Kapitel 31

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"Chuck steh verdammt nochmal auf!", höre ich meinen Vater und öffne ruckartig meine Augen. Meine Eltern stehen über mir und werfen mir einen wütenden Blick zu. Zuerst realisiere ich nichts, da mein Kopf so dröhnt und ich einfach weiter schlafen will. Doch im nächsten Moment macht es Klick und ich weiß, dass sie das von gestern bestimmt aufgeregt hat. 


"Was?", frage ich und tue auf nichts ahnend, damit sie mir glauben. Ich habe ihnen versprochen so etwas nie mehr zu tun und enttäuschen will ich sie nicht nochmal. Vor allem nicht meine Mutter, weil sie sich das mehr zu Herzen nimmt, als mein Vater. Der schimpft nur und zieht ein paar Schlussstriche, aber meine Mutter kriegt Abends kein Auge zu. "Mach nicht auf heilig", brüllt er und ich setze mich aufrecht hin. "Schatz lass ihn doch mal reden", versucht meine Mutter ihn mit einer Umarmung von hinten zu beruhigen. Ich habe sie wahrscheinlich noch nie so aggressiv erlebt, sie ist ein Engel in Person. Manchmal zweifle ich sogar daran, dass sie ein Vampir ist. Dazu ist ihr Charakter viel zu schön. "Was soll ich denn getan haben?", frage ich und mein Vater verschränkt seine Arme. "Du weißt also nicht was los ist?", hackt er nach und ich schüttele meinen Kopf. "Ich schwöre es hoch und heilig", lüge ich beide an und sie seufzen. "Dann kann ich ja den anderen bescheid geben. Da du so oft aufgefallen bist, dachten sofort alle an dich", erklärt mein Vater und ich nicke "alles gut", beruhige ich ihn und er lächelt mich dann an. So habe ich ihn lange nicht mehr erlebt. Wahrscheinlich ist er stolz, dass ich ihn zum ersten Mal nicht enttäuscht habe. Sofort plagen mich meine Schuldgefühle, aber er kann es ja auch nicht raus finden, oder? 


Als meine Eltern dann den Raum verlassen, stehe ich frustriert auf, weil mir der Abend gestern in den Kopf kommt. Bonny, die Liebe meines Lebens, hat mich verlassen. Sie meinte, dass sie mich verabscheut und alles was mit mir in Verbindung gesetzt werden kann auch. Es bricht mir jedes Mal aufs neue das Herz. Immer wieder ihre Sätze ab zu spielen und zu wissen, sie will nichts von mir. Ich versuche mir ein zu reden, dass das alles das richtig ist und wir sowieso keine Zukunft hätten, aber was bringt es mir, wenn mein Herz und mein Verstand Dauerkrieg haben. Das ganz alleine wegen Bonny Williams. Aber vielleicht ist das nur eine Phase und sie ändert wieder ihre Meinung, sowas kommt bei ihr vor. Sie ist sehr launenhaft, Stimmungsschwankungen sind fast Routine bei ihr. Die Macken des anderen akzeptieren, so hieß es oder? Ich denke sogar kurz nach einfach die Schule heute zu schwänzen, aber ändere sofort meine Meinung. Sie darf nicht denken, dass es mir mega beschissen deswegen geht. Sie soll mich glücklich sehen, auch wenn ich innerlich sterbe. 


Ich ziehe mich lustlos an, richte mir meine Haare und nehme dann sofort hinaus. Den Bus erwische ich wie immer ganz knapp und setze mich genervt auf den Platz neben einer Oma. Mein Blick schweift die ganze Zeit zu dem Platz, wo alle stehen, weil Bonny und ich dort das erste Mal geredet hatten. Kurz muss ich lächeln, doch dann übernimmt mich die Trauer wieder. Bleiben mir denn nur noch nie Erinnerungen? Es scheint so. 


"Wollen sie auch aussteigen?", reißt mich der Busfahrer aus den Gedanken. Ich schaue mich verwirrt um und verstehe erst jetzt, dass alle ausgestiegen sind und die Schule direkt vor meinen Augen ist. Eigentlich habe ich keine Lust raus zu gehen, aber der Busfahrer kann auch nichts dafür. Er muss nur seinen Job erfüllen und ich will ihn nicht blockieren. Deswegen gehe ich nickend raus und er lächelt mich gezwungen an. 


In der Schule angekommen gehe ich zu unserem Raucherplatz, da die Jungs sich zu hundert Prozent dort aufhalten. Zu meinem Glück sind sie wieder da und rauche gerade einen Joint. "Ernsthaft?", frage ich und wische durch den Rauch. John ist nur ein Gelegenheitskiffer, aber Mike und Jake machen es als Hobby. Deswegen ist das Football Team nichts für die beiden, Raucherlunge und all das. "Ja wir haben in Mathe doppel Vertretung mit Herr Joschua, sonst ertragen wir das nicht", erklärt Mike lachend und reicht mir seinen Joint rüber. Lachend nehme ich den an und ziehe daran "du findest auch immer einen Grund zum paffen", gebe ich ironisch von mir und alle müssen lachen, weil es einfach die Wahrheit ist. Klar ist das kiffen nicht gut, aber es hilft abzuschalten. Man ist plötzlich richtig gut gelaunt und lacht nur. Dazu hat man riesen Hunger und würde wirklich alles essen. Genau das brauche ich jetzt, denn Bonny zerstört meinen Kopf. "Bruder gib mir den nächsten Joint, muss mir alles weg kiffen", sage ich und alle schauen mich verwundert an, da ich nie mehr als einen rauche. "Bonny hat mit mich übelst abserviert und das weil ich ein Vampir bin", erkläre ich kurz und knapp, damit sie nicht nachfragen. "Die muss das verarbeiten", sagt Jake und reicht mir den nächsten Joint. John klopft mir auf die Schulter und spricht dann hustend "sie wird eh wieder ankommen, wenn ich eins über Bonny gelernt habe in dieser kurzen Zeit, dann dass sie sehr oft ihre Meinung ändert."

Deine Nähe lässt mein Blut kochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt