Lucy
Gemeinsam liefen wir die vielen Treppen hinunter bis zum Vorplatz, dann zum Gästehaus, doch als ich schon die Stufen zum Flur hinaufspringen wollte, hielt Kili mich zurück und zog mich hinter sich her um den Bau herum. Dahinter eröffnete sich uns der Blick auf einen kleinen Pavillon, der, umgeben von steinalten Bäumen, ein diffuses Licht in den Garten von Imladris warf. Gelächter drang daraus hervor.
Ich grinste meinen Begleiter von der Seite an. „Was soll das denn werden, wenn es fertig ist?"
„Na, die Überraschung.", gab er schelmisch zurück und steuerte in den Garten.
Als wir den Pavillon betraten, erhoben sich plötzlich um uns herum Stimmen. Alle johlten, klatschten und prosteten uns entgegen. Obwohl es hier drin sehr dämmerig war, erkannte ich, dass unsere ganze Reisetruppe anwesend sein musste und sich anscheinend schon köstlich amüsierte.
Fragend drehte ich mich zu Kili um, der mir sogleich ein Weinglas in die Hand drückte.
„Wir feiern, dass es dir wieder besser geht.", erklärte er lächelnd.
„Genau, und dass wir mit euch so weit gekommen sind, trotz der Verluste und dem Umstand, dass wir noch gar nicht wieder daheim sind." Fili war aus den Leuten aufgetaucht wie ein Geist, Manila im Schlepptau.
„Aber vor allem ist es deine „Genesungsparty"!" Meine Freundin malte mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft und grinste zufrieden.
Sprachlos stierte ich meinen Gefährten entgegen.
„Ihr ... ihr habt das nur für mich organisiert? Oh, das ist so ... süß!" Ein passenderes Wort fiel mir in diesem Moment vor Rührung gar nicht ein.
„Natürlich ist es für dich! Du bist uns neulich beinahe draufgegangen und jetzt befindest du dich wieder auf dem Weg der Besserung, das ist doch Grund genug, um zu feiern, oder?" Manila lachte ausgelassen.
„Oh Mann. Ihr seid echt die besten Freunde, die man sich wünschen kann!" Ich strahlte den Dreien entgegen.
„Bedank dich bei Manila.", winkte Fili bescheiden ab. „Es war ihre Idee."
„Jaja. Aber ihr habt Herrn Elrond geprügelt, dass wir diesen Pavillon kriegen, das ganze Essen angeschleppt, die anderen eingeweiht..." Manila zählte die Mithilfe der Zwerge an ihren Fingern ab. „...oh, und ihr habt natürlich dafür gesorgt, dass ich mich nicht verplappere!" Sie grinste reuevoll.
„Das war auch bitter nötig!", schoss Kili zurück.
Doch bevor die beiden sich wieder in den Haaren lagen, umarmte ich sie alle schnell und dankte ihnen noch einmal überschwänglich für ihre Mühen.
Mir einfach mal so aus heiterem Himmel eine Überraschungsparty zu widmen. Das hätte ich ihnen gar nicht zugetraut. Sie waren eben wirkliche Freunde...Wenig später saß ich zufrieden auf einer Couch, sah Manila zu, wie sie zum Gefiedel der Zwerge tanzte und bemühte mich, nicht noch ein Glas von dem süchtig machenden Wein zu trinken. Meine körperliche Verfassung ärgerte mich einmal mehr. Ich hatte auch versucht, zu tanzen, musste aber bald feststellen, dass ich dazu keineswegs schon wieder fit genug war.
Nach einer Weile ließ sich der Jüngere der beiden Zwergenbrüder mit einem Humpen neben mir auf das Sofa plumpsen.
„Und, gefällt es dir? Amüsierst du dich?", fragte er etwas unsicher.
„Oh, ja, natürlich, es ist wunderbar.", beteuerte ich schnell. „Ich kann nur nicht viel mehr machen, als hier sitzen und mich mit den anderen unterhalten. Mehr schaffe ich noch nicht wieder."
„Diese Vergiftung hat dir ganz schön zugesetzt..." Kili klang besorgt und ich nickte.
„Ich fühle mich, als wäre ich plötzlich uralt geworden.", schimpfte ich drauflos. „Nichts kann ich machen, ohne dass es mich sofort aus der Bahn wirft und ich mich ausruhen muss. Ich bin so neben der Spur, als hätte ich eine Woche lang weder geschlafen noch gegessen. Ehrlich gesagt bereitet mir das ziemliche Sorgen. Wir werden nicht ewig hier bleiben, aber wie soll ich bitte unter diesen Umständen den ganzen Tag laufen können?"
Ich zog den Kopf ein, als ich registrierte, dass ich schon wieder anfing zu jammern. Dämlicher Wein! Und dämliche Vergiftung! In letzter Zeit hatte ich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle, was da an Worten aus meinem Mund quoll. Ständig war ich dabei, jemand anders mit meinen Problemen voll zu heulen.
Herrgott nochmal! Das musste wirklich aufhören, sonst hielten mich hier bald alle für einen krankheitsbedingten Jammerlappen.
„Zerbrich dir nicht den Kopf, Lúthien.", beruhigte Kili mich. Dem Himmel sei Dank, dass er so geduldig mit mir war!
„Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als noch ein bisschen hier zu verweilen. Falls Herr Elrond uns wirklich bei der Suche nach Ethan helfen wird, müssen wir warten, bis sein Suchtrupp zurückkehrt, um unseren Gefährten zu begraben. In dieser Zeit können wir etwas unternehmen, was dich nicht zu sehr belastet, dir aber hilft, deine Ausdauer wieder zu erlangen. Wie wäre es mit ausreiten? Herr Elrond leiht uns sicher ein paar Pferde..."
„Du hast Recht. Reiten klingt gut!", stimmte ich lächelnd zu.
„Siehst du. Wir kriegen das schon wieder hin. Und jetzt lass uns an etwas anderes denken. Wir sind auf einem Fest, das ist nicht zum traurig sein da. Prost!" Lachend stießen wir die Bierpötte aneinander.
Der Abend schritt voran und mit zunehmendem Alkoholpegel wurde auch die Stimmung immer ausgelassener. Einige Männer unserer Truppe waren dumm genug, die Zwerge zu einem Trinkspiel herauszufordern. Nach fünf Gläsern Wein lagen sie allesamt unter den Tischen, während Fili und Kili immer noch mit dem Geschirr jonglieren konnten, ohne dass etwas zu Bruch ging.
Manila und ich lachten laut, während wir ihnen dabei zusahen. Die Elben hätten sicher die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wenn sie unsere Feier gesehen hätten. „Unzivilisierter Krach" eben, wie es die Auenlandbewohner so schön auf den Punkt brachten, doch es machte einen Heidenspaß.
Ich weiß nicht, wie lange wir noch zechten, aber irgendwann fand ich mich schließlich in meinem Bett wieder. Es war so spät, dass ich noch nicht einmal träumte in dieser Nacht.
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Ardatravel - Die Reise nach Mittelerde
FanficLucy ist siebenundzwanzig, Individualistin und der leidenschaftlichste Tolkien-Fan der Gegend, doch sie findet ihr Leben sterbenslangweilig und sehnt sich nach einem echten Abenteuer. Bei ihrer erfolglosen Suche nach der perfekten Reise landet sie a...