|13. Kapitel|

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Sorgen ertrinken nicht im Alkohol. Sie können schwimmen.
-Heinz Rühmann

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Es dauert ein paar Minuten, bis ich mich wieder beruhigt habe. Ich hänge noch eine ganze Zeit lang über der Kloschüssel, die Augen geschlossen und versuche, meine Atmung wieder zu normalisieren.

Dann schnappe ich mir Klopapier und wische mir damit den Mund ab. Dies werfe ich dann in die Toilette und betätige zum Schluss die Spülung.

Okay, Lauren. Alles wird gut. Als erstes müssen wir schauen, dass wir von hier weg kommen.

Ich stehe also vorsichtig und langsam auf und taste mich an der Wand entlang, denn mir fällt das Gehen immer noch ein bisschen schwer. Bei der Türe angekommen öffne ich diese und gehe über den Flur wieder leise in das Zimmer, in welchem sich der immer noch schlafende Sawyer befindet.

Auf Zehenspitzen durchquere ich das gesamte Zimmer und suche meine Klamotten, also meine Schuhe und mein Kleid, zusammen. So schnell wie möglich ziehe ich diese auch an und bin umso erleichterter, als ich mein Handy in der Nähe meiner beiden Schuhe finde. Das hätte ich sonst einfach hier vergessen.

Sofort hebe ich mein Handy vom Boden und schalte es an. Dann werden mir auch schon tausende von Nachrichten und Anrufe von den verschiedensten Personen angezeigt.

Scheiße! Ich sollte doch Zuhause anrufen, wenn mich Logan wieder abholen muss!
Jetzt habe ich dreißig Nachrichten allein von Logan, der mich fragt, wo ich bleibe und ob alles in Ordnung sei. Von meinen Eltern möchte ich gar nicht erst anfangen. Sie sind auch diejenigen, die mich am Öftesten angerufen haben.

Dann habe ich noch eine Nachricht von Georgina, in der sie sich entschuldigt, dass sie mich auf der Party alleine gelassen hat. Allerdings kann ich es ihr nicht einmal übel nehmen, da ich es selbst nicht gemerkt habe und ja anscheinend anderweitig beschäftigt gewesen bin.

Außerdem habe ich auch ein paar Nachrichten von Alex, in denen er mich fragt, ob ich Spaß habe und dass ich ihn jederzeit anrufen kann, wenn etwas ist.

Augenblicklich zieht sich mein Herz zusammen. Rein theoretisch habe ich gerade Alex betrogen. Mit seinem Erzfeind.

Oh, Halleluja.

Und dann fällt es mir wie Schuppen vor Augen. Nein. Oh mein Gott.

Eine neue Welle der Übelkeit auf einem ganz hohen Level durchströmt mich.

Kann es sein, dass... ich mit Sawyer... geschlafen habe?

»Lauren?«, höre ich plötzlich eine raue und verschlafene Stimme hinter mir, die mir eine Gänsehaut beschert.

Langsam drehe ich mich zu dem Bett um, in dem sich Sawyer befindet, der die Augen nun geöffnet hat und mich ansieht.

Ich schlucke schwer, da ich nicht weiß, was ich sagen geschweige denn tun soll. Außer ihn anstarren, so wie ich es jetzt gerade mache. Doch ich merke, dass mein schlechtes Gewissen mit jeder Sekunde, die ich länger bei Sawyer verbringe, größer und größer wird.

Wenn sich rumspricht, dass ich Alex mit Sawyer betrogen habe, dann wäre mein schulisches Leben schon vorbei, bevor es überhaupt erst richtig angefangen hat.

Und ich kann nichts dagegen tun. Ich habe es einfach verbockt.

»Ich gehe jetzt«, flüstere ich ihm deshalb nur leise zu. Dass ich niedergeschlagen bin, kann man deutlich aus meiner Stimme heraushören. Ich setze mich in Bewegung und gehe zur Türe. Kurz, bevor ich jedoch aus dem Raum verschwinden kann, sagt Sawyer erneut meinen Namen und ich halte inne. Ich drehe mich aber nicht um.

Gerade kann ich ihm einfach nicht ins Gesicht sehen. Er ist die Person, von der ich mich eigentlich fernhalten wollte. Und doch ist es dazu gekommen, dass ich wahrscheinlich sogar mit ihm geschlafen habe. Anscheinend muss ich es ja gewollt haben, denn wie heißt es so schön? Der wahre Charakter kommt zum Vorschein, wenn man betrunken ist.

Also bin ich kurz gesagt ein Flittchen, das sich trotz Freund, auch wenn wir nicht wirklich zusammen sind, an den nächstbesten heißen Arsch wirft. Und anscheinend hat es mir auch noch gefallen, sonst hätte ich diese ganze Scheiße nicht mal mitgemacht. Allerdings schaltet sich mein Gehirn auch gern bei zu viel Alkohol ab.

»Ich denke, wir sollten reden«, meint Sawyer in einem ruhigen Tonfall, während meine Wut immer größer wird. Schließlich drehe ich mich um und sehe ihn verärgert an.

»Wie kannst du nur so entspannt sein? Ich habe gerade meinen Freund betrogen! Und das ausgerechnet mit seinem größten Erzfeind. Wahrscheinlich ist das schon Neuigkeit Nummer eins, bevor ich überhaupt die Chance dazu habe, es Alex irgendwie ansatzweise schonend beizubringen! Außerdem weiß ich von eurem dämlichem Pakt Bescheid. Warum hast du dich nicht einfach daran gehalten und dir ein anderes Mädchen ausgesucht, mit dem du spielen kannst? Und zwar eines, dass zu eurer Gruppe gehört!«

Ich habe mich so in Rage geredet und habe mich ihm wieder unbewusst genähert. Fast hätte ich meine Finger in seine Brust gegraben. Doch da er kein T-Shirt trägt, beschließe ich, ihn vorsichtshalber nicht zu berühren.

Allerdings lasse ich ihm nicht einmal die Zeit zu antworten, sondern stürme verzweifelt aus dem Zimmer und knalle die Türe dabei zu. Mir ist es egal, ob ich die Leute aufwecke, die die Nacht anscheinend im Flur verbracht haben, was mir komischerweise erst jetzt auffällt.

Und fast wäre ich in eine Person hineingelaufen. Gerade noch rechtzeitig bremse ich ab und will schon ein gereiztes »Pass doch auf!« zischen, als ich bemerke, dass Lyla vor mir steht. Natürlich wie immer perfekt gestylt.

Lyla verkörpert die Rolle der Schul-Bitch. Zusammen mit ihrer besten Freundin Zoe macht sie gerne andere Leute runter und wirft sich an so ziemlich jeden Badboy ran. Ich kann von Glück sprechen, dass ich ihr bis jetzt noch nie wirklich über den Weg gelaufen bin. Denn die Tatsache, dass ich zu den Sportlern gehöre, oder zumindest gehört habe, und sie zu den Badboys, treibt doch einen Keil zwischen uns, der verhindern könnte, dass sie mich wenigstens in Ruhe lässt.

»Sieh mal einer an. Wen haben wir denn da? Wenn das nicht die kleine Freundin unseres Basketball-Captains ist. Aus welchem Zimmer bist du denn genau gekommen? Ich habe gar nicht gewusst, dass Alexander auch auf der Party war!«, gespielt überrascht sieht sie mich provokant an.

Doch ich verdrehe nur meine Augen. Mich hier jetzt auch noch unter Druck setzen zu lassen ist das Allerletzte, was ich jetzt noch gebrauchen könnte. Deshalb antworte ich einfach nur mit »Den Gang entlang bis ganz nach hinten auf der rechten Seite, wenn du ihn suchst.« und mache mich schleunigst vom Acker. Ganz sicher würde ich sie nicht zu Sawyer lotsen. Das wäre doch ein gefundenes Fressen für sie.

Ich poltere die Treppe nach unten, auf der sich ebenfalls zwei Mädchen und ein Junge befinden, die eng aneinander gekuschelt am Schlafen sind.

Unten angekommen tippe ich auf mein Handy herum und wähle Logan's Nummer aus, während ich mich zur Haustüre begebe.

Nachdem zwei mal die Mailbox rangegangen ist und ich schon fast aufgeben will, geht ein verschlafener Logan endlich ran.

»Kannst du mich wieder abholen?«, murmle ich nur leise und starre währenddessen gen Himmel, nachdem ich das Haus verlassen habe.

Wahrscheinlich habe ich es der Niedergeschlagenheit in meiner Stimme zu verdanken, dass Logan sich sofort ohne einen fiesen Spruch und ohne Gemaule auf den Weg macht.

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt