Kapitel 28 - Gefühle?!

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Als plötzlich jemand meine Schulter antippte, bekam ich einen Schock fürs Leben. Ich schrak hoch, riss mir dabei die Kopfhörer vom Kopf und sah dann in das belustigte Gesicht von Julian. 
"Verdammt, hast du mich erschreckt", quiekte ich und räumte schnell meine Kopfhörer weg, um ihm Platz auf meinem Bett zu machen. Es gab in Susans Gästezimmer nämlich keine andere Sitzgelegenheit. 
"Geht's wieder?", lachte Julian leise und setzte sich im Schneidersitz mir gegenüber. Ich nickte nur und sah ihn dann prüfend an. War er jetzt gut gelaunt oder hasste er mich doch?
"Wie geht's dem Kopf?", fragte er dann unschuldig und lächelte mich schief an.
"Inzwischen ganz gut. Heute Morgen war es der Horror. Aber ich hab's wohl nicht anders verdient."
"Ich habe Blaise und Co. schon meine Meinung gegeigt."
"Das war doch nicht deren Schuld!"
"Du hättest dich wohl kaum selbst abgefüllt", lachte er bitter. 
"War es sehr schlimm?" Ich verzog skeptisch das Gesicht. 
"Du warst irgendwie eine Mischung aus allem. Von müde bis hellwach und süß bis etwas zu forsch war alles dabei."
"Was hab ich gemacht, Julian?", flüsterte ich und wollte es doch irgendwie gar nicht hören. Julian sah auf die Decke und überlegte eine Weile. Vermutlich wollte er es mir irgendwie schonend beibringen. Oder aber es fiel im selbst schwer, es mir zu sagen. 
"Naja, zuerst hast du mir ein Liebesgeständnis abgerungen, dann hast du dafür gesorgt, dass ich dich fast geküsst hätte und mich nur mit Mühe und Not zusammenreißen konnte, und später hast du von mir als besten Freund geschwärmt. War nicht so ganz einfach..."
Das brachte mich erst einmal zum Schweigen. Ich sah ihm an, was das bei ihm auslöste. Ich hatte immer gewusst, dass er mich liebte, aber erst jetzt wurde mir das so richtig bewusst. Und ganz egal, was ich tat, ich würde ihm immer wieder weh tun. Und das Allerschlimmste an der ganzen Sache war, dass er scheinbar trotz all dem nichts Negatives an mir fand. Er war nicht wütend, er rastete nicht aus, er war einfach traurig und vermisste die Person, die ich vor dem Unfall gewesen war. 
"Julian...", setzte ich schließlich an und nahm seine Hand. Aber ich verstummte wieder und sah in seine traurigen Augen. Schließlich sah Julian zur Seite und schluckte schwer, als würde er mit den Tränen kämpfen. 
"Hey, sieh mich an..." Ich wollte ihm sagen, dass ich noch Zeit brauchte, aber er eine Chance bei mir hatte. Er war viel zu perfekt, als dass er sie nicht verdiente. 
Aber noch bevor ich ansetzen konnte, kam er mir näher, legte eine Hand an meine Wange und seine Lippen auf meine. Ich war zwar total überfordert, aber ich erwiderte seinen Kuss. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich nur auf ihn, horchte in mich hinein, was das bei mir auslöste. Ich konnte nicht leugnen, dass mir ein wenig schwindelig wurde und ich für einen kurzen Moment komplett die Orientierung verlor, als er ganz plötzlich wieder weg war. Ich hatte überall Gänsehaut. 
"Entschuldige, das hätte ich nicht machen sollen", stammelte er und biss sich auf die Unterlippe. 
"Nein, hey, bitte! Denk nicht immer, dass du alles falsch machst. Das machst du nicht. Ich bin dir wahnsinnig dankbar dafür, dass du noch immer nicht ausgerastet bist. Ich fürchte ich hätte schon alles kurz und klein geschlagen, wenn ich du wäre."
"Eine Kaffeetasse musste auch bei mir schon dran glauben", lächelte er bitter. 
"Dann schulde ich dir jetzt eine", grinste ich leicht und sah mit Freude, dass auch sein Lächeln breiter wurde. 
"Vielleicht darf ich dich ja mal zu mir und dem Rest meiner Kaffeetassen einladen?"
"Solange ich keinen Kaffee trinken muss."
"Ich kaufe dir Schokolade", schmunzelte er. 
"Dann komm ich gerne", lächelte ich und musterte ihn. Er sah wirklich wahnsinnig gut aus. Seine Haare saßen perfekt und dieses Lächeln stand ihm so unglaublich gut. Ich hätte ihn stundenlang anstarren können.
Er knickte schon bald unter meinem Blick ein und wurde ein bisschen rot. 
"Ähm... hast du Hunger?", fragte ich, um die peinliche Stille loszuwerden. 
"Schon, ja", nickte er. Also stand ich auf und rannte die Treppe runter. 
Susan und Thilo saßen im Wohnzimmer. 
"Können wir was essen?", fragte ich die beiden.
"Ja, klar. Da sind noch Brötchen. Wir haben schon gegessen", sagte Susan sofort. Also rannte ich die Treppe wieder hoch. Oben abgekommen lief ich um die Ecke zu meinem Zimmer und rannte prompt in Julian rein. 
"Wou, sorry", stotterte ich etwas überrumpelt. Dann fiel mein Blick auf Julians Handy, das auf den Boden gefallen war. Ich bückte mich schnell und hob es auf. Dann drehte ich es zu allen Seiten und betet, dass es nicht kaputt gegangen war. Das Geld für ein neues iPhone hatte ich dann doch nicht eben so über. Aber von außen sah es heile aus. Ich drückte auf den Home-Button und hielt inne. Auf seinem Hintergrund waren wir beide abgebildet. Irgendwo in Wolfsburg. Ich lächelte in die Kamera und Julian hielt mich im Arm und küsste meine Wange. Es war das erste Bild von uns, das ich sah. 
Doch kaum, dass ich es gesehen hatte, nahm Julian mir das Handy vorsichtig aus der Hand und steckte es weg. 
Etwas abwesend führte ich ihn in die Küche, fasste mich aber schließlich wieder. 

"Was willst du essen? Wir hätten ganz normale Brötchen. Aber wir können die auch überbacken oder so", schlug ich vor. 
"Mir ganz egal. Was du möchtest", meinte er. 
"Dann überbacken wir die! Ich liebe überbackenen Käse!" Ich lief wie ein aufgeschrecktes Hühnchen etwas planlos durch die Küche, bis ich schließlich alles beisammen hatte. Nach dem Belegen schoben wir die Brötchen in den Ofen und dann hieß es warten. 
"Hast du eigentlich sowas wie einen Ernährungsplan?", schoss es mir da in den Kopf. 
"Eigentlich schon, aber Ausnahmen bestätigen die Regel", lachte er. "Nur gesund wird auf Dauer auch langweilig."
"Hey, ihr beiden." Meine Schwester steckte den Kopf durch die Tür und lächelte. "Wir fahren spontan noch zu Freunden. Ihr könnt also auch gerne ins Wohnzimmer gehen."
"Okay, viel Spaß", lächelte ich und winkte. 

Die Brötchen waren fertig, als Susan und Thilo aus dem Haus waren. 
"Aua! Mist, ich hab mich verbrannt", jammerte ich, als ich versehentlich gegen das Blech kam. 
"Komm her, du kleiner Schussel", lachte Julian und stellte mir den Wasserhahn mit kaltem Wasser an. Ich schmollte und hielt meinen Finger unter den Wasserstrahl. Julians liebevolles Lachen war aber so ansteckend, dass ich den Schmerz gerne in Kauf nahm.
Ich sah dabei zu, wie er das Blech aus dem Ofen holte. Dann leuchtete neben mir sein Handydisplay auf, weil er eine Nachricht bekommen hatte. Und da war wieder dieses Bild von uns. Und in dem Moment wünschte ich mir insgeheim, dass es auch heute noch so war mit ihm. Genau so wie auf diesem Bild. 

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt