|11. Kapitel|

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Tanz ist die Poesie des Fußes.
-John Dryden

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Es ist einer dieser wenigen Momente, in denen ich dankbar für einen großen Bruder bin, der einen Führerschein hat. Logan dazu zu zwingen, uns zu dieser Party zu fahren, war nicht sonderlich schwer. Droh einfach damit, in der Schule eine peinliche Geschichte über Klein-Logan zu erzählen und schon spielt er deinen persönlichen Diener!

Vor allem hat er wahrscheinlich Angst, weil er weiß, wie viel Einfluss ich jetzt schon an unserer neuen Schule habe, ganz im Gegensatz zu ihm.

Georgina hat mir meine Haare leicht gelockt, während ich mich geschminkt habe. Dann waren wir auch schon aufgebrochen.

Ich halte Logan mein Handy hin und zeige ihm den Chat von Sawyer und mir, in welchem er mir die Adresse und Uhrzeit geschickt hat.

»Sawyer? Von dem hab ich auch schon einiges gehört. Hast du was mit ihm?«

Völlig entgeistert starre ich ihn an und setze mein Ist-das-dein-Ernst-Blick auf.

Dieser hebt für einen Moment die Hände abwehrend in die Luft und setzt zu einer Erklärung an. »Ich hab doch nur gefragt! Bei dir kann man nie wissen. Immerhin bist du seit neuestem ja auch mit unserem Nachbar zusammen.«

Ja, Logan weiß über unsere Fake-Beziehung Bescheid. Ich habe es ihm am Abend nach unserem ersten Schultag gebeichtet und war überrascht, dass er diese Neuigkeit noch nicht gewusst hatte. Aber ihm war es ziemlich egal.

Solange da nicht wirklich etwas zwischen uns läuft, interessiert es ihn nicht sonderlich.

Logan startet den Motor von Dad's Auto und fährt schließlich aus der Garage. Draußen ist es schon dunkel und man sieht die Sterne und auch den Mond, was wirklich schön aussieht.

Die Autofahrt verläuft ziemlich ruhig, denn keiner von uns sagt ein Wort. Als wir ankommen, ist die Party bereits im vollen Gange. Logan lässt uns direkt vor dem Eingang des riesigen Hauses aussteigen und fährt danach sofort wieder weiter.

Das Haus sieht wirklich schön aus. Es wirkt wie ein großes Familienhaus mit dem Vorgarten. Davor stehen auch schon einige Leute, die sich miteinander unterhalten und Becher in den Händen halten.

Georgina und ich verlieren keine Zeit und machen uns auf dem Weg ins Innere des Hauses, wo uns auch schon laute Musik mit einem unglaublich hohen Bass entgegenschlägt. Augenblicklich bekomme ich Lust zu tanzen. Doch noch bin ich zu verklemmt, um mich einfach in das tanzende Volk im Wohnzimmer zu mischen.

Deshalb ziehe ich Georgina zu der improvisierten Bar im Nebenraum und besorge uns beiden etwas zu trinken.

Ein Junge, der ein wenig überrascht wirkt, als er uns sieht, überreicht uns zwei rote Becher mit einer orangenen Flüssigkeit, wobei ich einen davon an meine Freundin weitergebe.

Sofort nehme ich einen Schluck und verziehe das Gesicht. Mindestens die Hälfte davon ist Vodka. Gott, morgen bin ich sowas von tot.

Auch Georgina verzieht das Gesicht, weswegen wir uns beide angrinsen.

»Lebe den Moment, als wäre es dein Letzter?«, ruft sie mir über den Lärm hinweg zu und ich brauche einen kurzen Augenblick, bis ich verstehe, was sie damit meint.

Doch dann nicke ich ihr lachend zu und wir beide trinken den Becher auf Ex.

Dann lassen wir uns nochmal etwas nachschenken.

»Ich warte einfach nur auf die Glückshormone, die mir der Rausch beschert«, erkläre ich Georgina. Warum ich das tue, weiß ich selbst nicht.

»Also genau wie ich. Na dann, würgen wir dieses Zeug nochmal hinunter!«

Gesagt, getan.

Diesmal stelle ich fest, dass es sich um einen anderen Schnaps handelt, den ich zuvor noch nie getrunken habe. Er schmeckt süßlich, hat aber einen bitteren Nachgeschmack und brennt etwas in der Kehle.

Schön langsam fühlt sich mein Körper ein wenig taub an und ich bin überrascht, wie schnell es gegangen ist. Auch Georgina hat ein breites Lächeln im Gesicht, als sie den leeren Becher in meiner Hand durch einen Vollen ersetzt.

Aber da ich noch bei glasklarem Verstand bin, weiß ich, dass ich das Ganze wieder etwas langsamer angehen sollte, wenn ich verhindern will, dass ich kotzend über der nächsten Toilette hänge.

Ich atme einmal tief durch, bevor ich anfange, wie wild zu grinsen und sehe erst Georgina an, dann die tanzende Menge. Meine Freundin ist meinem Blick gefolgt und zieht mich dann sofort zielstrebig darauf zu.

Ich lache und passe darauf auf, den Inhalt meines Bechers nicht auszuschütten, während wir uns einen Weg durch die Leute auf die Tanzfläche bahnen.

Kurz davor bleiben wir stehen, trinken noch den Rest unseres Getränks aus, damit wir die Becher entsorgen können und sie so nicht die gesamte Zeit über halten müssen.

Dann quetschen wir uns durch das tanzende Volk und sofort beginnen wir uns im Rhythmus der Musik zu bewegen. Dabei ist es mir völlig egal, wie bescheuert wir aussehen. Es macht einfach zu viel Spaß, sich einfach treiben zu lassen!

Ich fühle mich in diesem Moment einfach so lebendig wie seit langer Zeit nicht mehr. Es ist, als würden alle Probleme von mir fallen. Als wäre ich frei.

Georgina wird währenddessen von einem süßen Jungen mit schwarzem Haar angetanzt. Sie sieht mich kurz fragend an, doch ich nicke ihr zu. Wenn sie sich vergnügen will, muss sie mich nicht um Erlaubnis fragen. Für mich ist es nicht schlimm, wenn sie mich hier alleine lässt. Es gibt gerade eben sowieso nur die Musik und mich.

Ich bewege mich immer weiter zu dem aktuellen Lied und schwinge meine Hüften dazu. Manchmal schließe ich sogar genussvoll meine Augen, um es so richtig zu auszukosten.

Und plötzlich spüre ich Hände, die von meinem Rücken vor zu meinem Bauch wandern und mich so sanft an eine durchtrainierte Brust drücken.

Ohne überhaupt nachzudenken bewege ich mich weiterhin zur Musik und auch die Person hinter mir fängt an, im Takt zu tanzen.

Irgendwann öffne ich dann die Augen und drehe meinen Kopf zur Seite, nur um feststellen zu müssen, dass Sawyer derjenige ist, der mich angetanzt hat.

Doch es überrascht mich nicht. Ich habe es sogar erwartet.

Trotzdem höre ich nicht auf, sondern drehe mich sogar um, sodass ich besser in sein lächelndes Gesicht sehen kann.

Seine Hände liegen jetzt auf meinem Rücken und ich habe meine Hände um seinen Nacken gelegt.

»Das wird mächtigen Ärger geben, wenn Alex erfährt, dass du mit seiner Freundin getanzt hast«, lache ich glucksend und sehe ihn auch ein wenig mitleidig an.

Dieser zuckt jedoch nur mit den Schultern. »Naja, ich bin ein Badboy. Was erwartet er?«

Ja gut. Sicherlich nicht, dass ich es zulasse, dass Sawyers Hände immer weiter nach unten rutschen. Ob mit Absicht oder ohne, kann ich nicht sagen. Doch ich tippe stark auf Ersteres.

Allerdings hindere ich ihn überraschenderweise auch nicht daran. Ich muss sogar zugeben, dass es mir durchaus gefällt, ihm so nahe zu sein.

Deshalb weiche ich auch nicht zurück, als sein Gesicht dem meinen immer näherkommt und sein Körper nun an meinem gepresst ist, sodass kein Blatt mehr zwischen uns passen würde.

Die Umgebung sowie die anderen Leute um uns herum habe ich schon längst ausgeblendet. In diesem Moment ist mir einfach alles egal. Es zählt nur, was ich will.

Und verdammt, ich will Sawyer!

An Alex und die Konsequenzen verschwende ich keine Gedanken mehr. Mein Verstand hat sich schon längst von mir verabschiedet.

Denn dann berühren sich auch schon unsere Lippen.

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt