08| sweet war

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my colours are gone - valena pérez

Juli 2020
{Valena Pérez}

"Ich schreibe in Conil und nirgendwo anders", sage ich mit Nachdruck. Ich sehe meinen Manager an, dessen linkes Auge zuckt, so wie immer, wenn er sich über mich aufregt.

Er versucht seine Wut zu kontrollieren, was auf seltsame Weise in einem Augenzucken endet.

Nach dem Frühstück mit Abuelita bin ich direkt nach Conil reingefahren, um meinen Manager zu treffen.

Er findet es sowieso lächerlich, dass ich nicht in eine größeren Stadt wohne. Einer, in der sich nicht jeder kennt.

"Shawn will aber nicht nach Conil. Ich kann es ihm auch nicht verübeln. Er will nach Malibu"

Ich zucke mit meinen Schultern und nehme einen Schluck von meinem Kaffee, während ich aufs Meer blicke.

"Ich aber nicht. Hol ihn hier her oder er hat keine Songwriterin"

Er steht kurz vor dem Zusammenbruch. Das Zucken wird heftiger.

Zwischen zusammengebissenen Zähnen fährt er fort: "Sag mal bist du des Wahnes? Willst du deine Karriere entgültig zerstören?"

Ich zucke mit meinen Schultern.

"Du wirst nach Malibu gehen"

Ich schüttele meinen Kopf.

"Nein", sage ich wie ein trotziges Kind. Mit einem Blick, der töten könnte, sieht er mich an.

"Das hast du nicht zu entscheiden. Shawn will nach Malibu, also geht es nach Malibu"

Ich schüttele meinen Kopf. Mein Blick ruht wieder auf dem Meer, das heute wie glattgezogen ist.

"Du bist die sturste Person, die ich kenne. Das wirst du noch bereuen", sagt er seufzend und lehnt sich in dem Korbstuhl, in dem er sitzt, zurück. Ich zucke erneut mit meinen Schultern.

Malibu kann mich mal. Genauso wie Shawn.

-

Ich beschließe nach dem Treffen joggen zu gehen, da heute ein eher kühlerer Tag ist und ich das Bedürfnis habe, meinen Kopf freizubekommen. Der Strand ist ewig lang und man kann gut joggen, solange nicht Flut ist.

Bevor ich jedoch zu meinem Haus fahre, um mich umzuziehen, halte ich auf dem Weg noch bei meinen Eltern. Ich parke das Auto auf dem letzten freien Platz.

In Fuente del Gallo gibt es viele Ferienhäuser, die ständig von Touristen belegt sind, die natürlich auch alle Mietwagen haben.

Mit einem Handgriff schließe ich das Auto ab und mache mich auf den Weg hoch über den Natursteinweg. Der Hibiskus blüht in voller Farbenpracht.

Mein Blick fällt sofort auf meinen Vater, der mit einem Bier in der Hand auf der Terasse sitzt. Augenblicklich wird mir schlecht. Ein Bier heißt meistens nicht nur ein Bier.

Es heißt, dass er entweder betrunken oder auf dem Weg dahin ist.

Früher hat er nie zu viel getrunken. Er hatte nie das Bedürfnis verspürt.

Doch jetzt, seit zwei Jahren, trinkt er.
Heute ist ein schlechter Tag. Ein sehr schlechter Tag. Meine Schultern sacken zusammen und ich laufe auf ihn zu.

"Papa...", seufze ich traurig. Er sieht mich entschuldigend an. Als könnte er es so vertuschen, stellt er das Bier auf dem Tisch ab.

"Ihr geht es heute so schlecht", sagt er dann.

"Ich gehe kurz rein, besuche Mama und komme gleich wieder, ja?", sage ich und mache die Terassentür auf.

"Es war nur ein Bier"

Ich sage nichts, sondern gehe einfach rein. Auf der Couch sitzt Risa, ihren Kopf in die Hände gestützt.

"Mama bekommt Kopfschmerzen von dem Geschrei von Luca. Er kann aber auch nicht aufhören, weil er von oben bis unten zerstochen ist. Die Ärzte haben ihn mit Cortison zugepumt und jetzt will er einfach nicht aufhören zu schreien. Papa trinkt wegen Mama und Darren musste los arbeiten gehen. Ich muss eigentlich auch gleich los ins Hotel", erzählt sie verzweifelt. Unter ihren hübschen Augen bilden sich blaue, tiefe Augenringe.

"Geh du ins Hotel, ich übernehme ab hier", sage ich, wobei ich mir an die Stirn fasse.

Ihr Gesicht erhellt sich.

"Nein. Das kann ich dir nicht antun", antwortet sie dann traurig. Ich nehme ihr Luca ab und nehme ihn auf meinen Arm.

"Doch, das kannst du. Jetzt geh schon", fordere ich sie auf. Zu gerne würde ich weglaufen. Aus diesem Kreislauf ausbrechen. Doch das kann ich nicht. Ich liebe meine Familie zu sehr, auch wenn sie mir das Herz bricht.

"Danke, Valena. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde", flüstert sie und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Ich lächele müde, während ich Luca auf dem Arm hin und her schaukele.

"Und jetzt geh schon", wiederhole ich und deute auf die Tür.

Risa greift nach ihrer Tasche und macht sich auf den Weg.
Verzweifelt laufe ich mit Luca auf dem Arm hin und her, um ihn zu beruhigen.

Ich mache den Fernseher an, als Luca einigermaßen ruhig geworden ist. Er hat seinen kleinen Kopf auf meiner Schulter abgelegt und ist in einer Art Halbschlaf.

"Herzlich Wilkommen zu der Late Late Night Show mit James Corden!", höre ich eine Stimme sagen und blicke irritiert auf.

Es ist nicht late. Es ist mitten am Tag. Doch dann fällt mir auf, dass es eine Wiederholung vom vorigen Tag ist.

"Heute sind wir mit Shawn Mendes hier"

Das gibt es doch nicht. Ich schnaube verächtlich und will gerade umschalten, als die Kamera auf den Sänger schwenkt. Er lächelt ins Publikum und setzt sich hin.

"Deine Tour ist jetzt schon fast ein Jahr her, nun ist es an der Zeit an einem neuen Album zu arbeiten. Ist da etwas, auf das wir uns freuen können?", fragt James Corden. Ich seufze. Ja. Leider sehr bald.

"Im Moment darf ich noch nichts sagen, aber ich arbeite an neuer Musik", lacht er.

"Nun warst du vorletztes Jahr mitunter in Malibu, um dein Album zu schreiben und aufzunehmen. Weißt du schon wo du dieses Jahr hinwillst?", fragt James dann und sieht ihn neugierig an. Shawn lacht kurz mit seinem Zahnpasta Lächeln auf, das wahrscheinlich Millionen von Mädchen zum Schmelzen bringt.

"Ich tendiere wieder zu Malibu"

Schnell schalte ich den Fernseher aus. Nichts da. Nicht Malibu.

sweet war [s.m]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt