Kapitel 3

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Seit Tagen, die sich wie Wochen anfühlen, hänge ich hier schon herum, während ich mich noch immer wie von einem LKW überfahren fühle. Jedes Mal wenn ich alleine aufwache und Harry nicht da ist, trifft es mich wieder. Alles ist Realität. Verdammt, wie kann man einen Menschen so sehr wollen und doch nicht wollen? Wie kann man ihn lieben und doch so sehr hassen? Ich brauche ihn, aber ich will ihn nicht brauchen. Warum muss das Leben immer so unfair und verwirrend sein?

Michelle betritt den Raum und stellt sich direkt vor den seit Tagen laufenden Fernseher, sodass ich diesen nicht mehr sehen kann. Sie verschränkt die Arme und ich rolle mit den Augen. Ich wünschte, ich hätte die Energie, sie wegzuschicken.

Ich kann ja verstehen, dass ich nicht gerade wie das blühende Leben aussehe, aber muss sie sich deswegen direkt solche Sorgen machen? Momentan bin ich einfach nicht in der Lage, mich zu irgendetwas aufzuraffen oder mit ihr darüber zu sprechen. "Louis, ich habe die Schnauze voll. Wenn du schon mein Mitbewohner bist, dann sei bitte nicht so ein Häufchen Elend, das kann man sich ja nicht mit ansehen."

"Du stehst im Weg", gebe ich müde von mir. Ich weiß ja selbst nicht, warum ich mich so sehr von einem Typen herunterziehen lasse . Aber seit einigen Tagen fühlt sich mein Körper wie betäubt an. Auf nichts habe ich Lust, nichts dringt mehr richtig zu mir durch. Mich vom Sofa zu erheben strengt mich so sehr an, als wäre ich einen Marathon gelaufen.

Unbeeindruckt von meinen wenigen Silben drückt sie einfach den Powerknopf und lässt so den Bildschirm schwarz werden. "Ist doch egal, was ich mache", murmle ich und schaue zum Fenster. Michelle rührt sich nicht vom Fleck. "Louis Tomlinson! Du bewegst jetzt deinen unverschämt gutaussehenden Arsch hoch, springst unter die Dusche und kommst mit mir nach draußen. Und dann reden wir! Glaub mir, mit einer fremden Person ist das oft einfacher als mit Freunden."

Draußen... Allein die Vorstellung, unter Menschen zu sein, überfordert mich. Was wäre, wenn Harry, Liam oder Zayn da durch die Gegend laufen? Das könnte ich nicht ertragen. Ich würde wieder in Tränen ausbrechen, während der Schmerz mein Herz zerreißt. "Nein", sage ich daher nur.

Michelle stöhnt und verdreht die Augen, ehe sie die Hände in die Hüften stemmt und wie eine große Schwester vor mir steht. Ich sehe sie tief Luft holen, bevor sie lauter wird: "Junge, was bist du für ein Lappen? Wie lange willst du noch vor dich hin vegetieren? Du lungerst hier rum wie ein verdammter Penner mit deinen dreckigen und stinkenden Klamotten! Mein Onkel hat mir von einem selbstverliebten und arroganten Kerl erzählt, der für seine kleine Größe eine viel zu große Klappe hat. Wo ist der bitte?! Ich sehe den hier nirgends. Wenn dein Macker dich wirklich verarscht hat, wäre es doch nur eine Genugtuung für ihn, dich so zu sehen. Willst du das?! Der würde sich über dich kaputtlachen. Also reiß dich zusammen, komm endlich ausm Knick und beweg deinen Arsch!"

Ungläubig blinzelnd starre ich sie an: "Hast du mich gerade Lappen genannt?" Sie sollte mich jetzt lieber nicht provozieren.

"Jaaaa, habe ich, du Lappen!", wiederholt sie und zuckt mit den Achseln.

Meine Wangen glühen, als ich sie wütend anfunkle. Michelle lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich starre sie an, doch mein böser Blick interessiert sie nicht im Geringsten. "Ist das dein verfickter Ernst?", frage ich fassungslos. Ich werde doch wohl mal ein paar Tage deprimiert sein dürfen.

Wieder zuckt sie mit den Achseln. Ich schnaube und fahre mir mit der Hand durch die fettigen Haare, bevor ich aufspringe, auf sie zulaufe und wild mit den Armen gestikuliere: "Nenn mich noch einmal Lappen und du kannst was erleben! Ich bin kein verdammter Lappen! Hast du dir mich schon einmal angeschaut? Ich bin der heißeste Kerl von San Francisco! Man sollte eine verdammte Wachsfigur in Madame Tussauds von mir aufstellen und eine Straße nach mir benennen!"

"Oder eine Irrenanstalt."

Aufgebracht lasse ich die Arme sinken: "Sei froh, dass du eine Vagina hast, ansonsten hätte ich die Einladung zur Ohrfeige genau jetzt angenommen!" Michelle zuckt nicht einmal mit der Wimper und als sich ihre Lippen auch noch zu einem süffisanten Grinsen verziehen, habe ich genug. "Fick dich!", fauche ich, drehe mich um, schnappe mir frische Unterwäsche und schlage den Weg Richtung Badezimmer ein.

"Tzz, ich geb' dir gleich Lappen", fluche ich leise und schalte die Dusche an, bevor ich mich darunter stelle. Rasch spüle ich den Dreck der letzten Tage von meiner Haut, reinige jeden Zentimeter meines Körpers. Dabei habe ich endlich das befreiende Gefühl, störenden Ballast über Bord zu werfen, um meiner Seele etwas Gutes zu tun. 

Als ich den Badvorleger betrete, greife ich zu einem sauberen Handtuch, das ich mir um die Hüfte binde. Michelles Föhn liegt auf einem Regal und mit geübten Griffen zaubere ich mir eine gutliegende Frisur.

Ich rümpfe die Nase, als ich die leichten Augenringe betrachte, weswegen ich mir kurzerhand den Concealer aus dem kleinen Glasschälchen schnappe und davon etwas auf mein Gesicht tupfe. Gut, dass meine Schwestern früh mit dem Schminken angefangen haben. Zum Schluss huschen meine Augen noch einmal über meinen gutaussehenden Oberkörper, der seit Zayns Training noch definierter geworden ist. Ja, das Resultat lässt sich wirklich sehen.

Als ich zurück ins Gästezimmer stampfe, liegt Michelle mit ihrem Handy auf dem Bett und hebt ihren Blick. "Uh, heißer Body", kommentiert sie.

"Fresse halten!", zische ich und krame aus meiner nicht ausgepackten Tasche ein paar Klamotten, die ich auf das Sofa werfe. Meine Füße finden den Weg in neue Socken, bevor ich mich in die schwarze Jeans zwänge, was bei noch leicht feuchten Beinen gar nicht so einfach ist. Ich schnaube, als ich gerade den Jeansknopf schließe und Michelle mich dabei unverhohlen beobachtet. Schlaufe für Schlaufe durchläuft mein Gürtel, und schlussendlich greife ich zum roten T-Shirt. Vor dem Spiegel richte ich noch einmal ein paar Strähnen, die durch mein hastiges Anziehen durcheinander geraten sind, ehe ich meinen Zeigefinger drohend auf meine Mitbewohnerin richte: "Nenn mich noch einmal Lappen und ich mach dich fertig, Bitch!"

Michelle grinst wie eine Bekloppte und ich weiß, dass sie ihr Ziel erreicht hat - jedenfalls für den Moment.

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Ich wünsche euch einen angenehmen Wochenstart :)


Zatago II - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt