Kapitel 40 - Einbruch

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"Macht es euch gemütlich, ich holen eben Getränke und alles andere aus dem Keller", meinte Kevin. Also setzten wir uns aufs Sofa. Julian schnappte sich die Ecke und ich saß im Schneidersitz daneben.
"Worüber wolltest du reden?", fragte ich und nahm seine Hand.
"Ähm, nicht jetzt... Kevin kommt bestimmt gleich wieder", stockte er und musterte mich dann.
"Na gut", seufzte ich und sah aus dem Fenster.
"Also ich... ich hab mich gefragt, was das mit uns beiden jetzt ist. Ich weiß, was ich fühle und du weißt das auch, aber ich kann nach allem, was passiert ist, nicht so ganz einschätzen, was du denkst und fühlst", erklärte er dann doch.
"Julian, ich..."
"Wollt ihr Cola oder lieber was anderes?", rief Kevin da und sah uns ganz komisch an, als wir zu ihm sahen. Vermutlich sahen wir ihn etwas böse an. Oder auch etwas mehr.
"Tschuldigung", murmelte er dann und versuchte vergeblich, ein Grinsen zu unterdrücken. Er stellte die Cola einfach auf den Tisch und ging wieder.
Ich sah seufzend zu Julian, der ein wenig schmunzelte.
"Also lieber doch später", lächelte er und setzte sich gerade auf. Als er meinem Gesicht näher kam, glaubte ich kurz, er würde mich küssen, aber stattdessen küsste er meine Wange und stand dann auf, um zu Kevin in die Küche zu gehen und ihm zu helfen.

"Und was muss ich jetzt machen?" Ich sah verzweifelt abwechselnd auf den Controller in meiner Hand und den großen Fernsehbildschirm vor mir. 
Kevin raufte sich kopfschüttelnd die Haare. Vermutlich gab er genau in dem Moment die Hoffnung auf, dass ich das jemals schaffen würde. Julian schien da noch ein kleines bisschen geduldiger, aber auch er akzeptierte so langsam, dass das mit mir heute nichts mehr wurde. 
"Wisst ihr was? Ihr zwei machte das jetzt lieber alleine und ich gucke zu!", beschloss ich deshalb und drückte Julian den Controller in die Hand. 
Dann verschwand ich kurz auf die Toilette und als ich wieder kam, waren beide so sehr in ihr Spiel vertieft, dass sie mich gar nicht mehr richtig wahrnahmen. Das fand ich aber gar nicht schlimm. Ich kuschelte mich in eine Decke und beobachtete beide oder schaute auf mein Handy. 

Gegen 23:00 Uhr klingelte mein Handy. 
"Susan?", meldete ich mich. 
"Emmi, du musst unbedingt sofort herkommen!", meinte sie etwas panisch. 
"Was ist passiert?" Sofort stieg auch in mir Panik auf. Mist!
"Bei uns wurde eingebrochen...", jammerte sie. 
"WAS?!"
"Die Polizei ist schon hier. Kannst du bitte auch kommen?"
"Bin schon unterwegs!" Noch während ich auflegte sprang ich vom Sofa und rannte in den Flur. Julian und Kevin kamen beide sogleich hinterher. Total stürmisch zog ich mir meine Schuhe an und riss dann beinahe alles von der Garderobe, als ich nach meiner Jacke griff. 
"Emily!" Julian hielt mich in meiner Panik auf, indem er mich an meinen Oberarmen festhielt und leicht schüttelte. "Was ist los?" Ich sah kurz in seine braunen Augen und hielt mich dann an seinem Pulli fest.
"Bei meiner Schwester wurde eingebrochen... Ich soll sofort zu ihr", erklärte ich dann so ruhig wie möglich. 
"Okay, ähm, ich fahre dich. Kriege ich den Wagen, Kevin?" Julian sah zu seinem Kollegen rüber, der sogleich nach dem Autoschlüssel griff. 
"Sagt mir Bescheid, wenn ihr mehr wisst. Und bring euch nicht um!", meinte er und gab Julian den Schlüssel. Inzwischen war auch Julian angezogen und öffnete die Tür. 

Julian raste durch die Stadt in Richtung Clamart. Die ganze Fahrt über in Kevins Automatikwagen hielt er meine Hand fest und strich mit dem Daumen beruhigend über meinen Handrücken. 
"Warum brechen die bei uns ein?" Wir hatten doch nichts Besonderes. Susan und Thilo kamen gut mit ihrem Geld aus, aber sie verdienten nicht übertrieben viel. Und auch sonst gab es in dem Haus nichts sonderlich Wertvolles. 
"Ich weiß es nicht, Süße. Aber es ist alles gut, okay? Ich bleibe bei dir", meinte Julian mit ruhiger Stimme. Ich nickte nur und starrte weiter starr aus dem Fenster. 

Schon bald rollte der Wagen auf die Auffahrt. Nicht nur meine Schwester und mein Schwager standen draußen, sondern auch ein paar Polizisten. Ich stieg hastig aus, wartete dann aber, bis Julian bei mir war. Ich brauchte jetzt die Sicherheit, die er mir gab. 
"Susan, geht es dir gut?", fragte ich meine Schwester und sie nahm mich lange in den Arm. 
"Bei uns ist alles gut. Wir haben es entdeckt, als wir nach Hause gekommen sind. Der Einbrecher ist weg, aber du solltest nachsehen, ob noch all deine Sachen da sind." Ich bewunderte die Ruhe meiner Schwester in diesem Moment. Ich nickte nur stumm und zog Julian mit mir ins Haus. Vor der Tür standen zwei Polizisten, die sich die Tür ansahen. Sie nickten uns nur zu, als wir an ihnen vorbei gingen. 

In meinem Zimmer angekommen sah ich mich lange um, aber ich entdeckte nichts. 
"Hast du irgendwas Wertvolles hier gehabt?", fragte Julian, der mir etwas unbeholfen zusah, wie ich durchs Zimmer tigerte. 
"Nein, eigentlich nicht." Ich blieb endlich mal stehen und sah zu ihm. Mist, doch das hatte ich! "Doch!" Ich lief an Julian vorbei aus dem Zimmer und rannte ins Bad. Julian war dicht hinter mir und schaute mir dabei zu, wie ich in meinem Schrankfach herumwühlte. Schließlich fand ich das kleine Kästchen und hielt es kurz andächtig in meiner Hand, bevor ich die Luft anhielt und es öffnete. 

Und darin lag die Kette, die Julian mir geschenkt hatte, und glänzte im Licht der Deckenlampe. Ich atmete erleichtert aus und verstaute sie wieder im Schrank. Dann drehte ich mich wieder zu Julian um, der mich einfach nur anlächelte. 
"Die Kette ist der einzige Gegenstand hier, der wirklich wertvoll ist. Und das gar nicht unbedingt, weil ich sie mir vermutlich nie selbst leisten könnte", lächelte ich.
Julian machte einen Schritt auf mich zu und legte eine Hand in meinen Nacken. Ich sah weiter in seine dunklen Augen, während er immer näher kam. Ich schloss meine Augen, kurz bevor sich unsere Lippen trafen. Ich klammerte mich in seinen Pulli und wollte den Kuss gerade erwidern...

"Emily, ist alles okay? Fehlt dir was oder ist noch alles da?" Thilo platzte in den Raum und wir schraken auseinander. "Oh, Entschuldigung, ich wollte nicht..." Ich schüttelte schnell den Kopf. 
"Mir wurde glaube ich nichts gestohlen." Bis auf mein Herz. Aber das war ein anderes Thema. 
"Okay, würdest du..." Er zeigte in den Flur. Ihm war das scheinbar ziemlich peinlich. 
"Ja, ich komme", murmelte ich nur und folgte ihm dann nach unten zu einem Polizisten. 

Er notierte sich alles, was ich ihm sagen konnte, bedankte sich und ging dann rüber zu Thilo. 
Erst als die Polizei endlich weg war und wir zu viert in der Küche waren, wurde mir die Absurdität von allem richtig bewusst. 
"Warum?", fragte ich seufzend und ließ mich auf einen Stuhl fallen. 
"Die waren wohl nur nach Bargeld aus. Was anderes fehlt nicht", murmelte Susan und nippte an ihrem Wasserglas. 
"Lass uns ins Bett gehen, Susan. Die ganze Aufregung ist bestimmt nicht gut für dich", sagte Thilo und gleich darauf war ich mit Julian alleine in der Küche. Ich sah ihn eine Weile schweigend an, wie er da an der Wand lehnte und den Boden anstarrte. 
"Das 'warum' war irgendwie weniger auf den Einbruch bezogen", murmelte ich dann und Julian sah auf. 
"Dachte ich mir schon", sagte er, ehe er sich seufzend von der Wand abstieß und sich neben mich setzte.
"Irgendwie kommt immer wieder was dazwischen", schmunzelte er. 
"Langsam glaube ich, dass Leben hasst mich", lachte ich. Auch Julian lachte leise. 
"Hast du übermorgen Zeit?", fragte er dann. 
"Äh, ja, ich denke schon."
"Kevin schuldet uns noch ein Essen. Dann lassen wir Handy und alles, was irgendwie stören könnte, zuhause und reden ganz in Ruhe über alles."
"Bei unserem Glück stürzt dann der Eiffelturm zusammen", murmelte ich. 
"Ja, wahrscheinlich", grinste Julian und stand wieder auf. "Soll ich hier bleiben?" Ich nickte und begann automatisch zu lächeln. 
"Okay, dann rufe ich eben Kevin an und frage, wann er das Auto morgen braucht. Geh schon zu Bett, du siehst völlig fertig aus", meinte er. Ja, er hatte wohl Recht. Ich konnte jetzt wirklich ein bisschen Schlaf vertragen. Also stand ich auf, gab Julian noch einen Kuss auf die Wange und lief dann nach oben. 

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt