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P.o.V. Palle
Manu kam nicht ins Bett. Seit einer halben Stunde lag ich jetzt schon bibbernd in seinem Bett, wollte Wärme. Menschliche Wärme. Wärme von einem Menschen, den ich liebte. Nach fünf weiteren Minuten setzte ich mich auf, die Decke um mich geschlungen. Wo blieb er nur?
Kein Laut kam aus seinem Zimmer - das Licht schien unter dem Türspalt hindurch, war gedämmt. War er etwa noch am Computer?
Leise stand ich auf und tapste zu der Tür, stieß sie leicht auf und erschrak.

Da saß Manuel, mit mit Tränen benetzten Wangen und starrte paralysiert auf den Bildschirm. Das bläuliche Licht ließ ihn wie einen Geist erscheinen und er zitterte leicht. "M-manu?" Meine Stimme klang heiser, war leise, doch er hörte mich trotzdem. "Patrick... Geh' ins Bett."
Seine Stimme war rau und er drehte sich zu mir um. "Bitte." Seine Stimme war nur ein Hauchen und die Worte kamen nur stockend von seinen Lippen. "Manu... Bitte... Was ist los?" Langsam drehte er sich um, blickte mich erschöpft an. Doch in seinem Kopf schien es zu rattern, er überlegte.
Gefühlte Jahre stand ich da und betrachtete ihn, wie er in seinen Gedanken versunken war. Ein einziges Wort durchbrach dann schließlich doch die Stille. "Nichts." Im selben Atemzug drehte er sich um und schloss das geöffnete Programm, fuhr den Computer herunter und stand auf, zog mich ins Schlafzimmer. "Komm. Schlafen..."

In den nächsten zwei Wochen fiel mir immer öfters sein Verhalten auf. Er war nervös, blieb oft Stunden alleine in seinem Aufnahmezimmer und ging selten raus. Er wurde zunehmend blasser und wenn es so weiter ginge, würde er in's Untergewicht fallen. Auch Augenringe ließen sich auf seinem Gesicht erkennen.
Ihm ging es eindeutig nicht gut.
Zuerst dachte ich, ich hätte ihn angesteckt, aber als ich ihn einmal abends schluchzen hörte, wusste ich, dass dem nicht so war.

"Manuel Büttinger! Du sagst mir jetzt sofort was los ist!" Eigentlich wollte ich gerade ins Bett gehen, hatte bereits eine Jogginghose und einen Hoodie an, aber Manu hielt mich davon ab. Hektisch wischte er seine Tränen weg, drehte sich um, aber ich wusste, dass er geweint hatte. "Palle... Nix ist los..." "Und deshalb weinst du. Bitte, Manu, ich mache mir total Sorgen..." Meine Gesichtszüge wurden weich und ich setzte mich zu ihm auf's Sofa, schielte auf den Laptop, der vor ihm war. Skype war geöffnet und man sah ein Bild von ihm, wie er geradeaus blickte. "Was zum-" hauchte ich und Manu fing wieder an zu weinen. "Es... Es ist ein Screenshot. Z-zombey... Er hat einen gemacht. Und jetzt... Jetzt droht er mir. Ich weiß nicht, wieso, er fordert auch nichts, a-aber täglich kommen Bilder von m-mir. Und Beleidigungen. Ich... Ich will das nicht, Palle!" Entsetzt blickte ich ihn an. Das war es also. Das machte ihm seit ein paar Tagen Sorgen. Zombey war es. Ich hatte nie gedacht, dass er so etwas tun würde. "So ein Arschloch" hauchte ich und Manu wimmerte. "Manu. Bitte. Schau mich an." Seine Augen waren von Tränen gefüllt und immer wieder blinzelte er. "Manu. Wir kriegen das hin, okay? Er kommt nicht einfach so davon..." Doch er schüttelte den Kopf, nickte danach. "Patrick... Ich weiß es nicht. Er... Er könnte sie veröffentlichen. Er bedroht mich, uns. Ich weiß nicht, was er will, aber es wird nicht wenig sein. Ich... Ich habe Angst..."

Zum ersten Mal in unserer Beziehung nahm ich Manu in den Arm, um ihn zu trösten. Ein Heulkrampf schüttelte ihn, er brach zusammen. Und mit seinem Trauer kam Wut, unglaubliche. Bestimmt eine Stunde lang tröstete ich ihn, und er weinte. Schrie, brüllte, schluchzte. Noch nie hatte ich meinen Freund so aufgelöst gesehen und das tat unglaublich weh.

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614 Wörter
Uuh, da ist der erste wichtige Knackpunkt der Geschichte, der zweite kommt in den nächsten Kapiteln~🌚
Grüße vom Mars✌
Rosenlicht

Immergrün | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt