|45. Kapitel|

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Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.
-Arthur Schopenhauer

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Sawyer wirkt wie zu erwarten erst einmal überrumpelt von meiner Aufforderung, während ich ihn nur ruhig ansehe und darauf warte, dass er etwas sagt.

Dabei ist nur das Ticken einer Uhr zu hören und ganz leises Gemurmel aus einem anderen Raum.

Lange Zeit schweigen wir beide und ich bin mir fast schon sicher, dass er einfach aufstehen und das Zimmer verlassen wird, als er plötzlich den Blick von mir abwendet und stattdessen auf den Boden starrt.

Sein Gesichtsausdruck wird etwas kühler und in seinen Augen sehe ich kein Fünkchen mehr von Sanftheit.

»Wenn ich es dir jetzt erkläre, dann ziehe ich dich mit hinein. Also würde ich genau das machen, was ich all die Monate versucht habe zu verhindern, verstehst du?«

Nein, eigentlich nicht.

»Sawyer, mal ehrlich, ich bin doch schon längst mit drin. Du zögerst die Wahrheit nur unnötig hinaus. Ich würde viel besser verstehen, was hier abläuft und möglicherweise könnte ich euch sogar helfen bei was auch immer.«

Sawyer fährt sich ein wenig gestresst durch seine blonden Haare, die er so in ein einziges Chaos verwandelt, genauso wie meine Gefühle.

Ruckartig steht er auf, sodass ich leicht zusammenzucke. Er wandert unruhig im Wohnzimmer auf und ab und scheint mit sich selbst zu ringen.

»Ich habe Angst«, flüstert er dann auf einmal, als er direkt vor mir zum Stehen kommt und auf mich herabsieht.

Ich schlucke schwer. Immer noch begreife ich nicht, was hier vor sich geht. Diese Ungewissheit macht mich verrückt und früher oder später drehe ich deswegen noch durch, da bin ich mir sicher.

»Vor was hast du denn Angst? Nach dem, was heute passiert ist, kannst du mir so ziemlich alles sagen und mich wird wahrscheinlich so schnell nichts abschrecken«, meine ich und mir entfährt ein trockenes Lachen.

Ach, mein unlustiger Humor in heiklen Situationen. Der gehört zu mir so wie mein heiß geliebtes Schoko-Eis.

»Bitte, Sawyer. Vertrau mir.«

Und das ist anscheinend das Ausschlaggebende. Als würde er kapitulieren, setzt er sich mit einem tiefen Seufzer wieder zu mir auf das Sofa. Ich mache ihm Platz, indem ich meine Knie an mich ziehe und meinen Kopf darauf ablege. Ehrlich gesagt bin ich gerade mehr gespannt als nervös.

Als würde er eine Geschichte erzählen, fängt er an zu sprechen.

»Du musst wissen, dass sich die Badboys und die Sportler nicht immer so gehasst haben wie jetzt. Im Gegenteil: Wir waren sogar ziemlich eng befreundet und Alex war so etwas wie ein Bruder für mich.

Wir waren eine Clique und haben viel Scheiße zusammen gemacht. Haben Partys gecrasht, zusammen die erste Zigarette geraucht und uns gegenseitig gedeckt.

Alles, was wir wollten, war einfach nur Spaß zu haben und gelegentlich auch einen Adrenalinrausch zu spüren.

So kam es, dass Max eines Abends vorgeschlagen hat, mal etwas anderes auszuprobieren.

LaurenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt