60. Kapitel

5.3K 429 130
                                    

Ok ich muss mal eben was klar stellen ...

... Die einzige Bedingung war, dass keiner von beiden stiebt.

Alles andere ...

Ok nein, eigentlich bin ich nicht so gemein 😂 Sagen wir es so, das Ende steht schon fest und ich werde es auch nicht ändern.

Am nächsten morgen läuft meine Mutter fluchend durch's Haus, wodurch ich auf dem Sofa hochschrecke. "Verfluchte Scheiße!" Ich stehe auf und komme gähnend zu ihr. Sie ist fertig angezogen. "Mom, was ist los?" "Guck raus, dann weißt du was los ist!"
Langsam schleppe ich mich zur Haustür und öffne sie. Ein eiskalter Wind begrüßt mich und ich sehe nur noch Schnee. Viel Schnee.

Zuviel Schnee.

Mein erster Gedanke: werden sie trotzdem nach Harry suchen? Oder können sie deshalb nicht ausfahren?
Panik überkommt mich.
Ich schließe die Tür und hole mein Handy raus.

Ich habe Glück, dass Clara dran geht und nicht irgendein larmarschiger Beamter.

"Es tut mir leid, Louis ... wir müssen zumindest warten, bis die Straßen geräumt sind. Da der Schneesturm aber ganz England erwischt hat, kann das dauern. Außerdem sind die meisten Einsatzkräfte rausgerückt, da über Nacht zahlreiche Unfälle passiert sind."

Enttäuscht lehne ich gegen die Wand im Flur und lege die Hände über die Augen. Das kann doch nicht wahr sein ...

"Gibt es denn irgendwelche Neuigkeiten?"
"Das schon, der selbe Van, der vor dem Krankenhaus gesehen wurde, steht vor einem kleinen Gelände außerhalb der Stadt." Sofort horche ich auf. "Welches Gelände?!", bohre ich nach. "Covent market, aber Louis, komm nicht auf dumme-" Ich lege auf und haste ins Wohnzimmer zum Laptop. Covent market ...

Natürlich steht es leer und ist abgesperrt.

Abgesperrt, natürlich.

Ich schreibe mir die Adresse raus und gehe in mein Zimmer. Es fahren keine Taxis, keine Busse, das heißt ich muss zu Fuß gehen. Das wird allerdings seine Zeit dauern. Und ich brauche warme Klamotten.

Meine Mom steht plötzlich in der Tür und beobachtet mich, als ich sämtliche Sachen aus meinen Schränken reiße. Ich bemerke, dass sie da ist, ignoriere sie aber. Dafür habe nun wirklich keine Zeit.

"Hast du ... vor rauszugehen?", fragt sie vorsichtig nach, als ich Mütze und Schal auf's Bett werfe.
"Ja. Ich gehe rüber zu Jan. Er ... hat Geburtstag."
Sie nickt stumm. "Hast du ein Geschenk?" Ich erzwinge ein ironisches Lachen. "Komm schon Mom, meine Anwesenheit ist Geschenk genug." Wie so oft kann ich sie zum Lachen bringen, was sie dazu bringt mir vollends zu glauben und sie geht.

Zum Glück.

Eingemummelt stiefle ich zur Haustür und schlüpfe in die dicken Winterschuhe. Ich habe sie noch nie gemocht, aber heute muss ich mal Prioritäten setzen.

Ehe ich mich rausschleichen kann, packt meine Mom mich am Arm und zieht mich an sich. "Mein großer Junge, hab Spaß." Ich Rolle die Augen. Ja, Spaß, den werde ich haben. "Ich liebe dich Louis. Ich sag dir das viel zu selten." Ich trete zurück und sehe in ihre wunderschönen, blauen Augen. Ich habe es ihr noch nie wirklich gesagt. Und ... jetzt ist es vielleicht meine letzte Chance. Also nehme ich ihre Hand und lege sie an meine Wange. "Ich liebe dich noch viel mehr Mom." Sie lächelt, berührt von meiner Ehrlichkeit und tritt zurück.
Dann gehe ich.

Es ist arschkalt. Kälter, als ich es je erlebt habe. Ich halte mein Handy vor mir und laufe nach Google Maps zu diesem Gelände.

Unterwegs treffe ich nicht viele Menschen. Es ist wie leergefegt. Ein großer Schneeschieber fährt an mir vorbei und beseitigt den Schnee von den Straßen.

Am Ende hat es doch nur zwei Stunden gedauert und ich sehe mich um. Der Zaun ist eingeschnitten und frische Reifenspuren sind im Schnee.

Sofort renne ich rein. Was, wenn sie weggefahren sind?! Was, wenn sie mitbekommen haben, dass ihr Van gefunden wurde?!
Ich laufe auf ein kleines, viereckiges Gebäude zu. Es hat ein flaches Dach und sieht total herunter gekommen aus.

Und davor steht der Van.

Vorsichtig nähere ich mich und werde einen Blich in das schwarze Auto.

Nichts.

Dass laufe ich um das Gebäude. Es gibt keine Fenster, nur einen Eingang, ein großes Loch in der Wand.
Ich schalte die Taschenlampe am Handy an und leuchte rein.

Es ist tatsächlich niemand hier.

Die Enttäuschung, die ich in diesem Moment spüre, übertrifft alles.
Ich sinke zu Boden und lege die Hände vor's Gesicht. Weinend erinnere ich mich an Harry's Worte im Krankenhaus, ehe ich zur Kantine gegangen bin.

"Geh nicht."

"Bitte, bleib bei mir."

Wäre ich geblieben ... dann wäre alles ganz anders gekommen.

Plötzlich sehe ich etwas in der Ecke liegen. Es ist ein Sack. Ich stehe auf und gehe darauf zu. Vorsichtig sehe ich hinein. Ein USB Stick und eine Notiz.

Viel Spaß beim Ansehen.

Captured ➸ Larry Stylinson {COMPLETED} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt