1. Straight but obsessed by him (boyxboy)

.:Kapitel 93:.

►NOEL POV◄

Ungeduldig trommele ich mit den Fingerkuppen auf den braunen Antiken Schminktisch und beginne mit dem Vorgang, den ich schon alle 5 Minuten wiederholte. Erst schiele ich durch den Spiegel zur Tür hinter mir, dann zu der markant tickenden Standuhr gegenüber, deren verblichene Ziffern einfach nicht voran wollten, und letztendlich wandert mein Blick auf mein Handy. Somit wären wir wieder beim Schminktisch angelangt.

Währenddessen immer noch keine Spur von Eugene in Sicht. Jetzt reicht's. Noch bevor ich meine Gedanken in Taten umsetzen kann, schnappt Camille mir mein Handy vor der Nase weg und schüttelt seufzend den Kopf, sodass die lange Pfauenfeder auf ihrem Riesenhut wild tänzelte.

"Darling, es ist gerade mal eine halbe Stunde her, das du mit diesem wie sagtest du noch gleich, Biker Bäcker gesprochen hast. Er ist wahrscheinlich auf dem Weg." Bestimmend legt sie das Handy wieder weg und hält sich mit den Händen, an den Enden ihres Maßbandes fest, das ihr um den Hals hängt.

"Ich stimme unserer teuren Cam voll und ganz zu", ergänzt Giuseppe und entlädt, eine großzügige Menge an Haarspray auf meine Haare. An die chemische Wolke schon gewöhnt, verschränke ich schmollend die Arme vor der Brust, lehne mich in den Polstersessel zurück und lege ein Bein auf das andere.

Dabei entblößen sich, durch den Schlitz des seiden Bademantels, meine Beine und die reizenden Unterwäsche die ich trage. Es stört mich aber keinesfalls, eher wippe ich desinteressiert mit dem Fuß und mein Pantoffel schlägt laut gegen meine Ferse. "Ihr versteht das nicht. Ich kann ohne Trauzeugen nicht heiraten!"

"Natürlich kannst du das mon amour. Haben wir schließlich auch. Mhmm", schürzt sich Pierre die Lippen und fordert mich damit auf ihm gleichzutun. Ich gehorche und spitze sie zusammen. Mit dem feinen Lippenpinsel trägt er mir eine Rosenholz Farbe auf. "Und wenn wir das vor 25 Jahren, in einer Elvis Kapelle, gekleidet in einem I love Las Vegas Shirt hinbekommen haben, dann schaffst du es allemal", grinst Giuseppe und lehnt sich vor damit Pierre ihm ein Kuss auf den Mund setzen kann.

"Jelly! Das war aber eine spontane Hochzeit. Meine ist geplant und zu einer geplanten Hochzeit gehört auch ein Trauzeuge meiner Wahl." Die drei tauschen, nach meinen Worten, untereinander Blicke aus, bis Pierre wieder zum reden ansetzt: "Ich werde das Gefühl nicht los, dass es um Knopfauge geht."

Einen kurzen Augenblick stolpert mein Herz.

"Ah! Wieso sollte es um Connor gehen? Ich meine, dass er lieber auf einem Selbstfindungstrip in Afrika rumschippert, anstatt mein Trauzeuge zu sein, trage ich ihm so was von nicht nach. Jelly! Obwohl er heute nicht einmal angerufen oder geschrieben hat, bin ich total entspannt. Da hoffe ich, dass wenigstens Eugene erscheint", lächle ich aufgesetzt und lege dabei den Kopf schief.

"Mi amor...", beginnt Pierre einfühlsam, doch ich schneide ihm das Wort ab, indem ich aufstehe. "Ich sollte mich jetzt lieber anziehen. Cam?", schaue ich sie bittend an und sie folgt mir hinter den Paravent. Wirklich! Ich bin nicht sauer. Gaaanz und gar nicht.

Nach ein paar Minuten höre ich plötzlich, wie sich die Tür öffnet und eine hektische Stimme erklingt: "Noel? Bitte Entschuldige die Verspätung." Cam knöpft gerade noch den letzten Knopf zu, als ich erleichtert hinter den Paravent hervoreile. "Jelly! Eugene da bist du ja!" Eugene, der schon ganz adrett in seinem Himmelsblauen Smoking steckt, starrt mich mit geweiteten Augen und offenem Mund an. Ich runzle etwas verwundert die Stirn. "Wow! Noel? Bist du das?"

Durch meine besorgten Gedanken, die die ganze Zeit in meinem Kopf rumspuckten, hatte ich es vollkommen ausgeblendet. Langsam gleitet mein Blick zum altmodischen Standspiegel neben ihm und es verschlägt mir den Atem. Da ist sie wieder und blinzelt sichtlich die aufsteigenden Tränen weg. Ihren Körper hat schon so einiges geschmückt, doch noch nie sah sie so rein und vollkommen aus, wie in diesem Traum aus weiß.