteren Gestalten, die an uns vorbei liefen. Wenn ich so darüber nachdachte, war es doch ganz gut, dass er noch hier war!

Langsam begann ich, richtig zu zittern. Wenn ich jetzt eine Erkältung bekam, würde ich Lisa umbringen! Meine Hände waren Eiszapfen.
"Hast du warme Hände?", murmelte ich schließlich und sah zu Julian hoch.
"Ja, komm her." Er nahm meine linke Hand in seine Hände und sofort umschloss mich seine Wärme. Es fühlte sich so verdammt gut an, dass ich meine zweite Hand gleich dazu legte und mich schließlich gegen ihn lehnte. Wieso auch nicht?! Ich mochte Julian... sehr. Und er schien nichts dagegen zu haben. Ganz im Gegenteil. Kam hatte ich mich an ihn gelehnt, legte er einen Arm um mich, während er mit der anderen Hand noch immer meine Hände wärmte. Der Moment hätte ewig anhalten können.
Aber das tat er natürlich nicht, denn schon zwei Minuten später hielt der Bus quietschend vor uns.
"Bis bald", murmelte Julian und ließ mich schließlich los.
"Gute Nacht", lächelte ich. Dann winkte ich Yannick kurz zum Abschied zu und stieg mit Lisa zusammen in den Bus.

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt