|60. Kapitel|

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Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.
-William Faulkner

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Direkt nach der Schule gehen Alex, Daniel, Alec, David, Sawyer, ich und sogar Lyla zu Alec nach Hause, um dort in seinem Keller zu üben.

Lyla habe ich zum Glück noch direkt nach Unterrichtsende abgefangen und ihr von meinem Vorhaben erzählt und ihr angeboten, ebenfalls zu trainieren.

Doch sie hat dankend abgelehnt. Das war auch der Moment, in welchem ich erfahren habe, dass Lyla mit Waffen umgehen kann und seit dem Vorfall bei ihr Zuhause immer eine Pistole dabei hat.

Man kann sich denken, wie versteinert ich erst einmal dagestanden bin. Wie eine Statue.

Jedenfalls stehen wir also jetzt da und ich weiß nicht so recht, was ich tun soll, jetzt, da ich dieses mickrige Kindermesser in der Hand halte und sechs Augenpaare auf mich gerichtet sind.

Ich schlucke.

»Vielleicht sollten wir erst mit etwas Einfachem beginnen. Dein Messer solltest du immer fest in deiner Hand halten. Nicht zu locker und nicht zu verkrampft.« Genau in diesem Moment schlägt Alex mir auf die Hand und vor Schreck stoße ich einen kleinen Schrei aus und lasse zudem auch noch das Messer fallen.

Entgeistert starre ich ihn an. »Das war unfair!«

»In einem Kampf ist nichts fair, Lauren. Vor allem Drace's Leute sind nicht dafür bekannt, mit fairen Mitteln zu spielen.« Alex sieht mich an und ich ihn.

Mit einem tiefen Seufzer hebe ich also wieder mein Messer auf und schließe meine Finger fest um den Griff, sodass es gut in meiner Hand liegt.

Auf einmal spüre ich wieder einen Druck auf meiner Hand, als Alex mir diesmal von unten auf meine zu einer Faust geballten Hand schlägt. Doch es fällt mir nicht herunter.

Auch, als Alex es mir mit einer ruckartigen Bewegung aus der Hand reißen möchte, lasse ich nicht los. Da lässt er wieder von mir ab.

»Gut. Dann können wir ja jetzt zur ersten Übung übergehen. Alec?« Alex' Blick wandert von mir hinüber zu den anderen, wo Alec und David sogleich aus dem Raum verschwinden und kurz darauf mit zwei Zielscheiben wieder auftauchen, wobei der äußere Ring blau, der mittlere weiß und der innere Punkt schwarz ist.

»Jetzt zeige ich dir, wie du das Messer wirfst. Dazu nehmen wir diesmal Echte her, damit du gleich ein Gefühl dafür entwickelst«, erklärt Alex mir und drückt mir auch schon ein riesiges Teil in die Hand, während er mir das andere abnimmt.

Es ist nicht nur größer, sondern auch um einiges schwerer und wieder einmal wird mir der Ernst der Lage richtig bewusst. Auch der Grund, warum ich all das hier hinter mich bringe, sehe ich jetzt wieder klar vor Augen. Wie lange werde ich noch mit dieser Situation klarkommen, bis ich darunter zusammenbreche?

Wie lange kann ich noch stark bleiben?

»Lauren, sieh mir genau zu. Stell dich in der gleichen Position auf wie ich.« Alex' Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.

Ich habe gar nicht gemerkt, dass Alec und David die Zielscheiben schon längst vor uns aufgestellt haben.

Mein Blick wandert also zu Alex' Beinen und ich stelle mich genauso hin wie er.

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt