|12. Kapitel|

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In einem Moment kann sich alles verändern, plötzlich und für immer.
-Paul Auster

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Genau auf diesem Augenblick habe ich den ganzen Abend lang gewartet.

Als durch meinen gesamten Körper Glückshormone fließen, sodass ich am liebsten vor Freude gekreischt hätte, beginne ich in unserem Kuss hinein zu grinsen.

Wenn ich ehrlich sein soll, dann weiß ich nicht, was ich hier gerade tue. Doch Sawyers Lippen auf den meinen fühlt sich einfach wunderbar an. Allgemein die Nähe zu einer anderen Person genieße ich und ich kann nicht genug davon bekommen.

Zusätzlich zu dem Rausch, den mir der Alkohol beschert hat, werde ich auch noch von Sawyer berauscht, der mich noch enger an sich drückt und mit der einen Hand durch meine Haare fährt.

Dann wandert er von meinem Mund hinab zu meinem Hals und verteilt dort ebenfalls federleichte Küsse, sodass mir ein Stöhnen entweicht.

Möglicherweise könnte er dies gehört haben, wäre die Musik nicht so laut und würde der Bass nicht gegen die Ohren hämmern.

Dann wandert er wieder von meinem Hals hinauf zu meinem Mund und küsst mich erneut. Unsere Lippen bewegen sich im völligen Einklang zueinander und ich weiß, dass so schnell niemand diesen Kuss toppen wird, egal wie gut er küssen kann.

Währenddessen haben wir aufgehört zu tanzen. Neben Sawyer nehme ich nur noch die Musik wahr. Es ist, als befänden wir uns alleine in diesem Raum.

Sawyer legt kurz darauf seine Hände wieder auf meine Hüfte und beginnt rückwärts zu gehen. Dabei zieht er mich mit, ohne den Kuss zu unterbrechen.

Doch irgendwann lassen wir voneinander ab und müssen Luft holen. Dabei grinsen wir uns beide an.

Dann folge ich ihm weiter durch das Haus, aber nicht, ohne mir davor noch einen kleinen Drink genehmigt zu haben.

Wir steuern auf eine Treppe zu, auf der sich bereits ein paar Leute niedergelassen haben und schlafen.

Wir gehen an ihnen vorbei die Stufen hoch, wobei ich mich mit der linken Hand am Geländer festklammere und mit der anderen an Sawyer.

Oben angekommen befinden wir uns in einem kleinen Flur, der in völliger Dunkelheit gehüllt ist.

Ich kann kaum meine eigene Hand sehen und meine Verwirrung steigt mit jeder Sekunde, in der ich nicht weiß, was wir hier machen.

Doch da werde ich schon an die Hand genommen und immer weiter hinein in den Gang gezogen.

Ich lausche unseren Schritten und unseren schnellen Atem, bis wir plötzlich stehen bleiben und ich eine Türe aufgehen höre.

Dann werde ich sanft in einen Raum gezogen und Sawyer schaltet das Licht an, nachdem er die Türe hinter uns geschlossen hat.

Zwar kann man die Musik von unten noch klar und deutlich hören, jedoch ist sie hier oben längst nicht so laut wie unten im Erdgeschoss des Hauses.

Dann, ohne ein weiteres Wort, stürzt sich Sawyer wieder auf mich und drückt mich mit dem Rücken gegen die Türe. Zeit, mich in dem Zimmer genauer umzusehen, bleibt mir nicht.

Was mir aber klar wird, ist, dass wir in diesem Raum ungestört für alles weitere sein würden, das noch kommen mag.

Das Erste was ich wahrnehme, als ich schön langsam wieder zu Bewusstsein komme, sind meine starken Kopfschmerzen. Es fühlt sich an, als würde jemand mit Nadeln in meinem Gehirn herumstochern.

Ich stöhne leise vor Schmerz, als ich mich auf den Rücken drehe. Dann spüre ich, dass ich auf einem weichen Untergrund liege und entspanne mich deutlich.

Anscheinend befinde ich mich Zuhause in meinem Bett. Wie ich allerdings hierhin gekommen bin, ist mir noch schleierhaft. Doch bestimmt gibt es eine einfache Erklärung dafür. Möglicherweise hat Georgina sich um mich gekümmert.

Doch dann denke ich daran, dass sie gestern mit diesem dunkelhaarigen Jungen verschwunden ist und bin mir nicht mehr so sicher, ob sie mich nachhause gebracht hat.

Aber das ist jetzt erst einmal nicht wichtig. Ich kann mich gerade sowieso nur sehr schwer konzentrieren, da ich das Gefühl bekomme, dass mein Kopf jeden Moment platzt.

»So eine Scheiße!«, fluche ich leise, da ich weiß, dass ich am besten aufstehen und mir eine Tablette holen sollte. Doch ich habe gerade herzlich wenig Lust, mich überhaupt einen Millimeter zu bewegen.

Und dann halte ich plötzlich inne.

Was war das? Habe ich mir das gerade eben nur eingebildet? Das kann nicht sein!

Ich lausche erneut einen kleinen Augenblick und da höre ich es klar und deutlich. Jemand muss sich neben mir befinden. Ich höre eine Person klar und deutlich neben mir atmen.

Abrupt schlage ich meine Augen auf. Daraufhin dreht sich alles und ich muss tief Luft holen, um die aufsteigende Übelkeit unter Kontrolle zu halten.

So einen schlimmen Kater habe ich bis jetzt noch nie gehabt. Das ist wohl eine Warnung, das nächste mal vielleicht nicht so tief ins Glas zu schauen.

Dann konzentriere ich mich jedoch wieder auf die Person neben mir und schaffe es, ganz langsam meinen Kopf nach links zu drehen. Und mein Herz setzt aus.

Erschrocken schnappe ich nach Luft und meine Augen weiten sich.

Das darf doch nicht wahr sein!

Mist, Mist, Mist! Was habe ich getan?

Wieso, verdammt nochmal, liegt ein halbnackter Sawyer schlafend neben mir?

Und warum trage ich nichts bis auf meine schwarze Unterwäsche?!

In Blitzgeschwindigkeit schlage ich die Bettdecke zur Seite und setze mich auf, ohne dabei Rücksicht zu nehmen, dass der gesamte Raum kopfüber steht.

Schnell stehe ich auf und muss mir dabei einen Würgereiz verdrücken, ehe ich mit wackeligen Beinen durch das Zimmer haste und mein Kleid sowie meine Schuhe zusammensuche.

Dabei halte ich mich immer wieder an Möbel fest, damit ich nicht den Boden küsse.

Moment! Das ist nicht der Boden meines Zimmers, sondern der von Sawyer's!

Und nach diesem Gedanken kehren einzelne Erinnerungen an den vergangenen Abend wieder in mein Gehirn.

Vor meinem inneren Auge sehe ich eine Situation, die ich mir nicht einmal in meinen schlimmsten Träumen ausgemalt hätte.

Ich, tanzend und eng umschlungen von Sawyer. Ich, wie ich die Arme um seinen Nacken geschlungen und ihm tief in die Augen blicke. Ich, die es zulässt, dass seine Lippen meine berühren. Ich, die diesen Kuss auch noch voller Freude erwidert. Und noch zuletzt ich, die sich von ihm in sein Zimmer ziehen lässt.

Und dann kann ich nicht anders, als in Unterwäsche aus dem Raum zu flüchten und die gegenüberliegende Türe aufzureißen und mich sofort über die Toilette zu hängen.

Danach kotze ich mir die Seele aus dem Leib.

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt