In gefühltem Schneckentempo ging ich zur Haustür und drückte schließlich auf die Klingel. Thilo ließ mich rein und umarmte mich kurz, ehe er mir meine Jacke abnahm und ich ins Wohnzimmer ging.
"Ich bin hier, Emily", rief meine Schwester aus der Küche. Deshalb drehte ich kurzerhand um und setzte mich an den Küchentisch. Susan stellte mir zwei Nutellatoasts vor die Nase und setzte sich dann mir gegenüber.
"Und wie ist es gelaufen?", fragte sie. Ich biss von einem Toast ab und schluckte.
"Es war eigentlich ganz schön, aber irgendwie auch nicht", murmelte ich und starrte ins Leere.
"Erzähl mir, was du denkst." Susi griff nach meiner Hand und lächelte aufmunternd.
"Weißt du, es kommt mir irgendwie so vor, als hätte ich ihm seine Freundin gestohlen. Zwischendurch war es einfach so, als wären wir Freunde. Und dann sieht er mich aber mit diesem Blick an... Aber ich weiß nicht, ob ich jemals wieder so fühlen kann, wie ich es mal getan habe. Ich weiß ja nicht mal, wie ich gefühlt habe. Er bittet mich um diese zweite Chance, aber ich hab keine Ahnung, was das alles umfasst. Keine Ahnung, ob ich ihn jemals lieben kann. Er ist nett, keine Frage. Aber bedeutet das, dass ich nur ihn lieben darf, weil ich es vor dem Unfall getan habe?" Ich sah meine Schwester verzweifelt an.
"Ich fürchte, er glaubt noch immer daran, dass ich mich irgendwann doch wieder an alles erinnere. Er hatte Tränen in den Augen, als er mir von uns erzählt hat. Ich kann ihn im Moment einfach nicht lieben und er kann nicht nur mit mir befreundet sein."
Susan seufzte und raufte sich die Haare. Diesmal schien also auch sie ratlos zu sein.
"Vielleicht solltest du ihn dann jetzt erst einmal vergessen und dein eigenes Leben leben", meinte Thilo da hinter mir. "Zumindest hat er keinen Anspruch auf dich. Es ist dein Leben und du solltest entscheiden, nicht er."
"Aber so ist das ja nicht. Er will ja gar keine Ansprüche. Er hat mir ja auch die Zeit gegeben, die ich wollte, als er in Wolfsburg aufgetaucht ist. Ich mag ihn. Es hat sich von Anfang an so angefühlt, als wären wir uns irgendwie vertraut. Aber ich habe keine Gefühle für ihn. Ich will aber auch nicht nichts mit ihm zu tun haben. Ach Scheiße, es ist einfach schrecklich!" Ich vergrub das Gesicht in den Händen und fühlte mich elend.
"Dann sprich doch mit ihm darüber. Vielleicht könnt ihr es ja mit einer ganz normalen Freundschaft versuchen", meinte Thilo.
"Das wird doch eh nichts, Schatz. Er liebt sie und da kann er wohl herzlich wenig gegen machen", seufzte Susan. "Vielleicht solltet ihr weniger alleine machen..."
Ich schaute hoch und sah sie etwas verständnislos an.
"Es bringt wahrscheinlich nicht viel, wenn ihr immer wieder auf demselben Thema herumhackt. Ihr solltet die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen. Er kennt dich schon, ja, aber ich glaube die einzige Möglichkeit für dich, ihn kennen zu lernen, ist, wenn ihr was in einer größeren Gruppe macht, damit ihr nicht immer nur alleine über das redet, was mal war. Das bringt euch beiden nichts", erklärte Susan mir.
"Aber ich kenne hier doch niemanden", seufzte ich.
"Aber er. Er könnte dir seine Mannschaft vorstellen. Der Typ, der heute bei ihm war, gehört glaube ich auch dazu. Und früher oder später möchtest du deine Freunde doch bestimmt auch mal einladen." Sie lächelte aufmunternd.
"Wir können deine Freunde für ein paar Tage bestimmt auch hier unterbringen, das sollte ja kein Problem sein", stimmte Thilo ihr zu.
"Danke, ihr seid so lieb zu mir!"
"Na hallo! Du bist mein Schwesterchen", grinste Susan und stand auf. "Ich komme gleich wieder. Iss was, ja?" Sie ging mit schnellen Schritten aus dem Zimmer, ich nahm mir ein Toast und biss hinein.
"Findest du auch, dass deine Schwester irgendwie ein bisschen komisch drauf ist?", fragte Thilo und sah ihr hinterher.
"Nein, wieso das?", fragte ich zwischen zwei Bissen.
"Ach, ich weiß auch nicht... Ich bin im Wohnzimmer, okay?"
"Ja, klar", nickte ich und war kurz darauf allein in der Küche.Ich sah auf mein Handy und entdeckte einige neue Nachrichten. Meine Freunde, meine Mom und auch eine Nachricht von Julian war dabei. Ich öffnete den Chatverlauf und las mir durch, was er geschrieben hatte.
"Hey Em,
Sorry, das ist heute irgendwie nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellte hatte. Und ich weiß, dass es an mir liegt. Ich werde mir in Zukunft Mühe geben, versprochen.
Schlaf gut"
Sollte ich ihm von Susans Vorschlag erzählen? Eigentlich fand ich die Idee gar nicht so schlecht, was mit seinen Freunden zu machen. Obwohl ich wahrscheinlich keinen von denen wirklich gut verstehen würde. Mein Französisch war nicht so der Hit. Ach verdammt...Susan ließ auf sich warten. Deshalb räumte ich mein Geschirr schließlich in den Geschirrspüler und lief in mein Zimmer, um mir dort gemütliche Kleidung anzuziehen.
Dann holte ich seufzend mein Handy hervor und antwortete aus Julians Nachricht.
"Ich glaube, es ist für uns beide nicht gut, wenn wir uns alleine treffen..."
Es dauerte gar nicht lange, bis er antwortete.
"Wie meinst du das?"
"Also ich meine nicht, dass wir uns nicht treffen sollten. Aber vielleicht ist es besser, wenn wir mal was mit mehreren Leuten unternehmen."
"Ja, klar, können wir machen. Gleich morgen? Ich gehe mit ein paar Freunden nach dem Training was essen."
"Wann und wo?"
Er schrieb mir, wo in Paris sie sich treffen wollten, und ich war ganz zufrieden damit. Vielleicht hatte ich ja so eine Chance, ihn neu kennen zu lernen.Kaum hatte ich mein Handy beiseite gelegt und wollte aufstehen und runter gehen, als Susan ins Zimmer kam, die Tür hinter sich schloss und sich mir gegenüber im Schneidersitz aufs Bett setzte. Sie nahm meine Hand und sah mich dann mit großen Augen an.
"Was ist los?" Sie sah mich so komisch an, dass ich lachen musste.
"Ich muss dir was sagen...", murmelte sie dann und sah auf unsere Hände.
"Spuck's aus, was ist es!" Ich piekste sie in die Seite und sah sie dann ganz gespannt an.
"Naja, also..." Langsam machte sie mir Angst. So herumdrucksen tat sie eigentlich nur, wenn sie irgendwas verbrochen hatte.
"Susi!"
"Du wirst Tante!", rief sie dann und hielt sich sofort selbst eine Hand vor den Mund.
"Was?! Oh Gott, das ist wundervoll!", kreischte ich sofort begeistert und nahm meine strahlende Schwester in den Arm. "Weiß Thilo es schon?"
"Nein, du bist die erste", lächelte sie und drückte mich einfach nochmal ganz fest.
"Herzlichen Glückwunsch", nuschelte ich in ihre blonden Haare.
"Aber ich will es ihm nicht einfach irgendwie sagen. Ich will, dass es was Besonderes wird! Hilfst du mir?" Sie strahlte mich an wie ein kleines Kind an Weihnachten.
"Natürlich helfe ich dir!"Den restlichen Abend lagen wir nebeneinander in meinem Bett und redeten über einfach alles, bis wir schließlich beide einschliefen.
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Paris (Julian Draxler FF)
Fanfikce~Erinnerungen sind das, was uns am meisten ausmacht~ Julian Draxler steht kurz vor seinem Wechsel nach Paris Saint Germain. Doch da begegnet er einem Wolfsburger Mädchen. Emily. Bei ihr passt irgendwie alles, wäre da nur nicht die Sache mit dem Wech...