47. Kapitel

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Benommen öffne ich die Augen. Gott, bin ich müde. Mein Kopf pocht. Und ich habe Schmerzen.
An meinem Bett steht eine Rose, daneben liegt ein Brief. Aber bevor ich das alles realisieren kann, kommt eine Krankenschwester in mein Zimmer und lächelt freundlich. "Mr. Tomlinson, wie fühlen Sie sich?" "Ganz gut. Nur ist es so leer in mir, als würde etwas fehlen.", scherze ich und sie kichert kurz. "Die OP ist sehr gut verlaufen. Ihr Verlobter liegt schon selbst unter'm Messer. Auch bei ihm ist alles gut.", versichert sie mir. Mit diesem Wissen lässt sie mich dann wieder alleine und ich kann erleichtert durchatmen. Ich nehme meinen Ring vom Beistelltisch und Streife ihm über meinen Finger.

Ich muss nochmal eingeschlafen sein, denn als ich das nächste mal die Augen öffne, ist es bereits dunkel. Langsam setze ich mich auf, aber ein stechender Schmerz zwingt mich zurück. Wie sollen wir denn so in drei Tagen heiraten? Ich werde vielleicht noch klar kommen. Aber Harry's Körper muss sich erstmal an das neue, fremde Organ gewöhnen. Unmöglich wird er laufen können.

Die Nacht ist ziemlich angenehm, da ich schlafe wie ein Stein.
Am nächsten morgen kommt der Arzt und checkt mich durch. "Sie machen gute Fortschritte.", meint er und nickt. Ich sitze auf dem Bett, wenn das mal kein Fortschritt ist ...
"Kann ich ihn sehen?", frage ich leise. Er seufzt. "Na schön, aber nur kurz. Er muss sich erholen." Lächelnd stimme ich zu.

Mit Hilfe einer Schwester setze ich mich in einen Rollstuhl und werde zu seinem Zimmer gebracht.
Harry liegt auf dem Rücken und hat die Augen geschlossen. Die Schwester stellt mich neben seinem Bett ab. Ich nehme seine Hand. "Schläft er?" Sie nickt. "Es ist sehr schwierig für sein Immunsystem, das ohnehin geschwächt war, das neue Organ anzunehmen." Irgendwie machen mir ihre logisch klingenden Worte Angst. "Aber ... er wird wieder, oder?" "Natürlich, er war schon einmal wach und hat nach Ihnen gefragt." Lächelnd streiche ich über seine Hand.

Den restlichen Tag verbringe ich wieder auf meinem Zimmer, im Bett liegend, und gucke Fußball.
Die Nacht ist furchtbar. Ich habe Schmerzen. Der Verband ist ganz schön stramm. Die Müdigkeit zieht mich dann kurz vor der Dämmerung runter und ich schlafe ein.

Artig nehme ich die Medikamente, die bei der Heilung helfen, ehe ich dann Mittags wieder zu Harry darf. Ich kann sogar selbstständig zu seinem Zimmer gehen. Es dauert nur fast eine halbe Stunde.
Harry schläft schon wieder. Sein Gesicht hat die schöne Farbe verloren. Ich lasse mich in den Stuhl sinken und sehe ihn an. Würde er nicht atmen, könnte man glauben, er sei tot.
Ich muss mit ihm reden.

Langsam humple ich zum Bett und knie mich an das Kopfende. Mit meiner zitternden Hand streiche ich über seine Wange. "Harry ...", flüstere ich. Nach einigen Sekunden schlägt er dann auch tatsächlich die Augen auf und dreht den Kopf zu mir. Ich blinzle, damit die Träne endlich mein Auge verlässt. "Lou ...", haucht er und hebt seine Hand. An seinem Finger klemmt ein Pulsmesser.
Als seine Hand meine Wange streicht, schließe ich die Augen und beginne zu weinen. "Warum weinst du ..." Es klingt so schwach. "Geht es dir gut? Bitte sag mir, dass es dir gut geht ...", schluchze ich und lege meinen Kopf an seine Schulter. "Morgen werde ich dich heiraten.", flüstert er. Er klingt, als würde er jeden Moment wieder einschlafen. Ich lege meinen Arm um seinen Bauch und schniefe. "Du bist noch zu schwach, Harry ... Wir sollten es verschieben." Sein Kittel ist feucht von meinen Tränen. Ich weiß gar nicht, warum ich so sehr weine. "Nein ... Ich werde dich morgen heiraten. Du hast es mir versprochen." Ich beiße mir auf die Lippe und lasse ein weiteres Mal eine Ladung Tränen los. "Du musst gesund werden, unterschätz es nicht.", entgegne ich und hebe den Kopf. "Du hast mein Leben gerettet.", sagt er leise und schließt die Augen. Lächelnd drücke ich einen Kuss auf seine Stirn. "Ich liebe dich.", sage ich und presse die Lippen aufeinander. "Sei morgen pünktlich.", antwortet Harry schwach und dann ist er eingeschlafen.
Bevor ich gehe, nehme ich seinen Verlobungsring vom Beistelltisch und streife ihn über seinen Finger.

Nachdenklich liege ich in meinem Bett. Meint er das ernst? Oder sind das nur die Bilder in seinem Kopf? Werden morgen wirklich die Gäste vor Ort sein? Wird morgen wirklich eine Zeremonie statt finden?

Ehe ich weiter darüber spekulieren kann, kommt eine Schwester hinein. Sie legt mir meinen Anzug auf den Tisch und stellt die Schuhe auf den Boden. Dann legt sie mir einen Zettel auf den Beistelltisch an meinem Bett. "Hier sind Ort und Uhrzeit. Ein Taxi wird Sie morgen Vormittag hinbringen. Falls Sie zu schwach sind, geben wir Ihnen einen Rollstuhl mit. Stehen und gehen Sie nur, wenn es wirklich nötig ist." Ungläubig nehme ich ihn und werfe einen Blick drauf. "Wird er morgen soweit sein?", will ich wissen. Sie zuckt mit den Schultern. "Es wäre ein Wunder."

Ein Wunder. Das brauchen wir. Einfach mal ein Wunder.
Ich knipse um halb zehn die kleine Lampe über dem Krankenbett aus und schließe die Augen. Ich sollte mich auf den morgigen Tag freuen, aber ich habe viel zu viel Angst um Harry. Ich bin wirklich gespannt, was mich wirklich erwarten wird.

Captured ➸ Larry Stylinson {COMPLETED} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt