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Hört das Lied <3}
P.o.V. Patrick

"Hey.. Schatz. Du bist wach. Das ist schön." Ich presste mir eine Hand auf den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Verwirrt blickte mich Manu an, griff schwach nach meiner Hand, ich verschränkte unsere Finger. Er verstand nicht, was los war. Nicht wirklich. Er war voller Medizin und Morphium, was aber abgeschaltet wurde, nach meiner Bitte. "Hey. Ich liebe dich, okay?" Wisperte ich und eine Träne rollte über meine Wange, weitere folgten. Es war spät abends, so gegen dreiundzwanzig Uhr, seit fünf Stunden saß ich hier und wartete, mich von meinem Mann verabschieden zu können. Er hatte geschlafen, das Piepen des Messers hatte es mir bestätigt. Sanft legte ich meine Hand, welche nicht mit der Manuels verschränkt war, auf sein Herz und spürte es parallel zu dem 'Biep, Biep, Biep'  schlagen. Ich wollte seinen Herzschlag so lange wie möglich spüren. "Manu, die Ärzte haben es mir gesagt." Weinte ich und langsam schlossen sich seine Augen, er mühte sich damit ab, sie offen zu halten. "Hörst du mich, Schatz? Sie haben mir gesagt, wieviel Zeit du noch hast. Es ist viel zu wenig. Es.."
Es klopfte an der Tür und zögerlich traten Manus Eltern ein. Seine Mutter wurde schon längst von Schluchzern geschüttelt, die Augen seines Vaters glänzten verdächtig. Respektvoll stand ich auf, wollte gehen - die nächsten Momente waren Familiensache. Aber sein Vater hielt mich nur auf, zog mich in eine starke Umarmung - er brauchte das gerade selber. Und ich, ich erwiederte kurz und wir lösten uns schnell wieder. "Du gehörst mit zur Familie, bleib." Schwach lächelte seine Mutter und plötzlich traten alle Familienmitglieder ein, die irgendwie kommen konnten - seine Schwester, seine Brüder. Alle hatte ich noch nicht wirklich kennengelernt. Traurig, dass es unter diesen Umständen sein musste.

Nach zwei Stunden gingen sie, ich war wieder alleine mit meinem Mann und erneut kamen mir die Tränen. "Hey, Manu. Ich denke, du bist wach und hörst mich. Ich hoffe es." Sanft verschränkte ich unsere Finger, er erwiederte den Druck. Er war wach, Gott sei Dank. "Manu, sie alle waren da. Felix, Sebastian, deine Eltern, deine Geschwister. Jeder, der in der Nähe war. Du hast das meiste verschlafen und.. ich.. ich.. oh Gott." Schnell griff ich nach einem Taschentuch, putzte meine Nase, atmete tief durch. Es war fünf Uhr morgens, die Müdigkeit zog an mir, aber ich blieb wach. Für ihn. "Ich.. es.. Manu, ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt. Es waren ein paar läppische Jahre, es war viel zu wenig." Schwach und zitternd öffneten sich seine Augen, er blickte zu mir, mit seinen wundervollen Augen. "Manu, du brauchst keine Angst haben, okay? Dir... Dir wird es dann besser gehen, wirklich. Es ist für uns alle okay. Wir wissen, dass du nicht mehr kannst. Wir lieben dich alle, Manuel, hörst du mich? Du kannst gehen, wenn du willst. Wir lieben dich, ich liebe dich." Eine einzelne Träne rollte über Manus Wange, er weinte. Es tat mir weh, ihn so zu sehen. Ihn leiden zu sehen, es tat so weh. "Ich werde dich immer lieben, okay? Ich komme dann zu dir. Irgendwann. Ich wünschte so sehr, wir hätten mehr Zeit gehabt. Wirklich. Wir hätten so viel machen können. Um die Welt reisen, Bekanntschaften machen. Kinder adoptieren. Das ist ein schöner Gedanke, nicht? Aber in einem anderen Leben, okay? Wir schaffen das. Nur bitte... Quäle dich nicht. Ich liebe dich so sehr, bitte merke es dir. Ich liebe dich so sehr, dass es weh tut." Redete ich mir alles von der Seele, strich ihm durch die Haare, über die Wange. Sanft beugte ich mich über ihn, blickte ihm in die Augen. "Ein letztes Mal, mein Ehemann, okay?" Zärtlich legte ich meine Lippen auf seine, ein letztes Mal. Schmetterlinge breiteten in meinem Bauch ihre zarten Flügel aus, ich genoss es. Schwach erwiederte er, aber schnell löste ich mich.
"Oh Gott." Immer mehr wurde ich von Schluchzern geschüttelt. "Manuel Büttinger, ich liebe dich über alles, okay? Ich liebe dich." Seine grünen Augen begannen zu funkeln, seine blassen Lippen verzogen sich zum letzten Mal zu einem Lächeln. Es tat so weh. Meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, mein Herz wollte ihn nicht gehen lassen.  "Schließ die Augen, Schatz." Wisperte ich und verschränkte unsere Finger. "Gute Reise. Wir sehen uns, irgendwann. Ich liebe dich."
Er erwiederte den Druck schwach, seine Brust hob und senkte sich. Es wurde ruhig im Raum, nur mein gelegentliches Schluchzen und sein schwaches Atmen und dieses grässliche, grausame Piepen war zu hören. 'Piep, Piep, Piep'. Er atmete. Noch. 'Piep, piep, piep.' es wurde langsamer, seine Brust hob und senkte sich kaum. 'Piep, piep, pieeeeep.' Er atmete nicht mehr, seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht ausdruckslos. "Gute Reise..." Hauchte ich, dann brach ich in Tränen aus und sackte auf dem Stuhl zusammen, während ein unvorstellbarer Schmerz sich in mir breit machte. Gute Reise...

{804 Wörter}
💙. Gute Nacht.
Rosenlicht.

Immergrün | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt