Kapitel 11 - Streit

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POV Tabea

"Du hättest ihn sehen sollen, Lisa. Er war komplett aufgelöst. Er hat das nicht gespielt, das geht gar nicht!" Laura stand mitten im Raum und redete auf ihre Freundin ein. Lisa war nämlich komplett ausgerastet, als Emily uns alles erzählt hatte. 
"Ach ja? Und warum macht er sowas? Er ist ihr ja nicht einmal hinterher gelaufen. Das hat er doch nur gemacht, weil du es gesagt hast!", giftete Lisa zurück. 
"Was würdest du denn im ersten Moment machen? Was würdest du im ersten Moment machen, wenn du den Typen, den du liebst, so krass enttäuschen musst? Und ganz ehrlich... Ich hätte das mit Paris beim ersten Treffen auch nicht erzählt!"
"Verdammt, Laura, er hat Emmi weh getan! Und du verteidigst ihn auch noch?! Was ist kaputt bei dir?", rief Lisa wütend. 
Emily wurde auf meinem Bett unter der Decke immer kleiner und weinte immer mehr. Ich ging zu ihr und setzte mich neben sie. Sie ließ es zu, dass ich sie in den Arm nahm und weinte stumm weiter. 
"Soll ich dir sagen, warum ich das mache? Ich hab die beiden gesehen! Und ich glaube daran, dass es für die beiden noch eine Zukunft gibt!", blaffte Laura sie an und wurde jetzt auch richtig wütend. 
"Ach ja, stimmt, ist ja auch ganz klar, dass das funktionieren wird, wenn er ewig weit weg in einem anderen Land lebt! Sie kennen sich ja auch schon sooo lange!"
"Es wäre wenigstens einen Versuch wert!"
"Ähm... Leute...", schaltete ich mich schließlich auch ein. "Glaubt ihr echt, es ist das Beste, wenn ihr das hier vor Emily diskutiert?" Beide sahen mich zuerst zornig an, bis ihnen langsam klar wurde, was sie hier gerade veranstalteten. 

"Wie denkst du denn darüber?", fragte Laura mich eine halbe Stunde später. Emily war inzwischen eingeschlafen und Lisa war joggen gegangen, um den Kopf frei zu kriegen. Wir saßen im Wohnzimmer und starrten beide aus dem Fenster. 
"Ich weiß nicht... Ich kann nicht sagen, ob er es wirklich ernst meint mit ihr", seufzte ich. 
"Und wenn du mal mit ihm sprichst? Ich weiß, ich weiß, das ist keine gute Idee, aber wir müssen es Emmi und Lisa ja nicht sagen. Aber ganz egal wie verrückt du manchmal bist, ich kenne keinen Menschen, der andere besser versteht als du!" Sie sah mich mit großen Augen an. 
"Und was soll ich ihm sagen? 'Emily liegt heulend in meinem Bett, mach was!'?" Ich seufzte. 
"Okay, ja, ist eine blöde Idee..."

Der Tag verging nur sehr, sehr langsam. Lisa kam irgendwann zurück und ignorierte uns dann einfach. Eine ganze Weile war sie bei Emily. Ich hoffte nur, dass sie ihr nicht irgendwas komisches erzählte. Ich persönlich war auf Lauras Seite, aber das sagte ich lieber nicht, sonst wäre ich gleich auch einen Kopf kürzer. Und dabei war ich schon die Kleinste. Na gut, das war jetzt nicht wichtig...
Laura sagte auch nicht mehr viel an diesem Tag. Sie machte für uns das Abendessen und brachte es Emily in mein Zimmer. Lisa hatte angeblich keinen Hunger. Deshalb aßen Laura und ich vorm Fernseher und blieben dann dort den restlichen Abend hängen. 

Gegen ein Uhr nachts war ich immer noch wach und grübelte, wie ich Emily am besten helfen konnte. Das leise Vibrieren meines Handys ließ mich aufschrecken. Ich entsperrte es und las mir die Nachricht durch.
"Bist du noch wach?", hatte Em mir geschrieben.
Ich stand vom Sofa auf, deckte Laura, die inzwischen eingeschlafen war, mit einer Decke zu und lief dann hoch in mein Zimmer. Dort lag Emmi und starrte die Decke an, bis sie mich entdeckte.
Ich legte mich zu ihr und schwieg eine Weile zusammen mit ihr.
"Meinst du Lisa hat Recht? Soll ich wirklich versuchen, ihn einfach zu vergessen? Ich will das nicht. Und abgesehen davon kann ich das auch niemals!", sagte sie schließlich. 
"Ich glaube nicht, dass Lisa Recht hat. Und Laura glaubt das auch nicht."
"Und was glaubt ihr?"
"Also ich glaube, dass er dich mindestens sehr gerne hat! Ich kenne ihn ja nicht so gut. Aber Laura hat mir alles von heute ganz genau erzählt. Und das, was ich gehört habe, kann man gar nicht anders deuten, als dass er dich wirklich liebt!"
"Das Gefühl hatte ich eigentlich auch..." Sie lächelte leicht. 
"Dann lass ihn nicht gehen! Immerhin hat er ja nicht Schluss gemacht oder zumindest sowas ähnliches." Genau genommen sind sie ja noch nicht mal zusammen. Aber ja zumindest sowas ähnliches. Wenn es sowas ähnliches gibt...
"Meinst du, ich kann morgen zu ihm?"
"Na klar! Und dann klärt ihr das und seid glücklich", grinste ich breit. 
"Und was ist, wenn er mir das heute übel nimmt?"

"Zerbrich dir jetzt nicht den Kopf darüber! Morgen nach dem Frühstück kannst du zu ihm fahren und dann redet ihr in Ruhe darüber."
"Danke, Tabi. Du bist wirklich ein Engel, wenn du nicht gerade behauptest, Julian sei ein Alien", schmunzelte sie.
"Blablabla", kicherte ich und sah mit Freude, dass Emily begann, richtig zu lachen. Das hatte sie heute viel zu wenig getan.
"Dann geh ich morgen zu ihm", beschloss sie dann und lächelte.
Ich nickte nur leicht.
"Gute Nacht, Tabi", murmelte Emily dann und schloss die Augen.
"Gute Nacht, Alien", grinste ich und schlief bald darauf ein. 

Am nächsten Morgen wachte ich erst um neun auf. Ein Hoch auf das Wochenende!

Noch ziemlich müde kletterte ich aus dem Bett und schlich in die Küche. Ich brauchte unbedingt einen Kaffee! 
Mit einer Tasse Kaffee in der Hand lief ich dann zurück zu Emily ins Zimmer und weckte sie auf. 
"Hey, wach auf, es ist schon nach neun!" Ich rüttelte an ihrer Schulter und sah belustigt dabei zu, wie sie sich murrend von mir weg drehte. 
"Ich komm gleich", murmelte sie dann und ich ließ sie in Frieden. Die anderen zwei ließ ich schlafen, bevor sie Wind von Emmis Plan bekamen und noch ein riesiger Streit losbrach.

Eine halbe Stunde später kam Emily geduscht und umgezogen in die Küche. So weit war ich dann doch noch nicht. Ich hatte bisher nur meine zwei Tassen Kaffee getrunken und ein bisschen Instagram durchforstet. 
"Hey", begrüßte sie mich, nahm sich auch eine Tasse Kaffee und setzte sich mir gegenüber. Seit wann trank sie denn Kaffee? Sie musste ja ganz schön fertig sein, wenn es schon so weit war... 
"Guten morgen", flötete ich vergnügt. 
"Bah, Tabea, wie kannst du nur so einen Kaffee trinken! Kein Wunder, dass du immer so aufgedreht bist", meckerte sie und kippte den Kaffee eiskalt in den Abfluss. 
"Hallo, den hätte ich noch trinken können!", jammerte ich deshalb. 
"Das Zeug ist abartig", lachte sie und schaute dann auf die Uhr. 
"Ich glaub ich mache mich dann mal auf den Weg", sagte sie dann plötzlich nervös.
"Hey, das wird schon irgendwie klappen. Und geh vorher noch beim Bäcker vorbei und hol dir was zu essen!"
"Ja, ist gut, mach ich." Sie lief in den Flur und zog sich ihre Stiefel an. Dann zog sie Jacke und Mütze über und steckte Handy und Geld ein. 
"Wünsch mir Glück", flüsterte sie dann. Ich nahm sie einfach ganz doll in den Arm und strahlte sie dann aufmunternd an. 
"Viel Glück!"

Draußen drehte sie sich noch einmal wieder um und sah unsicher zurück. Ich winkte ihr noch ein letztes Mal zu, dann war sie um die Ecke verschwunden und ich schloss die Tür hinter mir. 

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt