|57. Kapitel|

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Was wäre das Leben, wenn wir nicht den Mut hätten, etwas zu riskieren?
-Vincent Van Gogh

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Bereits am nächsten Montag graut es mir davor in die Schule zu gehen. Gestern habe ich verzweifelt versucht, mich durch Lernen abzulenken, was mir auch für zwei Stunden erfolgreich gelungen ist und der Stoff, den ich für die Tests beherrschen muss, wird zunehmend weniger.

Trotzdem sträubt sich nun jede Pore meines Körpers und jede Gehirnzelle davor, mit Logan zum Bus zu gehen, der uns dann in die Schule und geradewegs zu Alex fahren wird.

Es ist noch nicht so lange her, da habe ich mir geschworen, dass ich nichts mehr mit Alex zu tun haben werde. Und jetzt?

Jetzt ist es für die Jungs beschlossene Sache, dass Alex mein neuer Trainer für unbestimmte Zeit wird. Natürlich unter strenger Beaufsichtigung. Aber trotzdem!

Steckt da möglicherweise noch mehr dahinter?

Wollen sie Alex so unter die Nase reiben, dass er mit daran schuld ist, dass ich ebenfalls in dieser dunklen Welt verstrickt bin? Oder sollte Alex nur zum Ansporn dienen, sodass ich versuchen werde ihn loszubekommen und mich deshalb mehr beim Training anstrengen werde?

Vielleicht sind sie aber auch nur verzweifelt.

Ich unterdrücke mir ein gestresstes Stöhnen und begutachte mich im Spiegel. Ich trage ein schwarzes Sommerkleid, das am Rücken voll mit Spitze ist, genauso wie am Saum des Rocks. Dazu passende Ballerinas und eine süße Kette mit einem Herzanhänger, die ich vor ein paar Jahren mal von Grandma geschenkt bekommen habe.

Zufrieden mit meinem Aussehen husche ich mitsamt meiner Tasche nach unten in die Küche, wo ich auch schon Mum, Dad und Logan vorfinde.

»Gut, dass du da bist. Es gibt Neuigkeiten!«, trällert Mum sofort darauf los, als ich den Raum betrete. Mit einer Handbewegung deutet sie mir, dass ich mich zu den anderen beiden an den Tisch setzen soll.

Also nehme ich mit einem fragenden Gesichtsausdruck neben Logan Platz, der mir einen ahnungslosen Blick zuwirft. Ich zucke nur mit den Schultern.

»Wie ihr ja bestimmt wisst, ist das Haus gegenüber nun seit über einer Woche frei, da Alex' Großmutter von uns gegangen ist.« Kurz macht sie eine bedeutungsschwangere Pause, doch dann fährt sie gleich wieder fort. »Gestern wurde das Haus dann endlich an den Erstbietenden verkauft und es wird euch freuen zu hören, wer unsere neuen Nachbarn sind!«

Ungeduldig sehen Logan und ich sie an, da wir nun wirklich gespannt sind. Wer könnte es sein? In meinem Kopf schwirren einige Namen, doch bei keinem davon bin ich überzeugt, dass es sich um denjenigen handelt.

»Eure Tante Lydia zieht mit Marc in unsere Nachbarschaft! In das Haus gegenüber von uns! Ist das zu fassen?!«

»Oh mein Gott!«, quietsche ich sofort überglücklich darauf los und auch Logan wirft die Hände in die Luft.

Tante Lydia hier in Amerika und das auch noch gegenüber von uns? Das ist wirklich unfassbar toll!

»Sie werden noch dieses Wochenende kommen. Natürlich werden sie das Haus renovieren und Marc hat auch schon eine Stelle als Abteilungsleiter in irgendeiner Firma im Zentrum der Stadt angenommen, sodass Lydia eigentlich gar nicht arbeiten müsste, damit genügend Geld im Haus ist.« Habe ich mich gerade verhört oder schwingt doch tatsächlich ein Hauch von Eifersucht in ihrer Stimme mit?

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt