15. Kapitel

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Oh Gott, die Geschichte wird zu Deep, es tut mir leid 😂

Ich weiß nicht, wie lange wir schon auf dem Sofa liegen. Mein Rücken ist mittlerweile taub, da sein Gewicht die Blutzirkulation auf Sparflamme drückt. Und als hätte er meine Gedanken gehört, hebt er den Kopf und sieht mich verschlafen an. Ein sanftes, müdes Lächeln tritt auf seine Lippen, ehe er gähnt und den Kopf wieder ablegt. "Weißt du, wie spät es ist?", flüstert er und verlagert das Gewicht. "Moment." Ich schaffe es in meine Hosentasche zu greifen und hole mein Handy heraus. "15:28 Uhr." Er seufzt und nickt. "Ich muss Emerson abholen." Er setzt sich auf und fährt sich durch die Haare. Er wirkt so jung, wenn er gerade wach geworden ist. "Möchtest du alleine fahren?", frage ich vorsichtig. "Möchtest du mitkommen?", fragt er überrascht. Als ich nicke, beugt er sich mit einem Lächeln wieder zu mir hinab und legt seine Lippen auf meine. "Bist du sicher? Du solltest dich etwas erholen.", murmelt er zwischen dem Kuss. Ich lege meine Hände an seine Hüften und drücke sanft zu. "Es geht schon.", versichere ich ihm.
Harry verteilt noch viele kleine Küsse auf meinem Gesucht, was mich zum Kichern bringt, ehe er aufsteht und in den Flur geht, um Schuhe und Jacke anzuziehen. Als ich dazu komme, betrachte ich ihn nochmal genau. Diese weißen Jeans, dieses himmelblaue Hemd ...
Ich atme tief durch und verfalle in einen Tagtraum. Harry lacht leise und zieht mich an der Hand zur Tür. "Ich würde sie dir gerne ausziehen.", sage ich gerade heraus und nehme das intensive Ziehen in meinem Unterleib in Kauf. Harry schließt hinter uns ab und dreht sich zu mir. Er will etwas sagen, doch dann schweift sein Blick über mich hinweg und er runzelt die Stirn. Sofort drehe ich mich um. Mein Herz bleibt stehen. "Mom?!"

Ja. Meine Mutter steht mit einer Tasche in der Hand am Tor und sieht zu uns. Ihr Blick ist besorgt. Ich gehe auf sie zu und Harry öffnet mit dem Knopf an seinem Schlüsselbund das Tor. Sie umarmt mich und küsst meine Wange. "Zum Glück bist du wohlauf, die Uni hat mich heute Vormittag angerufen, ich bin sofort losgefahren!" Ihr Blick wechselt zu Harry, der neben mir erscheint. Ihre Augen werden groß und sie räuspert sich. "Sie müssen der Arbeitgeber sein. Ich bin Louis' Mutter, Belle." Er nimmt ihre Hand entgegen und lächelt kaum merklich. Als er seine Hand an meine Hüfte legt, schiebe ich sie schnell und unauffällig weg. Nicht jetzt.
"Ich hoffe ich komme nicht ungelegen. Ich werde mir am besten ein Hotelzimmer nehmen und-" "Quatsch, wir haben genug Zimmer. Bitte, fühlen Sie sich wie zu Hause." Ich sehe zu Harry. Das kann nicht sein Ernst sein. Er weiß nicht worauf er sich damit eingelassen hat.

Meine Mutter lächelt zufrieden und wirft mir einen unerklärlich triumphierenden Blick zu. Ich schlucke. Da war ich sie gerade los und wohne wieder mit ihr zusammen. Naja, zumindest für eine Nacht.

Ich bleibe also mit meiner Mutter in der Villa. Sie will, dass ich ihr alles zeige, was ich natürlich auch tue. Dann erklärt sie mir, was man mit dieser Inneneinrichtung über die Psyche der Eigentümer sagen kann. Manchmal ist es ätzend eine Psychologin als Mutter zu haben. Was heißt manchmal ... So ziemlich immer.

"Ich habe es schon in seinen Augen gesehen.", erklärt sie und schlürft ihren Kaffee. "Was hast du gesehen, Mom?", fragt ich genervt und räume die Spülmaschine aus. Daniel ist im Flur und entstaubt die Lampen an der Wand. Ich hoffe er hört nicht zu. "Na, Mr. Styles bräuchte mal eine ordentliche Therapie. So nah, wie er bei dir stand, du bist ein Fremdling und um einiges jünger. Wenn er nicht weiß, was persönlicher Abstand bedeutet, sollte er mal darüber reden." Ich presse die Lippen aufeinander. Wenn sie wüsste ... "Das hat andere Gründe.", murmle ich, da ich das Verlangen habe ihn zu verteidigen. "Es sind ganz andere Dinge, um die man sich bei ihm kümmern müsste.", sage ich nachdenklich und sie horcht auf. "Die da wären?" Ich sehe auf. "Du hattest doch mal diesen Patienten ... der angefangen hat zu weinen, wenn man den kleinen Finger hebt. Ist sowas auch mit Wörtern hervorzurufen?" Sie stellt den Kaffeebecher bei Seite. "Natürlich." Ich nicke kurz. "Und ... kann sich das auch anders auswirken?" "Worauf willst du hinaus, Louis?", hakt sie nach und verschränkt nachdenklich die Arme. "Naja ... kann es Menschen auch zu gewaltsamen ... vielleicht sogar sexuellen Handlungen verleiten?" Sie blinzelt und hebt beide Brauen. "N-naja, möglich ist das ... Aber das wäre ein ziemlicher Schaden der Psyche. Sieh mal, der Patient, der bei dem Heben des kleinen Fingers begonnen hat zu weinen, verbindet damit eine negative Erinnerung. Er ist daran gewöhnt zu weinen, wenn jemand den kleinen Finger hebt. In seinem Fall ist der Mann dran schuld, der ihn entführt hatte, als er vier Jahre alt war. Weinen ist eine sehr starke Emotion. Aber eine solche Handlung durch Worte hervorzurufen, das habe ich noch nicht gehört. Eine Emotion verglichen zu einer ganzen Handlung ist, als vergleiche man eine Mücke mit einem Elefanten. Solche Menschen dürften gar nicht in der Lage sein eigene Entscheidungen zu treffen, ein selbstständiges Leben zu führen. Solche Menschen brauchen ständige Betreuung und eine intensive Therapie. Wie kommst du darauf?" Ihre Worte machen mir Angst. Harry trifft jeden Tag Entscheidungen, die von Bedeutung sind. Alleine schon in seinem Job. Und ganz plötzlich vermisse ich ihn unbeschreiblich doll. Spätestens jetzt kann ich nachvollziehen, warum er sich so extrem unterwirft, einfach um Schutz zu bekommen. Das schien bei seiner Frau allerdings schief gegangen zu sein. Sie wollte wahrscheinlich einen Mann, der für sie und ihre Familie sorgen kann. Finanziell. Genau deshalb kann ich sie nicht leiden. Sie wusste, dass er Geld hat und hat sich ihn geschnappt, ohne etwas zu wissen.
Das sind zwar nur Vermutungen, aber es ist plausibel. Ob sie überhaupt davon weiß? Ob sie das mit Johnny mitbekommen hat?

"Louis?"

Ich drehe mich um und treffe auf Harry, der Emerson und seine Schultasche auf dem Arm hat. Er sieht mich mit einem Lächeln und doch fragend an. Wäre meine Nutter nicht hier, würde ich ihn sofort in meine Arme schließen. Aber das kann ich nicht bringen.

Stattdessen starre ich in seine leeren, grünen Augen und frage mich, ob er jemals ein normales, sorgenfreies Leben führen können wird. Ich würde alles dafür geben, ihn einmal herzhaft lachen zu hören. Ich will ihm den Glanz in sein Leben zurück bringen, den Sinn. Er soll mehr Gründe haben zu leben, als seinen Sohn. Es muss mehr geben.

Captured ➸ Larry Stylinson {COMPLETED} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt