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P.o.V. Manu

"Herr Büttinger? Herr Meyer wartet an der Rezeption." Nervös nickte ich Herrn Brandl zu, stand auf und nahm meine Tasche, die sich im Laufe des Monats offenbar immer mehr gefüllt hatte. Ich hatte von all dem nichts mitbekommen, ich könnte nicht sagen, ob ich zwei Tage in diesem Zimmer war, oder eine Woche, oder sechs Tage. Es war irgendwie immer das Gleiche gewesen - aufwachen, fernsehen, ab und zu mal eine Untersuchung. Patrick war selten da, ab und zu hatte er neben mir gesessen und oft geweint. Er sollte meiner Meinung nach nicht weinen - in der Zeit, die wir noch hatten (ehrlich gesagt wusste ich nicht, wie viel Zeit ich noch hatte, die Ärzte und Krankenschwestern gingen der Frage meistens aus dem Weg), sollte er lachen, wie er es früher tat. Er war mir zu ernst geworden. Ich wollte wieder sein Lächeln sehen.

(...)

"Patrick, wir müssen reden." Überrascht blickte mein Verlobter auf und ungeduldig tippte ich gegen die Wand. "Über?" Er stand auf und wir gingen ins Wohnzimmer, wir setzten uns.
"Ich war jetzt einen Monat im Krankenhaus..." Begann ich und suchte ernst seinen Blick. Seine Augen waren dunkel, dunkler als sonst und er wirkte unglaublich erschöpft. "Und die Ärzte haben mit dir sicherlich mehr geredet als mit mir. Also... Was haben sie dir alles gesagt?" Erst einmal musste ich alles wissen. Patricks Finger zitterten und er griff nach einer Wasserflasche, trank einen Schluck. "Nun ja.. sie.. haben den.. den Krebs untersucht, wie schnell er sich verbreitet. Ich mache es kurz, okay?" Schon wieder füllten sich seine Augen mit Tränen, schon wieder zitterte seine Unterlippe. Er wich meinem Blick aus, bevor er seinen Mund öffnete. "Du hast noch ein Dreivierteljahr..."
Ein Dreivierteljahr. Hier, mit ihm. "Das kann nicht wahr sein.." hauchte ich. "Patrick. Ich liebe dich über alles, weißt du das? Mehr als alles andere und es tut mir so unglaublich leid. Du hast etwas besseres, jemand besseren verdient.
Patrick.. Willst du wirklich an meiner Seite bleiben, willst du mich wirklich heiraten?"
Mein Herz knackte bei diesen Worten, aber es musste so sein. Ich konnte ihn nicht zerstören, nicht weiter, nicht noch mehr.
Und offenbar tat es ihm genauso weh, denn entsetzt griff er nach meiner Hand, die ich aber zurück zog. "Manu, ich würde nichts lieber tun, als dich zu heiraten. Ich liebe dich, es wäre töricht, das niht zu tun." "Aber ich werde sterben." Wiedersprach ich, worauf er nur zusammen zuckte. "Ich werde in ein paar Monaten unter der Erde liegen, willst du etwa mit 37 schon Witwer sein? Such dir doch jemanden, der dir nicht nach ein paar Jahren Beziehung wegstirbt." Ein bitterer Unterton hatte sich in meine Stimme geschlichen und er schluckte. "Das wäre nicht das Selbe." "Vielleicht wäre es ja sogar besser." "Vergriss es Manuel, ich lasse dich nicht eher sterben bevor ich ebenfalls Büttinger heiße!" Gereizt blickte er mich an, was aber schnell ging und Tränen rollten über seine Wangen. "Ich liebe dich, akzeptiere es einfach. Ich will die restliche Zeit mit dir nicht verstreiten, sondern genießen..."
Er stand auf, ich blickte ihn an.
"Paddy.." "Lass stecken, Alter." Die Tür unserer Wohnung flog zu, ich war alleine.
Verdammt, ich liebte ihn über alles.

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Immergrün | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt