Alternativende/Zusatzkapitel - Ein neues Abenteuer beginnt...

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10 Monate später

Lucy

Ungeduldig warf ich einen Blick auf die Uhr. Herrje, zählten die Franzosen eigentlich auch zu den Völkern, denen man nachsagte, dass sie auf Pünktlichkeit nicht besonders viel Wert legten? Oder las die wehrte Madame Manila die Potsdamer Straßenkarte mal wieder verkehrt herum? So schwer war mein Mietshaus ja nun wirklich nicht zu finden.
Grinsend ließ ich mich auf dem Umzugskarton nieder, der neben dem Weihnachtsbaum stand, drapierte die Geschenke für meine Eltern und meine beste Freundin etwas hübscher und summte fröhlich ein zwergisches Trinklied vor mich hin.
Ich freute mich wirklich, denn ich hatte Manila lange nicht mehr gesehen. Seit wir aus Mittelerde zurückgekehrt waren, hatten wir uns nur zweimal gegenseitig besuchen können.
Ja, wir waren wirklich zurückgekehrt, auch wenn uns die Entscheidung unendlich schwer gefallen war. Grundlos hatten wir sie natürlich nicht gefällt. Ein paar Tage, nachdem das Ardatravel-Flugzeug gestartet war, gab es unter dem Einsamen Berg einen mächtigen Familienkrach, weil Thorin herausgefunden hatte, dass Manilas Zurückbleiben in Mittelerde geplant und seine beiden Neffen daran beteiligt gewesen waren. Die Beiden gaben dann alles zu und Kili machte auch gleich reinen Tisch und erzählte Thorin von unserer Beziehung, was den Zwergenkönig letztendlich zur Weißglut trieb. Glücklicherweise durften wir uns weiterhin sehen. Ich glaube, dass letztendlich nur die Nachricht, dass sein Neffe ein Verhältnis mit einer Menschenfrau aus einer anderen Welt führte, Thorin erschreckt hatte. Ansonsten zeigte er sich aber Manila und mir gegenüber recht gütig, denn uns standen alle Annehmlichkeiten des zwergischen Lebens offen.
Letztlich war Ardatravel daran schuld, dass wir gehen mussten, denn nachdem ich vollends geheilt war, begann die Reisegesellschaft, uns immer mehr Druck zu machen, dass wir endlich heim fliegen mussten. Die Zwergenbrüder wollten dagegen vorgehen, aber wir merkten bald, dass es wohl das Beste wäre, wenn wir wirklich in unsere Welt zurückkehren und unsere Familien wiedersehen würden.
Wenn ich heute an den Abschied zurückdachte, war die Melancholie, die wir damals gespürt hatten, immer noch zum Greifen nahe. Ich war eine Zeit lang mit Kili glücklich gewesen, doch bevor ich ging, erklärte ich ihm, dass wir so natürlich nicht zusammen weiterleben konnten. Ich hoffte so sehr für ihn, dass er eine wunderbare Zwergin finden und heiraten würde, er hatte es wirklich verdient.
„Versprich mir trotz allem, dass dies nicht unser letztes Aufeinandertreffen ist!", sagte er beim Abschied und ich hab es ihm versprochen. Ja, tatsächlich!
Für uns stellte sich nämlich heraus, dass gute „Connections" zum Zwergenkönig überaus vorteilhaft sein konnten, denn seine Neffen lagen ihm so lange auf den Ohren, bis er ein paar Leute der Reisegesellschaft vorlud und mit ihnen einen Vertrag aushandelte, durch den Manila und ich jeden Sommer zwei Monate in Mittelerde verbringen duften.
Schon nächstes Jahr würden wir uns also wiedersehen.

Ich hob den Kopf, als mein Handy piepste und angelte es aus der Hosentasche. Ein Lächeln huschte mir über's Gesicht, als ich die französische SMS las:

Eure Taxifahrer sind wirklich etwas unterbelichtet. Ich musste ihm aufschreiben, wo ich hinwill, vorher hat er es nicht verstanden. Bin in fünf Minuten da. Bis gleich!

M

Ich grinste und stellte mir vor, wie Manila mit ihrem französischen Akzent versuchte, den Namen meiner Straße auszusprechen und der Taxifahrer daran scheiterte.
Hoffentlich würde mir das in Frankreich nicht auch passieren...
Ja, eine Sache war da noch, eine Sache, die mich seit einigen Monaten dazu anhielt, mein Schulfranzösisch aufzubessern. Ich hatte beschlossen, zu Manila in die Bretagne zu ziehen, denn irgendwie hielt mich nichts mehr in Potsdam. Ich sehnte mich nach Abenteuern, Natur und vor allem aber nach meiner Seelenschwester und all das konnte mir Brandenburgs Hauptstadt irgendwie nicht bieten.
Heute würde ich noch mit meiner Familie und Manila gemütlich Weihnachten in meiner leeren Wohnung feiern und ab morgen würde dann ein neues Abenteuer beginnen. Schon morgen Nacht würde ich in einer echten französischen Burg schlafen und wohnen. Ich war wirklich gespannt.
Und als ich gerade mein in Geschenkpapier eingewickeltes Reisetagebuch unter dem Baum zurechtschob, klingelte es endlich an der Tür.

Ardatravel - Die Reise nach MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt