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Sie saß nun schon eine ganze Weile vor dem leeren Pergament. Den Kopf auf die linke Hand stützend, die Feder zwischen ihren Rechten Fingern drehend. Ihr Blick stierte auf das Pergament, als würde sie es zu Staub zerfallen lassen wollen.

"Hi Mine, ist alles in Ordnung?" Ginny hatte das Zimmer betreten. Sie kam auf Hermine zu und beugte sich über sie. Ihr Blick fiel ebenso auf das Pergament. "Wem schreibst'n da?" "Ron." brummte Hermine eintönig. Sie hatte nicht die geringste Lust mit Jemandem zu reden, nicht jetzt.

Es fiel ihr schwerer als gedacht, Ron zu erklären, dass Schluss war. Mit einem einfachen 'Es ist aus' war die Sache neunmal nicht abgetan. Sie musste erklären, ihre Gefühle erklären. Aber konnte sie das? Wusste sie momentan überhaupt wie sie sich fühlte?

Betrogen, enttäuscht- nein. Das waren die falschen Emotionen. Es waren die, die zu Malfoy gehörten.
Allein die Tatsache, dass Malfoy es mal wieder geschafft hatte an ihrer psychischen Stabilität zu rütteln, ließ sie sich mental die Haare raufen.

"Machst du jetzt wirklich Schluss? Sind es dann wirklich alle von uns vier die verlassen sind?" "Scheint so." murmelte Hermine betrübt.

Ginny schien kein Interesse zu haben ihr etwas unter die Arme zu greifen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass es ihr selbst nicht gerade gut ging. Das merkte man an allem was sie tat.

Sie wirkte viel lustloser, unkonzentrierter als sonst. Sie hatte aufgehört 'die taffe, draufgängerische Weasley' zu sein. Sie war zurückgefallen. Weit zurück.
Hermine mochte es ganz und gar nicht, ihre beste Freundin so zu sehen. Etwas musste ihr einfallen, wie sie ihr Selbstvertrauen wieder aufbauen konnte- doch was?

"Anthony Goldstein möchte was von dir. Er wartet vor'm Porträt." "Sag das bloß nicht zu früh, Gin!" grinste Hermine sarkastisch, und verließ eilig das Zimmer.

"Da bist du ja!" "Sorry, Ginny hielt es für etwas nebensächlich dich zu erwähnen." Anthony grinste, "wie reizend."

"Also, was liegt an?" Hermine und Anthony schlenderten Richtung der großen Halle. Es war bereits Zeit für's Abendessen.

"Hannah Abbott und ich haben ein neues Treffen für morgen Abend organisiert. Wir werden schauen wie fit wir alle in Quidditch sind, wegen unserem Freizeitprogramm." Hermine schluckte.

Es war nun drei Tage her, dass Malfoy beinahe Scorpius' Vater umgebracht hatte. Seitdem war sie ihm bestmöglich aus dem Weg gegangen. Zwar war ihr auch das Gefühl gekommen, er würde sich kaum noch zum Essen oder sonstigen Terminen blicken lassen, doch legte sie darauf eher wenig wert. Sie sollte sich nicht um ihn kümmern, nicht mehr. Er war derselbe Mensch wie damals, und deshalb Jemand, um den sich Hermine nicht scheren sollte.

"Okay, klar. Wann denn?" "Viertel vor Acht, unten an Stadion." Hermine nickte und begab sich zu ihrem Haustisch.

"Abend Hermine!" Dean lächelte sie an. Freundlich nickte sie zurück und setzte sich zu ihm. "Schönen Tag gehabt?" "Wie man's nimmt." feixte Hermine.

Zu einem weiteren Gespräch kam es jedoch nicht. Denn Hermines Blick fiel auf den großen Eingang der Halle. Durch diesen trat zum ersten Mal nach zwei Tagen der große, blonde Slytherin.
Hermine hatte damit gerechnet, dass er tiefe Augenringe hat, und verwuschelte Haare, da er kaum Schlaf bekam vor Schuldgefühlen.
Doch nichts da.

Seine Schuluniform saß perfekt, genauso wie seine Haare. Seine unverkennbar blasse Haut war auch unter den Augen kaum dunkler als sonst. Seine Augen musterten keinen Moment die anderen Tafeln. Den einzigen Blick den er fing war der von Astoria Greengrass.
Sie lächelte ihm zu, woraufhin er ihr ein leichtes Nicken schenkte.

Wie ein Adeliger ließ er sich neben Pansy auf die Bank fallen, ehe er begann wie jeder normale Mensch zu essen.

Sprachlos wandte sich Hermine wieder ihrem Teller zu. Ihr war der Appetit redlich vergangen, weshalb sie einfach noch ein paar Minuten so da saß, und ins leere stierte.

Es war seine erste richtige Mahlzeit seit Tagen, und doch schmeckte sie wie eh und je.
Die letzten zwei Tage hatte er sich mit verärgerten, und doch schuldbewussten Gefühlen umher schlagen müssen. Es war unangenehm sich selbst eingestehen zu müssen, dass man Schuldgefühle entwickeln konnte. Doch er hatte sie gehabt, sie jedoch auch erfolgreich verdrängt.
Draco hatte weder mit Granger, noch mit Scorpius gesprochen. Viel mehr hatte er sich in der Bibliothek verschanzt, gerade dann wenn die anderen beim Essen waren, und hatte zu der Schlacht in Hogwarts recherchiert.

Doch jetzt, wo das Wochenende vorbei war musste er sich langsam wieder blicken lassen. Es war merkwürdig all seine Hauskameraden wieder zu sehen, doch es war auch so, als wäre er keine kompletten zwei Tage fort gewesen.

Doch auch wenn man jetzt denken könnte, er hätte sich in den 48 Stunden komplett gehen lassen, läge man falsch. Er hatte sich stets richtig angezogen, sowie auch genug geschlafen und seine Haare ordentlich gepflegt. Weshalb?
Nun ja, es wäre ziemlich rufschädigend würde die Außenwelt auch nur einen Schimmer seines inneren Zustandes sehen. Wieso also fallen lassen, wenn es nichts schlimmes war? Damals hätte er nicht mal mit der Wimper gezuckt, hätte Granger ihm Vorwürfe gemacht. Doch ihre Angst, er würde sie anfassen, hatte in ihm etwas bewegt. Etwas, was noch nie Jemand bewegen konnte, geschweige denn wusste, dass es dort etwas zu bewegen gab.
Granger hatte in der Tat einen neuen Punkt seines 'Ich's' freigelegt. Doch wusste er auch, dass er das ganz und gar nicht begrüßte.
Er musste aufhören zu versuchen dieses Schuljahr ohne Feinde verbringen zu können. Das Leben war leichter mit Feinden, das war ihm klar.

Niemand kommt an dich ran, Niemand nagt an deinem Stolz. Du bist deine eigene Mauer gegen alles andere. Draco selbst hatte sich mit dieser Mauer in sich selbst längst abgefunden.

Mit müden Augen ließ Hermine die Feder aus ihrer Hand gleiten. Es war nun schon der zweite Versuch wenigstens einen Satz aufzuschreiben, doch ihr Kopf schaltete auf stur. Ihr fielen weder richtige Begriffe ein, noch richtige Gründe für ihre Entscheidung.

"Ich muss meinen Kopf frei kriegen.." flüsterte die Brünette zu sich selbst, und knipste das Nachtlicht aus, ehe sie im Dunkeln der Nacht den Gryffindor Turm in Richtung der Bibliothek verließ..

the stupid, the proud | DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt