"Bist du etwa gerade erst aufgestanden, Julian?", lachte meine Mom mich über meinen Tabletbildschirm an. Ich aß gerade mein Frühstück und skypte währenddessen mit ihr. Vermutlich sah ich wirklich noch ziemlich verschlafen aus.
"Ich hab erst in drei Stunden Training und außerdem war ich gestern Abend unterwegs", rechtfertigte ich mich lachend.
"Warst du feiern?"
"Nein, ich war im Kino mit Yannick, Emily und einer ihrer Freundinnen", erzählte ich und vertiefte mich wieder in mein Müsli. Sollte ich ihr von Emily erzählen? Sie würde eh danach fragen...
"Wer ist Emily?", wollte Mom wissen. War ja klar...
"Ein Mädchen, das ich hier vor etwa zwei Wochen kennen gelernt habe."
"Ach so, also einfach eine Freundin?"
"Ähm... ja" Aber ich zögerte scheinbar zu lange.
"Erzähl mir, was du auf dem Herzen hast, Julian!"
"Ach, Mom... Ich wünschte, ich hätte sie früher getroffen. Sie ist wirklich toll, aber ich kann ihr das nicht sagen. Ich bin in weniger als zwei Wochen weg aus Wolfsburg!", seufzte ich.
"Ach, Junge... Weiß sie das denn?"
"Nein, ich kann es ihr einfach nicht sagen. Ich weiß, dass ich ihr damit weh tun würde und ich weiß auch, dass es nicht besser wird, wenn ich noch länger warte, aber... Ach, ich weiß auch nicht." Ich raufte mir die Haare und sah bettelnd zu meiner Mom, in der Hoffnung, dass sie einen echt guten Plan hatte.
"Sag es ihr, Julian! Du machst es nicht besser, wenn du es verschweigst. Besser jetzt, als zu einem Zeitpunkt, bei dem ihr beide schon zu tief drin steckt. Damit tust du euch beiden nur unnötig weh."
"Es wird so oder so wehtun..."
"Es tut mir so Leid, Julian!" Ich sah meine Mom eine Weile schweigend an und schob dann mein Müsli beiseite. Ich hatte keinen Hunger mehr.
"Ich werd's ihr sagen!"
"Mach das."
"Okay, dann bis bald, Mom."Kaum hatte ich aufgelegt, rief ich bei Emily an und bat sie um ein Treffen. Aber sie erzählte mir, dass ein paar alte Freunde spontan vorbei gekommen waren und die nächsten zwei Tage bleiben würden. Deshalb verabredeten wir uns für den Nachmittag in drei Tagen.
Bis dahin dachte ich die ganze Zeit darüber nach, wie ich es ihr am besten beibringen könnte. Aber ich kam zu keinem Ergebnis. Das führte dann dazu, dass ich den ganzen Donnerstagvormittag auf Hochspannung stand.
"Was ist los mit dir, Jule?", fragte Yannick beim Training besorgt.
"Ich bin nachher mit Emily verabredet. Ich hab mir vorgenommen, ihr die Wahrheit zu sagen. Also die Sache mit Paris...", seufzte ich. Auch Mario bekam davon Wind.
"Worum geht's?", fragte er vorsichtig.
"Wie sagt man einem Mädchen, das man verdammt gern hat, dass man in ein paar Tagen in Paris lebt?", antwortete ich mit einer Gegenfrage. Mario antwortete nicht, sondern sah mich stattdessen mitleidig an. Davon konnte ich mir nur auch nichts kaufen...
"Ach, so ein Mist!", fluchte ich resigniert und lief schließlich zur Kabine. Es war Trainingsschluss, endlich! Ich sprach mit niemandem mehr, beeilte mich einfach nur, hier weg zu kommen. Andererseits wollte ich nicht weg, weil dann der Moment der Wahrheit immer näher kommen würde.Eine Stunde später parkte ich in einem Parkhaus und lief von dort aus zu dem Weihnachtsmarkt, den Emily sich gerne anschauen wollte. Meine Stimmung passte da nur gerade so gar nicht hin.
"Hey!" Ich hatte Emily gar nicht kommen sehen und war etwas erschrocken, als sie mir um den Hals fiel. Aber sobald ich ihr breites Lächeln sah und ihre Umarmung erwiderte, waren alle schlechten Gedanken verschwunden.
"Hi", grinste ich.
"Komm, ich hab Hunger!", lachte sie, nahm meine Hand und zog mich hinter sich her mitten hinein in das Getümmel von Menschen zwischen all den kleinen, bunten Ständen.
"Nutella oder Kirschen?", fragte sie mehr sich selbst als mich, als wir vor einem Crepes-Stand anhielten.
"Du liebst Schokolade", lachte ich leise und sah zu hier runter. Ich könnte sie ewig einfach nur ansehen. Ihre großen braunen Augen strahlten und ihrer Haare wehten leicht im Wind. Ich hielt noch immer ihre Hand fest und es fühlte sich so verdammt richtig an.
"Julian?" Ich blinzelte einmal und sah sie fragend an.
"Was?"
"Ich hab dich was gefragt", lachte sie.
"Sorry, ich war in Gedanken. Was hast du denn gefragt?", lächelte ich schuldig.
"Willst du auch einen?" Sie zeigte nach vorne zu den Crêpes.
"Äh, ja, warum nicht." Und dann war ihre Hand weg und ich stand da und beobachtete, wie sie zwei Crêpes bestellte und darauf wartete. Wie gerne ich doch sagen würde, dass sie mein Mädchen war. Verdammt, wie hatte ich mich in nur so kurzer Zeit verlieben können?Während sie da stand und wartete, stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn ich nicht gehen würde. Wenn es so wäre, würde ich sie nie wieder gehen lassen, da war ich mir ganz sicher!
"Hier, bitteschön", lächelte sie und hielt mir einen Crêpe entgegen. Jetzt hatte ich zugelassen, dass sie den für mich bezahlte... Naja, dann würde ich ihr heute halt alles andere kaufen, was sie haben wollte.
"Danke dir." Wir stellten uns an einen kleinen Stehtisch und aßen schweigend unser Essen. Ich würde mich nur zu gerne wieder in ein Gespräch mit ihr stürzen, aber da war immer dieser Gedanke, dass ich ihr heute sagen wollte, was Sache war.
"Wie viel Glühwein muss ich dir geben, damit du etwas lockerer wirst?", fragte sie mich irgendwann und sah grinsend zu mir rüber.
"Ich trinke keinen Glühwein mit dir, das kannst du vergessen", lachte ich kopfschüttelnd.
"Aber du bist so schweigsam heute!" Da hatte sie Recht, aber was sollte ich schon großartig dazu sagen. Sie wusste ja nicht, was ich wusste. Noch nicht...
"Worüber zerbrichst du dir denn den Kopf?", wollte sie wissen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, um es ihr zu sagen...... Aber ich konnte das nicht.
"Nichts, es ist nichts."
"Das glaub ich dir nicht, Julian!" Sie kam zu mir und hakte sich bei mir unter und wir schlenderten durch die Menschenmasse.
"Im Moment ist nur ziemlich viel los. Ich hab einfach eine Menge im Kopf", versuchte ich kläglich, mich aus der Sache raus zu reden.
"Worüber denkst du denn nach?" Ich seufzte innerlich und blieb stehen. Ich griff nach ihrer Hand und atmete einmal tief durch. Sie musste es wissen!
"Emily, ich hab echt nicht damit gerechnet, dass ich dir über den Weg laufen würde. Und ich hab auch nicht gedacht, dass das alles so schnell geht und..." Ich verstummte und sah in ihre wunderschönen Augen. Auf ihren Lippen entstand ein kleines Lächeln. Wenn sie doch nur wüsste, dass ich dieses Lächeln gleich mit nur einem einzigen Satz zerstören würde!
"Ich..."
"Nein, sag jetzt nichts!", unterbrach sie mich. Ich sah sie einfach nur an und versuchte zu verstehen, was sie gerade dachte.Dann legte sie eine Hand an meine Wange und lächelte mich an. Oh nein, das ging hier gerade in die völlig falsche Richtung! Ich musste das sofort beenden oder ich würde uns beiden so viel mehr wehtun.
"Emily...", murmelte ich, wollte sie eigentlich ein Stück von mir weg schieben, aber mein Herz gewann für kurze Zeit die Oberhand.
Ich zog sie zu mir und küsste sie. Ich verlor mich und mein eigentliches Vorhaben komplett und genoss diesen Moment. Das erste Mal fühlte ich mich hier in Wolfsburg wirklich Zuhause, während ich dieses Mädchen in den Armen hielt, das mein Leben einfach so mir nichts, dir nichts auf den Kopf gestellt hatte.Als ich den Kuss schließlich beendete, lächelte sie mich strahlend an. Aber ihr Lächeln starb, als sie meinen gequälten Blick und die Tränen in meinen Augenwinkeln entdeckte.
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Paris (Julian Draxler FF)
Fanfiction~Erinnerungen sind das, was uns am meisten ausmacht~ Julian Draxler steht kurz vor seinem Wechsel nach Paris Saint Germain. Doch da begegnet er einem Wolfsburger Mädchen. Emily. Bei ihr passt irgendwie alles, wäre da nur nicht die Sache mit dem Wech...