Kapitel 15 - Der Unfall

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Heute war es endlich so weit! Heute würde ich Julian wieder sehen. Mein Flieger ging erst am Mittag, aber dennoch stand ich schon halb in der Nacht auf, weil ich einfach viel zu aufgeregt war, um zu schlafen. 
Bis um acht Uhr morgens tigerte ich durch meine Wohnung. Zu dem Zeitpunkt war ich schon beinahe vier Stunden wach. 
Ich versuchte, mich mit Fernsehen abzulenken, aber das machte mich nur noch nervöser. Also checkte ich noch einmal meinen Koffer und überlegte fieberhaft, ob ich noch irgendwas Wichtiges vergessen hatte. Aber mir fiel nichts ein. Also stellte ich mich unter die Dusche, in der Hoffnung, durch das warme Wasser ein bisschen zu entspannen, aber es brachte gar nichts. 
Während ich meine Haare föhnte, bekam ich eine Nachricht und las sie sogleich. 

"Kannst du auch nicht mehr schlafen?", hatte Julian mir geschrieben. 
"Nein, es ist grauenvoll. Ich renne seit Stunden durch die Gegend und die blöde Zeit vergeht einfach nicht!"
"Geht mir auch so :/"
"Ich freu mich sooo <3"
"Ich kann's auch gar nicht erwarten! <3"
"Warte, ich ruf dich mal an."

Ich telefonierte fast eine Stunde lang mit Julian, wobei ich mich alle fünf Minuten darüber beschwerte, dass die Zeit so langsam verging. 
"Dann fahr doch einfach schon zum Flughafen, vielleicht kommst du ja ein bisschen runter, wenn du weißt, dass du nicht mehr da hin musst", schlug Julian vor. 
"Aber meine Mom wollte doch noch kurz vorbeikommen und Tschüss sagen", seufzte ich. 
"Ach stimmt, ich wollte dich ja auch hier behalten. Dann sollte sie sich wirklich verabschieden", grinste Julian. 
"Hattest du das etwa vergessen?", rief ich gespielt empört, musste aber gleich darauf mit ihm zusammen lachen. 
"Nein, es ist doch schon alles vorbereitet. Und ich habe mir auch ein schickes Restaurant ausgesucht, wo wir heute Abend hingehen. Der Tisch ist schon reserviert."
"Du machst es grad echt nicht besser, Julian. Jetzt werde ich bestimmt noch hibbeliger!", meinte ich anklagend, aber er lachte nur entspannt. 
Fünf Minuten später ging die Türklingel. 
"Meine Mom ist da. Ich rufe vielleicht vom Flughafen aus noch mal an."
"Ja, okay. Ich werde auf dich warten", versprach er feierlich. 
"Also bis bald", lächelte. 
"Bis bald. Ich liebe dich."

Dann öffnete ich meiner Mom die Tür und sie fiel mir um den Hals. Gleich darauf drückte sie mir eine Tüte vom Bäcker in die Hand. 
"So wie ich dich kenne, hast du noch nichts gegessen", lachte sie. Und erst da bemerkte ich, dass ich ziemlichen Hunger hatte. 
"Danke, Mom", sagte ich begeistert und biss gleich darauf in das Schokocroissant aus der Tüte. 
"Bist du schon aufgeregt?", fragte sie liebevoll.
"Und wie. Es ist schrecklich, ich könnte platzen vor Aufregung", jammerte ich. 
Wir setzten uns in die Küche. Es tat wirklich gut, meine Mom bei mir zu haben. Es entspannte mich ein wenig, mit ihr zu reden. Und gleichzeitig machte sie mir Mut. Sie war von Anfang an überzeugt von Julian und mir gewesen, obwohl sie ihn ja gar nicht kannte. Aber sie meinte, sie würde mir anmerken, dass er mir gut tat. 
"Wie spät ist das eigentlich?", fragte Mom irgendwann. Ich sah zur Uhr und erschrak. 
"Scheiße, ich bin viel zu spät dran!", rief ich und sprang auf. Hektisch sammelte ich all meine Sachen zusammen, zog Jacke und Schuhe an und verließ dann mit meiner Mom meine Wohnung. 
Sie fuhr mich zur Bushaltestelle, aber da musste ich feststellen, dass mein Bus schon weg war. 
"Und jetzt?", fragte Mom und sah mich mit großen Augen an. 
"Ich laufe zur Haltestelle in der Innenstadt. Danke, Mom, fürs Fahren. Hab dich lieb." Ich drückte sie noch einmal und lief dann mit meinem Koffer los.

Auf halbem Weg klingelte mein Handy. Ich kramte es umständlich hervor und nahm den Anruf meiner besten Freundin entgegen.

"Hey, Lisa", reif ich abgehetzt in mein Telefon. 
"Läufst du gerade einen Marathon?", lachte sie in mein Ohr. 
"Ich hab meinen Bus verpasst und jetzt bin ich unterwegs zur nächsten Haltestelle. Mom kann mich ja nicht bis ganz zum Flughafen bringen, weil sie zur Arbeit muss."
"Oh man, das kann auch echt nur dir passieren. Ich wollte ja eigentlich ganz entspannt eine Weile mit dir plaudern, damit du vor lauter Aufregung nicht umkommst. Aber ich fürchte, dir ist grad nicht nach Plaudern?"
"Sorry, ich ruf an, wenn ich im Bus bin, okay?"
"Jap, okay. Bis dann. Lauf du mal", grinste sie. 
"Klappe", japste ich und legte dann auf. Laufen ging ohne Handy dann doch deutlich besser. 

Total fertig kam ich gerade noch rechtzeitig am Bus an. Ich ließ meinen Koffer von dem Busfahrer verstauen und stieg dann ein. Ich setzte mich ganz nach hinten und brauchte erst einmal ein paar Sekunden, um wieder richtig zu Atem zu kommen. Dann holte ich mein Handy hervor und rief meine beste Freundin zurück. 
"Hast du's geschafft?", fragte sie sogleich. 
"Gerade rechtzeitig. Ich fahr jetzt los. Hoffentlich ist nicht so viel los auf den Straßen", sprach ich leise, um niemanden der anderen Fahrgäste all zu sehr zu stören. 
"Du kommst schon gut pünktlich. Und wenn du wieder zurück bist, kaufst du dir endlich ein Auto. Wofür hast du denn einen Führerschein?!"
"Aber ich komme gut zurecht mit den Bussen."
"Wie auch immer... Was ist denn so der Plan für heute? Macht ihr zwei noch was Spannendes, wenn du da bist?", wechselte sie schnell das Thema. 
"Ich fürchte, ich werde einfach den ganzen restlichen Tag wie eine Klette an ihm hängen", schmunzelte ich. 
"So gehört sich das ja auch", lachte Lisa. "Inzwischen hab ihr mich tatsächlich davon überzeugt, dass das was werden kann."
"Das ist gut", lächelte ich. "Er hat sogar einen Tisch im Restaurant reserviert."
"Wie süß", schwärmte Lisa und ich lächelte breit. Ich hatte einfach den besten Freund der Welt. 

Es geschah etwa zehn Minuten später. Ich telefonierte immer noch mit Lisa, als ein heftiges Ruckeln dafür sorgte, dass mir beinahe mein Handy aus der Hand flog. 
Ich hörte Aufschreie im Bus und schaute erschrocken auf. Alle waren in heller Aufregung, schrien, warfen sich auf den Boden. Ich verstand überhaupt nicht, was los war. 
Wie in Zeitlupe sah ich nach rechts aus dem Fenster, neben dem ich saß. Ein riesiger LKW kam mit kreischenden Reifen auf mich zu. Die vordere Ecke des Busses hatte er bereits mit einem lauten Krachen erreicht und jetzt schlitterte er mit dem hinteren Teil immer näher auf mich zu. 
Reflexartig schrie ich auf und wich ein Stück zurück. Dann wurde der Bus auf der kompletten Längsseite getroffen. Ein ohrenbetäubendes Krachen brachte meine Ohren beinahe zum Explodieren, mein Kopf krachte gegen die Glasscheibe. Ich spürte, wie ich kippte und wusste, dass sich der Bus überschlagen würde. Der Schmerz in meinem Kopf und das plötzliche Drehgefühl führten zu plötzlicher Übelkeit. Ganz langsam wurde mir schwarz vor Augen. Es wackelte noch ein weiteres Mal heftig. Die Schreie vermischten sich mit dem Klang von splitterndem Glas. Ein plötzlicher Schmerz in meinem linken Arm ließ mich noch einmal für kurze Zeit aus der Schwärze auftauchen. Ich schrie wie alle anderen um mich herum. Der Schmerz war unerträglich. Ich hielt mir den Arm, der inzwischen ganz nass war, vermutlich durch mein eigenes Blut. 
Dann wurde ich von einem plötzlichen Schlag gegen den Kopf erlöst und ließ mich in die endlose Schwärze in meinem Kopf fallen. 

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Aaaaah, bringt mich jetzt bitte nicht um🙈
Was wäre so eine Geschichte denn ohne ein bisschen Drama😅

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt