36. Kapitel

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Während sich die Anderen auf die Suche des Mittags machen, saß Marlia im Schatten und betrachtete ihr verletztes Bein. Vom Oberschenkel bis zur Hälfte des Schienbeins wurde die Haut durch die Baumrinde abgerieben. Eine lange Schürfwunde, die es ihr unmöglich machte richtig zu laufen.

"Sieht schmerzhaft aus," sagte Allison, als sie die Wunde genauer betrachtete. "Du hast ja keine Ahnung," Marlia verzog schmerzverzerrt das Gesicht. Solche Wunden waren die Schlimmsten, flach und somit viele Nerven beschädigt. An einigen Stellen blutete es sogar. "Ruhe dein Bein einfach aus, dann heilt es schnell. Hier, streck' es am besten aus," sie knüllte ihren Pullover zusammen, griff Marlias Bein am Knöchel und legte es vorsichtig darauf. "Danke," Marlia lächelte ihr zu und legte ihren Kopf aufs weiche Moos.

"Ich helfe mal den anderen ein ordentliches Mittagessen aufzutreiben," sagte Allison und stand auf. "Bleib einfach liegen, okay?" Marlia nickte und schloss die Augen. Sie versuchte an irgendetwas zu denken um den Schmerz zu übertönen. Ihre Gedanken schweiften zu dem wunderschönen Ausblick und wie absurd diese ganze Situation doch war.          Sieben Jugendliche auf einer einsamen Insel gestrandet. Wo waren sie hier? In einem Hollywood Blockbuster? Lächelnd schüttelte sie den Kopf und merkte gar nicht, dass sie langsam einschlief.

"Aufwachen. Essen ist ready," sanft rüttelte Linus an ihrer Schulter um sie aufzuwecken. "Schon?" es kam ihr vor als hätte sie nur kurz die Augen geschlossen, aber anscheinend war es deutlich länger gewesen. Vorsichtig rappelte sie sich auf und bekam ein warmes Stück Fisch in die Hand gedrückt. "Danke," murmelte sie verschlafen und Allison setzte sich neben sie. Dann saßen sie alle zusammen und aßen den Fisch, die Früchte und von den Kokosnüssen.

Nach dem Essen rieb sich Linus den vollen Bauch und lehnte sich schmatzend gegen einen Baum. "Ich bewege mich heute kein Stück mehr," er seufzte und schloss die Augen. "Ich wohl auch nicht," seufzte Marlia und sah auf ihr Bein. Es hatte aufgehört zu bluten und wurde langsam trocken, trotzdem tat es noch weh. "Morgen ist es bestimmt besser," Felix schenkte ihr ein lächeln und fuhr ihr mit seiner Hand über das andere Bein.

Die Sonne war langsam am Untergehen, die gelb, roten Sonnenstrahlen spielten zwischen den Bäumen und die Blätter rauschten leise im seichten Wind. "Ich wollte nochmal zum Wasserfall, etwas Erfrischung," meinte Selina, band ihre Haare zu einem unordentlichen Dutt und stand auf.

"Wer kommt mit?" "Ich," Allison stand auf und auch Jonah richtete sich auf. "Okay, ich komme auch mit," schmatzte Linus und keuchte schwer als er auf die Beine kam. "Ich dachte du willst dich nicht mehr bewegen," grinste Marlia doch er zuckte nur mit den Achseln. "Ich schwitze aber und will mich abkühlen. Außerdem kann ich laufen, wenn ich will," er grinste zurück und streckte ihr die Zunge heraus. "Hey, das war gemein," sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und spielte beleidigt. Er warf ihr neckisch einen Kussmund zu, den sie nicht annahm und dann verschwand er mit den anderen im Wald.

Nur Felix blieb bei ihr und lächelte ihr aufmunternd zu. "Tut es noch sehr weh?" wollte er wissen und sie schüttelte den Kopf. "Es geht langsam," sie lehnte sich seufzend nach hinten und streckte vorsichtig ihr Bein aus. Felix rutschte neben sie, gab ihr einen Kuss auf die Wange und legte seinen Arm um ihre Schulter.

"Morgen geht's dir wieder gut, du wirst sehen," "Danke, dass du hier bei mir bleibst," "Ach, das ist doch selbstverständlich," er drückte einmal ihren Arm und küsste sie.

...

"Hör auf!" schrie Allison, als Linus nicht aufhörte sie mit Wasser zu bespritzen. "Es reicht!" sie hielt sich schützend die Hände vors Gesicht und drehte ihm den Rücken zu. "Linus, hör auf sie zu nerven," mischte sich Selina ein, als sie das Wasser auf sich nieder prasseln ließ. "Schon gut, schon gut," lachte dieser und tauchte unter. "Endlich," Allison holte einmal tief Luft und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. 

"Du Arsch," grinste sie, stieg aus dem Wasser und legte sich zum Trocknen auf den Rasen in den Halbschatten. "Ach du liebst mich doch," grinste Linus und legte sich neben sie. Selina kicherte, wrang sich die Haare aus und stieg ebenfalls aus dem Wasser.                                                              

"Deine Haut sieht viel besser aus," mit ihren Fingern fuhr sie vorsichtig über Jonahs Rücken und lächelte zufrieden. "Super," sagte dieser, lächelte zurück und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann nahm er sich eine Banane, setzte sich auf einen großen Stein und fing an zu essen.

"Hoffentlich geht es Marlias Bein bald besser. Wenn man nicht laufen kann ist das immer schlimm," bemerkte Allison, während Linus mit einer ihrer Haarsträhnen spielte.

"Deshalb bin ich nicht mitgekommen," Selina setzte sich zu ihr und schlug die Beine übereinander. "Wenn man nicht klettern kann, sollte man es auch nicht versuchen."

"Du hättest den Ausblick sehen müssen," sagte Jonah kauend und Linus nickte. "So einen Blick bekommst du nie wieder." "Wenn wir hier für immer bleiben vielleicht schon," Selina zuckte nur mit den Achseln und bließ sich die Haare aus der Stirn.

"Du Optimistin," Allison stupste ihr in die Seite und grinste. "Etwas Gutes hat das Ganze hier ja," bemerkte Linus und sah sich um. "Wir erleben viel, machen Erfahrungen und lernen."  "Nicht jeder kann das von seiner Abireise  behaupten," fügte Jonah lachend hinzu und die anderen stimmten mit ein. "Außerdem lernen wir uns alle besser kennen. Ohne diesen Absturz hätten wir dich, Linus nie kennen gelernt," "Oh, ja stimmt," fiel Allison auf und drehte ihren Kopf zu ihm. "Mir kommt es vor als wüden wir uns schon ewig kennen," er lächelte sie an.

"Und ohne dieses Ganze hier," Linus fuchtelte mit den Händen in der Luft umher, "Würdet ihr euch nicht so nahe stehen," er deutete auf Selina und Jonah, "Genau wie Marlia und Felix."              

Selina grinste zu Jonah rüber, der die Bananen-schale in den nächsten Busch warf und sich neben sie setzte. "Ach, das zwischen Marlia und Felix ist doch nur ein Sommerflirt," meinte Selina und legte ihre Hand auf Jonahs Bein. "Denke ich auch," meinte dieser und fuhr mit seiner Hand über ihren Rücken.

"Echt? Ich glaube nicht," Allison stütze sich auf ihre Hände und lehnte sich nach hinten. "Marli sieht schon ziemlich verknallt aus," "Was die wohl gerade treiben?" Linus zuckte spielerisch mit seinen Augenbrauen und Allison verdrehte die Augen. "Ihr Bein ist im Arsch, da werden sie wohl nichts wildes machen." Linus verzog enttäuscht das Gesicht und Jonah lachte.

...

"Woran denkst du?" Nach einer kleinen Knutscherei lag Marlia in Felix Arm und beide schauten zum Himmel, beobachteten die Blätter. Die Sonne war untergegangen, es wurde langsam dunkel und immer kühler. Sie kuschelte sich an seine Brust und sah wie die letzten Vögel in ihren Nästern verschwanden. "Irgendwie an Alles und an Nichts. Kennst du das?" seine Stimme war belegt, und seine Augen schwer. Marlia nickte.         "Ja kenne ich," ihr ging es ganz ähnlich. Gedanken, ob sie morgen satt werden würden, ob bald ein Flugzeug vorbei kommen würde. Ob ihre Eltern noch nach ihnen suchten, oder ob sie die Hoffnung aufgegeben hatten. Ob es Emma gut ging und was sie wohl an Marlias Stelle getan hätte.

"Geht es deinem Bein gut?" fragte er und sah ihr in die blauen Augen. "Einigermaßen, tut noch weh, wird aber besser," er gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn. "Das wird schon, solche Wunden heilen schnell." Sie nickte stumm und blickte in seine tief braunen Augen. Braune Augen strahlten eine Ruhe und Gelassenheit aus, die Marlia immer bewundert hatte. Sie konnte verstehen was Emma in ihm sah. Gesehen hatte. Immer noch sah?

Man konnte kaum noch die Hand vor Augen erkennen, als die anderen vier wieder zurück kamen. "Da seid ihr ja, wir hätten uns fast Sorgen gemacht," meinte Marlia, als sie sich auf ihrem Schlafplatz zusammen gerollt hatte, soweit es ihr Bein zu ließ. 

"Ach ihr habt uns doch sicher nicht vermisst," zwinkerte Linus, worauf hin Marlia rot anlief und sehr  dankbar war, dass es zu dunkel war, um es zu bemerken. Felix nahm unbemerkt ihre Hand und drückte sie leicht. "Leg dich einfach hin," befahl Marlia genervt und schloss die Augen. "Aye, aye Captain," kicherte er und legte sich auf das weiche Moos. "Gute Nacht Captain," "Ach halt die Klappe Linus und schlaf! "

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real-charlott

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