Kapitel 24 - Teamkollegen

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"Thilo, könntest du mich in die Stadt fahren?", fragte ich meinen Schwager am Nachmittag. Eigentlich wollte Susan das machen, aber sie wurde beim Einkaufen aufgehalten und würde deshalb nicht mehr rechtzeitig kommen. 
"Ja, na klar", meinte er sofort und stand vom Sessel im Wohnzimmer auf. Er schaltete den Fernseher aus und folgte mir in den Flur. 
"Wo genau möchtest du denn hin?" Ich nannte ihm das Restaurant und war verdammt froh, als Thilo meinte, er wüsste, wo das war. 
Wir setzten uns zusammen ins Auto und er fuhr los. 
Der Verkehr war heute etwas dichter als gestern und deshalb kam ich später als gewollt in Paris an. 
"Du musst jetzt einfach geradeaus bis dahinten zu der Bäckerei gehen und dann nach links. Du kannst es eigentlich nicht verfehlen", erklärte er mir. 
"Danke dir, Thilo." Ich winkte zum Abschied und lief dann los. Thilo hatte Recht gehabt, es war wirklich nicht zu übersehen. Ich fuhr mir noch einmal durch die Haare und betrat dann das Gebäude. Kaum war die Tür hinter mir zu, verstummte der Lärm von Paris' Straßen. Ich schaute mich in dem gemütlich warmen Lokal um auf der Suche nach Julian. Aber ich konnte ihn nicht sehen. Stattdessen sah ich an einem Tisch aber den Mann, mit dem Julian gestern in Paris unterwegs gewesen war. Ich lief also zu dem Tisch, an dem noch drei weitere Personen saßen. Einer von den dreien sprang sofort auf, als er mich sah und kam zu mir. 
"Du bist die Freundin von Julian?", fragte er auf Französisch. 
"Emily", lächelte ich. Wo war Julian? Ich konnte doch gar kein gutes Französisch!
"Ah, Emily", grinste er und bat mich dann, mich zu setzten. Mein Name klang bei ihm eher nach 'Dschemeliii', aber irgendwie klang es niedlich. Er schob mich vorsichtig dichter an den Tisch rann, als hinter mir die Eingangstür auf ging. Ich drehte mich um und war sofort erleichtert, Julian zu sehen. 
"Tschuldige, ich stand im Stau", entschuldigte er sich sofort bei mir und grüßte die anderen kurz. 
"Kein Problem, ich wurde nett empfangen", lächelte ich und ließ mir von ihm meine Jacke abnehmen. 
"Haben sie sich denn alle schon vorgestellt?", fragte er dann und grinste in die Runde. 
"Ähm, nein..."
"Na also, das ist Blaise." Er meinte den Franzosen, der mich eben schon begrüßt hatte. "Und das da sind Angel und Marco. Der eine Argentinier, der andere Italiener", erklärte er mir. Beide gaben mir die Hand und begrüßten mich. Gleich darauf fiel mein Blick auf den letzten in der Runde. Der Mann von gestern. 
"Ja, und ich bin Kevin", grinste er und reichte mir auch die Hand. 
"Oh mein Gott, du verstehst mich!", rief ich erfreut und lachte mit ihm und Julian zusammen. Ich setzte mich zwischen Julian und Blaise und hatte jetzt schon Bammel vor einer Unterhaltung auf Französisch. 
"Ein kleiner Tipp... wenn die wollen, sprechen die alle auch Englisch", meinte Julian zu mir und sah die anderen abschätzend an. Die verstanden zwar nicht, was er sagte, wirkten aber trotzdem ganz gelassen. 

Wir bestellten uns etwas zu essen und sofort begannen alle, sich zu unterhalten. Ich hielt mich einfach zurück und bemühte mich, so viel wie möglich zu verstehen. 
"Geht's dir nicht gut?", fragte Julian mich, als ich gedankenverloren aus dem Fenster schaute. Ich blinzelte einmal kurz und sah ihn an. 
"Doch doch. Ich war nur gerade in Gedanken."
"Wenn du dich nicht wohl fühlst, dann können wir auch gehen", meinte er und musterte mich skeptisch. 
"Ich bin einfach nur nicht besonders gut in Französisch und ich habe keine Ahnung von Fußball", sagte ich zerknirscht. 
"Dann musst du mal mit zum Training kommen. Man lernt immer am besten an der Quelle", grinste Kevin. 
"Sind da dann noch mehr Franzosen?", fragte ich mehr oder weniger ironisch. 
"Du bist in Frankreich, Em", lachte Julian.
"Naja, ich höre auf jeden Fall lieber ein bisschen zu."
"Na schön, aber sag Bescheid, wenn es dir zu langweilig wird", bat er und ich nickte nur. 

Es war tatsächlich ziemlich witzig, die fünf zu beobachten. Nach einer Weile stießen noch zwei Frauen zu uns, die scheinbar zu zwei der Spieler gehörten. Aber über die beiden erfuhr ich eigentlich gar nichts, weil sie nur sehr wenig mit den Jungs sprachen. 
Aber es war wirklich gut, Julian in der Gruppe zu erleben. Er lachte unglaublich viel, achtete aber gleichzeitig immer auch darauf, dass ich nicht zu kurz kam und mich auch ein wenig mit den anderen unterhalten konnte. 
Scheinbar hatte Julian den anderen nur erzählt, dass ich eine Freundin aus Deutschland war, denn niemand schien von meinem Unfall zu wissen. Abgesehen von Kevin. Ich war mir ziemlich sicher, dass er es wusste, aber er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. 

Zwei Stunden verbrachten wir in dem Restaurant. Doch als die zwei Frauen nach Hause wollten, verabschiedeten sich Angel, Marco und Blaise. Kevin, Julian und ich blieben einfach noch eine Weile sitzen. 
"Das war dann auch genug Fremdsprache für heute", meinte ich und seufzte. Kevin und Julian lachten auf. 
"Hat es dir denn wenigstens ein bisschen gefallen?", wollte Julian wissen. 
"Habt ihr nur so Spaßvögel im Team?", grinste ich einfach. 
"Es ist immer ganz unterhaltsam", schmunzelte Kevin. 
"Ja, das glaub ich!"
"Wie sieht's aus, wollen wir noch eine Weile nach draußen?", fragte Julian uns dann. Natürlich war ich sofort begeistert und stand genau wie die anderen beiden auf. Julian reichte mir meine Jacke und ich schlüpfte hinein. 

Draußen war es eiskalt im Vergleich zu drinnen. 
"Kann es nicht Sommer sein?", seufzte auch Julian und zog sich seinen Schal bis zur Nase hoch. 
"Fehlt eigentlich nur noch, dass es schneit", murmelte auch Kevin. 
"Und bei den Temperaturen müsst ihr Fußball spielen?", fiel mir ein. 
"Am fiesesten ist es für die Leute auf der Bank. Oder für den Torwart", meinte Julian und streckte Kevin die Zunge raus. Er war also scheinbar Torwart bei PSG. 
"Jaja, lach du mal, Draxler", lachte er bitter und verdrehte die Augen. 
"Ich glaube, dann guck ich mir das nächste Fußballspiel von euch lieber im Fernsehen an", schmunzelte ich. 
"Du willst es gucken?", fragte Julian erfreut. 
"Früher oder später muss ich das ja eh mal lernen", grinste ich und brachte ihn damit zum Lachen. 

Wir verbrachten noch etwa eine Stunde zusammen, bis Susan mir schrieb, dass sie gerade in Paris unterwegs war, falls sie mich mit nach Hause nehmen sollte. 
"Meine Schwester fragt gerade, ob sie mich mit nach Hause nehmen soll...", berichtete ich den beiden anderen. 
"Ich müsste jetzt so langsam auch los", meinte auch Kevin. 
"Dann lasst mich doch alle alleine", meinte Julian gespielt patzig, begann dann aber, mit uns zu lachen. 
Wir liefen also zusammen zu dem Parkplatz, auf dem auch Susan wartete. 
"Dann sehe ich dich bald mal beim Training?", fragte Kevin und umarmte mich kurz. 
"Aber es ist kalt", jammerte ich. Er sah mich nur lachend an. "Na gut, versprochen", seufzte ich also und er grinste zufrieden. 
"Bis dann", verabschiedete er sich dann und ging zu seinem Auto. 

"Es war wirklich schön heute. Es hat sich irgendwie einfach normal angefühlt. Danke", lächelte ich an Julian gewandt. 
"Ich fand's auch schön."
Dann standen wir beide da und wussten nicht wirklich, wie wir uns nun verabschieden sollten. Eigentlich wollte ich ihn auch umarmen, aber wie würde er das aufnehmen? Ich wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen. 
"Dann viel Glück bei eurem Spiel morgen. Ich werde es gucken."
"Sehr gut. Bis bald", lächelte er, blieb aber einfach vor mir stehen. Schließlich war ich diejenige, die sich umdrehte und ging. Aber sobald ich Susan an ihrem Auto stehen sah, blieb ich stehen. Sie gestikulierte wild herum, bis ich verstand, was sie mir damit sagen wollte. Und vielleicht hatte sie mal wieder Recht. Ich wollte es doch, also warum tat ich es nicht?
Ich drehte mich wieder um und lief Julian hinterher, der inzwischen auf dem Weg zu seinem Auto war. 
"Julian!", rief ich ihm hinterher. Er drehte sich sofort um und sah zu mir. Ich lief zu ihm und ließ mich von ihm in seine Arme ziehen. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter und ich lauschte seinem ruhigen Atem. Eine Weile blieben wir so stehen, bis ich mich schlussendlich von ihm löste. 
"Viel Glück morgen. Bis bald", lächelte ich und lief dann endgültig zurück zu Susan. 

Paris (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt