Kapitel 48

160 8 0
                                    

Auch wenn ich meiner Meinung nach etwas Pause verdient hätte, hat Hannah darauf bestanden schon mal einige Möbel auseinander zu bauen. Sie sagt, morgen bringt sie große Umzugskartons mit.

"Schaffst du es, heute alleine hier zu schlafen? Ich muss wirklich wirklich zu meiner Mutter. Wir haben uns mal wieder gezankt. Und sie ist nachtragend. Wirklich nachtragend." Sie umarmt mich und öffnet dann die Tür.

"Natürlich schaffe ich das. Hab ich ja sonst auch. Und deine Mutter will ich auch irgendwann mal kennenlernen."

"Wirst du, versprochen. Ich werde heute gleich mit ihr darüber reden. Hab dich lieb. Und pass auf dich auf, ok?" Sie drückt mir einen feuchten Kuss auf die Wange, welchen ich augenverdrehend mit dem Handrücken wegwische.

"Tschüss Hannah."

Ich schließe die Tür und drehe mich Richtung Wohnzimmer. Die Regale und Schränke haben wir heute schon geschafft. Aber die ganzen Papiere liegen nun unordentlich und unsortiert auf der Couch.

Seufzend gehe ich in die Küche und hole eine große Tragetasche aus der Kammer. Zurück im Wohnzimmer beginne ich, die Papiere wieder zur ordnen. Und so anstrengend das auch sein mag, ich bin froh darüber, mit Hannah zusammen zu ziehen. Nicht alleine zu sein, kann nicht schlecht sein.

Es werden immer mehr Stapel und so würde eine verdammte Tasche auch nicht helfen, es würde sowieso alles wieder ineinander fallen. Schnaufend stehe ich vom Boden auf und überlege, wo ich einen Ordner finden könnte. Natürlich habe ich nie selbst solche Dinger gekauft. Aber vielleicht finde ich oben welche.

Ich laufe zum Schalter für die Jalousien, lasse sie runter und trotte nach oben. Vor der Tür des Büros meines Vaters bleibe ich kurz stehen. Ich bin lange nicht mehr dort drin gewesen. Langsam drücke ich die Klinke runter und werde sofort von einem komischen Geruch begrüßt. Wahrscheinlich riecht es nun mal so, wenn man das Zimmer Jahre lang nicht gelüftet hat. Ich schalte das Licht an und laufe zum Fenster, um es zu öffnen. Durch die geschlossene Jalousie kommt zwar nur spärlich Luft, aber hoffentlich genug, damit es in den nächsten Minuten nicht mehr stinkt.

Es sieht genauso aus wie immer. Der Schreibtisch ist unordentlich, die Regale überfüllt und die alte Vitrine mit den Glastüren ist leer. Jegliche Flasche die sich darin befand leergetrunken und zerschmettert, wenn ich zu betrunken war um die Flasche richtig zu halten. Das waren Zeiten.

Ich knie mich vor den Schrank neben mir und öffne ihn. Auch da begrüßt mich das selbe Chaos, wie auf dem Schreibtisch. Aber Ordner sind es definitiv nicht. Ich schließe die Türen wieder und öffne die nächsten. Bücher über Bücher. Nur sind es keine Bücher zum lesen, sondern Bilderbücher. Ich weiß zwar, dass es nicht schlau ist, aber ich nehme mir eines in die Hand, wische den Staub an meiner Hose ab und öffne es. Das Gesicht meiner hübschen Mutter blickt mir entgegen. Sie war wirklich toll. Zwar war sie nicht einfach nach dem Tod meines Vaters, aber ich vermisse sie dennoch.

Vielleicht hätte ich ihr sagen sollen, dass ich ihr verzeihe, dass sie mir nie wirklich zu Hundert Prozent geglaubt hat, bis es zu spät war. Wahrscheinlich wäre es nicht so abgelaufen, wenn sie etwas gegen den Kerl gemacht hätte. Es ist schrecklich, aber ich kann nicht anders als meinen Eltern einen Teil der Schuld zuzuschieben. Ich hätte meiner Tochter geglaubt, wenn sie mir gesagt hätte, dass sie verfolgt wird und eine riesen Angst hat. Wie könnte ich auch nicht?

Ich blättere auf die nächste Seite und sehe meine Eltern mir entgegenstrahlen. Sie waren ein wundervolles Paar. Nie haben sie gestritten. Jedenfalls nie in meiner nähe und sonst nie etwas ernstes. Ich hatte es gut. Ich hatte es wirklich gut. Wann hat es aufgehört? Als der Kerl auftauchte und alles kaputt gemacht hat?

Und dann sind sie verschwunden und haben mich alleine gelassen. Ja, es war klar dass es passieren wird. Aber warum so früh? Ich war nicht bereit dazu. Und niemand wollte mir helfen. Der Rest der Familie existierte nicht und die anderen haben sich nicht darum gekümmert, was aus mir wird. Wie typisch für die Gesellschaft.

Ich schlage das Buch wieder zu und schmeiße es zurück in den Schrank. Dann drehe ich mich um und krabble zur anderen Seite, um den Schrank zu öffnen. Und da kommen mir ein Haufen fetter Aktenordner entgegen. Gott, konnte dieser Kerl denn nirgends Ordnung halten?

Doch klar, in seiner Vitrine. Da stand alles in perfekten Abständen nebeneinander und war immer abgestaubt.

Ich hole zwei Ordner heraus, laufe zur Tür zurück und schließe sie leise hinter mir. Unten hefte ich die Blätter ein und verstaue stattdessen die Ordner in der Tasche.

Dann höre ich, wie mein Handy Töne von sich gibt, weshalb ich in den Flur gehe, um es aus meiner Tasche zu kramen. Als ich Ryans Namen auf dem Bildschirm sehe, weiß ich erst nicht was ich tun soll. Ich hasse es, wenn anrufe so plötzlich kommen, dann kann ich mich gar nicht konzentrieren und weiß nicht was ich sagen soll. Aber trotzdem schiebe ich den grünen Hörer zur Seite und hebe das Handy ans Ohr. Es wird schon nicht schlimm werden.

"Ryan."

"Hey Blake. Alles ok bei dir? Du warst lange nicht zu erreichen und dann habe ich mir irgendwie Sorgen gemacht. Ich will nicht dass irgendwas zwischen uns steht. Es tut mir wirklich leid, dass ich gegangen bin." ich lasse mich auf die nun wieder leere Couch fallen und lehne mich zurück.

"Ich habe dir doch gesagt, dass es ok ist. Willst du vorbeikommen? Dann könnte ich dir eine Kleinigkeit erzählen." meine ich und bereue es im nächsten Moment schon wieder. Will ich ihn wirklich in meinem Haus haben? Irgendwie habe ich dabei ein komisches Gefühl. Aber naja, eigentlich mag ich ihn ja. Sehr sogar. Auch wenn ich mich kaum noch erinnern kann, wie sehr. Vielleicht nur ein kleines bisschen mehr als Du bist Ok.

"Oh wirklich? Klar, ich mache mich gleich auf den Weg."

"Gerne. Bis dann." ich lege wieder auf und schaue mich um. Hier sieht es zwar katastrophal aus, aber ist ja auch egal.

Connected - Teil 1 ||Zayn Malik ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt