.:Kapitel 69:.

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NOEL POV





Ich hatte nachdem ich eingeschult wurde mir angewöhnt, alles zu lesen was mir unter die Augen kam. Sei es Werbeplakate an den Wänden, Autokennzeichen oder Namen von Läden.

Sowie ich jetzt auch diese Schilder las, die von den an mir vorbei marschierenden Menschen, mit erzürnten Gesichtern hochgehalten wurden.

Darauf stand dick geschrieben: „Es heißt Adam und Eve, nicht Adam und Steve!" oder „Euer Weg führt ins nichts. Kehret um!" Ich verstand nichts, bis ich ein durchgestrichenes Bild von zwei Männern sah, die sich küssten.

Mein 7-jähriges ich, konnte damals nicht begreifen, was daran so schlimm sein sollte.

Im Jahre 2000 wurde hier in Mexico die Eheschließung und Adoption von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften legalisiert. Das löste einen großen Aufruhr aus und viele Menschen liefen auf die Straßen um dagegen zu protestieren.

Bevor ich noch mehr trödelte und Gefahr lief mich zu verspäten, ging ich zügig weiter und erreichte die Kirche. Hier hilft meine Granny nämlich, als Gemeindemitglied, täglich Analphabeten lesen und schreiben zu lernen. Sie zündete gerade die Kerzen, als ich aufgeregt hinter sie trat um ihr darüber zu berichten. "Granny! Granny!", quiekte ich und sie öffnete streng blickend nur ein Auge. Ich verstand sofort und machte ein Ups-Gesicht.

Zeitgleich mit ihr machte ich ein Kreuzzeichen an meine Brust betete und sagte nach meiner Granny ein: "Amen!" Sie legte die Hände in die Falten und wand sich zu mir. "Nun, was ist dein Anliegen?", fragte sie und ich hob voller Neugier die Hand Richtung Tür. "Granny! Da draußen ist irgendetwas los." Ihre Miene war unbeeindruckt als sie in die Hinterräume lief. Sofort folgte ich ihr.

"Das nennt man einen Protest", erklärte sie während sie die Materialien für ihre Schüler vorbereitete. Ich runzelte die Stirn und half ihr dabei.

"Gegen was denn?"

"Gegen gleichgeschlechtliche Liebe."

Ich schaute sie irritiert an. Alles was mit liebe zutun hatte, war in meinen Augen gut. "Was soll an Liebe schlecht sein?"

"Es ist nicht die Liebe, sondern Männer und Frauen die ihr eigenes Geschlecht bevorzugen, gegen die sie protestieren."

Ich blinzelte sie immer noch konfus an. Sie forderte mich zum sitzen auf und ich tat es. Gespannt beobachtete ich sie dabei wie sie eine Bibel aus dem Regal nahm, darin umblätterte und sie mir vorsetzte. "Noel, lies ab dieser Verse." Mein Blick fand die Stelle, worauf sie mit dem Finger zeigte und ich begann vorzulesen: "Du sollst nicht bei Knaben liegen wie beim Weibe; denn es ist ein Greuel."

Sie nickte und blickte mich an. "Es steht so geschrieben und viele gläubige benutzen dies als Leidpfaden zum Protest andere wiederum fürchten nur das, was sie nicht kennen."

"Granny, du bist auch gläubig! Warum läufst du nicht mit ihnen?" Meine Granny schmunzelte nur und setzte sich gegenüber von mir. "Die Bibel sagt auch: "Achtet alle Menschen. Ich habe nichts gegen Homosexuelle als Menschen, ich lehne nur ihr Verhalten ab. Aber ich respektiere sie und verlange auch, dass sie es mit meiner Entscheidung tun. Ich finde es eher Ungerecht, dass sie deswegen auf die Straße gehen, es gibt viele Sünden wogegen man die Augen verschließt und akzeptiert. Es ist eher heuchlerisch, dann müssten sie gegen alles vorgehen und nicht nur speziell das. Es ist lächerlich."

Ich stützte den Kopf auf die Hände. "Also würdest du mich noch lieb haben, wenn ich so wäre?", fragte ich neugierig und sie hielt inne. Dann fing sie an zu schmunzeln. "Was denkst du denn? Deine Mutter tat weitaus schlimmeres und ich liebe sie trotzdem." Ein lächeln umspielte meine Lippen. Obwohl ich damals nicht wusste, dass diese harmlose Frage meine Zukunft zeigen würde machte sich ein wohliges Gefühl in mir breit.

1. Straight but obsessed by him (boyxboy) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt