53. Kapitel

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🏃🏽‍♀️💨

Wie konnte ich es nicht verstanden haben? Wie konnte ich so blind gewesen sein? Wie konnte ich soviel vertrauen gehabt haben? Wie konnte ich nur.

Johnny legt den Kopf schief und ascht seine Zigarette ab.

Natürlich. Das Nikotin in Harry's Blutkreislauf ... Jetzt ergibt das unklare Bild in meinem Kopf auch endlich Sinn.
Auch macht es Sinn, weshalb es mir so blendend geht.

Mir wurde nie ein Organ entnommen.

Harry hat die Niere von Johnny bekommen.

"Der süße Harry konnte den Gedanken nicht ertragen, dich um deine kostbare, gesunde Niere zu berauben. Es hat ihn wahnsinnig gemacht, dass du ihn mit der Hochzeit erpresst hast." Ich sinke auf die Holzlatten der Veranda und lehne den Kopf gegen die Tür, während ich mir reinziehe, wie es wirklich gewesen ist. Ich bin durch.

"Also hat er dich einfach aufschneiden und zunähen lassen. Das bereitet im Nachhinein Schmerzen und fühlt sich real an, lässt aber zu, dass du auf jeden Fall fit für diese bescheuerte Hochzeit bist."

Das Schlimme an dem Ganzen ist, dass Johnny's Worte mehr Sinn ergeben, als alles, was ich mir versuche zusammen zu reimen. Etwas, bei dem Harry mich nicht so unfassbar grausam hintergangen hat.

Aber es klappt einfach nicht.

Er schnippst den nächsten Zigarettenstummel weg. Er prallt gegen meinen Kopf und landet zwischen meinen Beinen. Ich starre auf ihn hinab.

"Er wusste, du würdest ihm vertrauen." Er sagt es in einem solch ekelhaften Ton, der mich total lächerlich dastehen lässt, dass ich beinahe zugelassen hätte, Emotionen zu zeigen.

"Er kam zu mir, weißt du Louis ... Hat gebettelt und gefleht ..."

Ich reiße den Kopf hoch. "Halt den Mund! Sei still!", brülle ich und fasse in meine Haare.

"Denn als ich noch für ihn gearbeitet hatte, war eine solche Operation auch geplant. Auch ich kam als Spender in Frage. Langsam glaube ich, Harry sucht sich nur die, die ihm eine Niere geben könnten, um dann zu entscheiden, welche er will ...", denkt er laut und er verschränkt die Arme. Ich lege die Stirn auf meine Knie. "Jedenfalls hat er dann aber den Schwanz eingezogen. Er meinte, er wollte mich schützen, aber wir beide wussten, er wollte nur verhindern in meiner Schuld zu stehen. Und dann ... wollte er mich loswerden." Ich hole tief Luft und beiße die Unterkiefer aufeinander. "Harry wusste, dass ich ziemlich angepisst wegen all dem bin und vor allem wegen der Sache mit dir. Ihm war klar, würde er etwas von mir wollen, würde ich eine ... Gegenleistung einfordern." Meine Lunge beginnt zu brennen. Die Art und Weise, wie er es sagt ... Ich ahne ... was kommt. "Du hast ihn gut verwöhnt, das muss ich zugeben. Harry ist überragend gut im Bett geworden." Ich weiß nicht, ob ich weglaufen, oder bleiben soll. Ob ich weinen, oder lachen soll. Das hier ist alles nicht echt.
"Ach und wo wir gerade dabei sind ..." Ich höre seine Schritte auf der Holztreppe und hebe den Kopf. Er kniet sich vor mich hin. "Jamaica ... war eine fette Lüge. All die Menschen, die auf der Hochzeit waren, kannte Harry nicht mal. Außer seiner Schwester und deiner Mutter natürlich. Denn weißt du was? Eure tolle Hochzeit war unechter als die Brüste meiner Mutter." Ich schnappe nach Luft. Ich glaube, ich verliere gleich das Bewusstsein. "Hast du dich nie gefragt, warum ihr nicht im Standesamt gewesen seit? Warum du nichts unterschrieben hast? Merkwürdig, oder?" Meine Kehle ist wie zugeschnürt und ich bekomme nur ein kaum merkliches Nicken hin. "Aber so organisiert, wie Harry ist ... hat er die Todesdrohung auf deinen Tisch gelegt, damit er sicher sein kann, dass du nicht mehr alleine draußen rumspazierst und zufälligerweise mir über den Weg läufst."

Und dann fange ich an zu weinen.

Es ergibt einfach soviel Sinn. Es ist furchtbar. Und es tut weh.

"A-aber warum sollte er die Hochzeit vortäuschen?", bekomme ich krächzend raus. "Damit du ihm vertraust. Harry bindet sich nicht. Das hat er noch nie. Mag sein, dass ihm etwas an dir liegt. Vielleicht sieht er dich als Sohn an, da ihm seiner ja entrissen wurde. Aber Herzblatt ... Liebe ist das nicht."

Johnny steht auf, wartet einen Moment, holt eine Zigarette aus der Schachtel, zündet sie an und verlässt pfeifend den Vorgarten.

Ich schieße die Augen und versuche durch die Infos in meinem Kopf durch zu kommen. Ich versuche es zu sortieren.

Das kann nicht sein. Ich habe die Liebe in seinen Augen gesehen. Habe sie gespürt. Sie gehört.

Aber ich kann mir nicht helfen. Ich kann nicht mehr. Erst ist alles gut. Dann werde ich in ein tiefes Loch aus Lügen und Verrat gezogen.

Die Tatsache, dass Harry mit Johnny geschlafen hat, ist vermutlich das Schlimmste. Vor allem, da ich nicht weiß wie oft. Und ... wann. Es muss irgendwann kurz vor Jamaica gewesen sein.

Dann ist da noch die Todesdrohung, die er mir geschrieben hat.

Harry. Warum hast du das alles getan?

Captured ➸ Larry Stylinson {COMPLETED} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt