63. Kapitel

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Sobald Johnny aus meinem Sichtfeld verschwunden ist, werfe ich mich auf die Knie und drehe Harry's Kopf. "Harry ...", wimmere ich und beuge mich über ihn. Mit aller Kraft hebe ich ihn und lege seinen Oberkörper in meinen Schoß. Sein eiskalter Körper wird jetzt zumindest etwas von mir gewärmt.
Sachte streiche ich über die blutverschmierte Haut und lasse meine Tränen ein weiteres Mal los. "Was haben sie nur mit dir gemacht ..."
Plötzlich bewegt er den Kopf. Ich halte sofort inne und lege meine Hand an seine Wange. Er öffnet die Augen einen Spalt und sieht zu mir auf.
"I-ich ... bin im ... Himmel.", flüstert er und ein Lächeln schleicht sich auf die kaputten Lippen. "Louis ... endlich ..." Ich presse die Lippen aufeinander und schluchze leise. "Ich hab ... so lange darauf gewartet ... zu sterben..." Seine Worte verletzen mich, wenn sich jemand wirklich wünscht zu sterben, muss der Schmerz groß sein. Wenn er die Hoffnung aufgegeben hat, dass ich komme. Dass wir wieder vereint sein könnten.
"Du bist nicht tot, Harry ... Ich bin gekommen, um dich zu retten ...", versuche ich ihm zu erklären und betrachte sein zerschrammtes Gesicht.
Unerwartet setzt er sich auf, stöhnt in Schmerzen und lässt sich gegen die Gitterstäbe fallen. Immerhin sitzt er. "Du hättest nicht kommen sollen!", presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und hält sich die Brust. Dann beginnt er fürchterlich zu husten. Frisches Blut klebt an seiner anderen Hand, als er sich wieder einkriegt.
Ich kann das nicht mit ansehen.
"Harry, sieh mich an. Du musst hier raus. Du musst in ein Krankenhaus. Du trägst bloß deine Jeans, du bist total unterkühlt. Du hast wahrscheinlich sämtliche Prellungen und-" "Na na, wir wollen aber nicht anfangen Fluchtpläne zu schmieden, oder?" Rasch drehe ich mich um, als Johnny's fiese Stimme wieder kommt. Er schließt die Tür hinter sich und beißt in einen Apfel. "Weißt du Louis, es ist dir wahrscheinlich noch nie aufgefallen. Aber genau da drin war dein Platz, als du Harry geheiratet hast. In einem Käfig." Ich versuche ihn zu ignorieren und rutsche an Harry, um meinen Mantel um seine Schultern zu legen. Er kuschelt sich so gut er kann an meine Brust und ich streiche sanft über seinen Kopf.
"Hättest du ihn nicht geheiratet, würdet ihr nicht in diesem Schlamassel stecken. Eure 'Beziehung' war schon provokant genug. Aber die Hochzeit-" "Moment mal, sagtest du nicht sie war gar nicht echt?", bohre ich nach und sehe wieder zum ihm. "Doch das war sie ...", seufzt Harry schwach und krallt sich an meinem Pullover fest. Johnny's Gesicht wird finster. "Dich hat er nicht gefragt!", brüllt er und tritt mit voller Wucht gegen den Käfig. Er kommt zum Schloss und schließt es auf. Ich umklammere Harry fester und fester, als er hinein kommt und ihn mit sich ziehen will. "Lass ihn los oder ich bring ihn vor deinen Augen um!", schreit er aufgebracht und zieht ein Messer. Widerwillig gebe ich ihn frei und muss mit ansehen, wie Johnny Harry auf die Beine reißt und seinen Kopf anhebt. Er kann sich kaum auf den Beinen halten, muss sich an Johnny aufstützen und fällt ihm dann in die Arme. Dieser streichelt ihm die Haare und flüstert ihm beruhigende Worte zu.

Ich glaube mir wird schlecht.

"Was stimmt nur nicht mit dir!", schreie ich ihn aus lauter Verzweiflung an und springe an die verschlossene Tür. Mittlerweile ist es dunkel, aber es wurden Lampen aufgestellt. Wahrscheinlich, damit sie ihn auch bei Nacht foltern können ...

Johnny dreht ruckartig den Kopf zu mir. "Du hast ihn mir genommen, aber das hat ein Ende!"
"Er wird dich niemals lieben Johnny, du musst das endlich begreifen!"
Er hebt das Messer und legt es an Harry's Halsschlagader. Der ist wiederum so durch, dass er das gar nicht mehr mitbekommt. Seine Stirn liegt auf Johnny's Schulter. "Vielleicht nicht in dieser Welt." Ich umklammere die Stäbe so fest, dass das Blut aus meinen Händen weicht und sie fast weiß sind. "Nein!", schreie ich so laut ich kann, "Töte ihn nicht, bitte! Das kannst du nicht machen!" Verzweifelt falle ich auf die Knie und flehe Johnny an. "Du stellst ganz schön hohe Anforderungen, mein Kleiner."
"Was zum Teufel geht hier vor sich!" Eine bekannte, tiefe Männerstimme erfüllt den herunter gekommenen Raum und ich sehe zum Eingang.

Elijah.

Sein langer Mantel und der Schal sind Schnee bedeckt. Kritisch beäugt er erst mich und dann Harry.

"Johnny, das reicht. Es sollte andersrum sein. Tu ihn zurück in den Käfig. Er ist doch sowieso schon am verrecken. Kümmere dich besser um diese Nervensäge." Er zeigt auf mich und legt den Schal ab.

In diesem Moment schließe ich mental mit meinem Leben ab. Ich akzeptiere die Tatsache, dass mein Leben enden wird, dass ich davor zwar qualvolle Schmerzen haben werde, es aber irgendwann aufhören wird. Und dann werde ich ihn wieder sehen, im Himmel, da, wo wir wirklich für immer in Frieden sein können.

Captured ➸ Larry Stylinson {COMPLETED} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt