"Harry...", murmle ich, woraufhin er wieder den Kopf schüttelt. "Nein, lass gut sein. Ich hab' schon verstanden. Ich habe alles zerstört und nun muss ich mit den Konsequenzen leben. Das habe ich wohl verdient." Seine gequälte Stimme ist furchtbar, sodass es mir selbst unfassbar wehtut. Langsam hebe ich eine Hand und wische mit meinem Zeigefinger seine Tränen weg. Ganz leise schnaubt er und schüttelt den Kopf. "Hör bitte auf", flüstert er.
Ich seufze: "Harry. Mach bitte deine Augen auf."
Er tut zwar, worum ich ihn bitte, doch sein Kopfschütteln bleibt. Seine Augen sind leicht gerötet und sein Ausdruck gequält. "Harry, ich glaube...", fange ich an, werde jedoch sofort von ihm unterbrochen. "Schon okay, du musst dich nicht erklären." Umständlich versucht er mich wegzuschieben, um aufzustehen, doch rasch schnappe ich mir seine Handgelenke. "Harry! Wir haben doch gerade festgestellt, dass wir uns gegenseitig aussprechen lassen müssen oder?" Verdutzt hält er inne, seufzt dann aber und nickt, ehe ich weiterspreche.
"Gut. Nur weil ich jetzt nicht mit dir zusammen sein möchte, heißt das nicht, dass es immer so bleibt, okay? Glaubst du wirklich, dass all meine Gefühle verschwunden sind? Natürlich nicht. Aber... es geht gerade nicht. Und es tut mir leid, dass es so ist, aber ich kann es nicht ändern. Bitte gib mir Zeit." Keine Ahnung, ob meine Worte Sinn ergeben, aber das ist, was ich fühle. Und ich bete dafür, dass Harry mir die Zeit gibt. Denn ich will diese Beziehung wiederhaben, ich will ihn wiederhaben, aber damit es funktioniert muss die Basis gestärkt werden.
Er räuspert sich. "Wie stellst du dir das vor?", haucht er fast schon ängstlich, während er mir in die Augen blickt. Ich schlucke, denn so genau weiß ich das auch nicht. Vor allem beim Anblick seines nackten Körpers vor mir. Aber unmöglich können wir weiterhin Sex haben, ohne zusammen zu sein. Das eben hätte ich schon nicht machen sollen, damit habe ich Harry nur Hoffnungen gemacht, die ich gleich wieder zerstört habe. Tief hole ich einmal Luft, ehe ich nicke: "Das eben gerade tut mir leid, ich... hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich wollte dich wirklich nicht verletzen. Aber bitte lass es uns langsam angehen. Wie Freunde."
"Wie Freunde?", wiederholt Harry meine Worte mit großen Augen. Ich weiß genau, was er denkt. "Ja. Ich denke, wir brauchen ein paar Regeln. Kein Sex, keine Küsse und keine sonstigen Berührungen. Wir verhalten uns wie Freunde. Das klingt doch ganz einfach oder?"
Erst zieht er ungläubig die Augenbrauen hoch, ehe er gluckst und den Kopf schüttelt. "Du willst mich wirklich leiden sehen oder? Also, nur noch mal für mein Verständnis. Ich darf dich nicht mehr anfassen? Wir haben keinen ... heißen, hingebungsvollen, schweißtreibenden Sex? Wir dürfen keine zärtlichen oder gar leidenschaftlichen Küsse austauschen? Und du nennst das einfach? Was ist, wenn ich mich einfach von deinen Lippen fernhalte? Ich meine, Freunde küssen sich manchmal. Auf die Wange oder so ...", beendet er seine Bedenken.
Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen. Die Erinnerung von seiner Zunge und seinen Lippen an meinem Hals jagt mir einen Schauer über den Rücken. "Nein. Gar keine Küsse."
Harry seufzt und lächelt traurig. "Na gut. Noch irgendwelche Regeln, die ich kennen sollte?"
"Vermassle es nicht. Wenn es nicht klappt, werden wir auch das beenden müssen."
Daraufhin stirbt sein gequältes Lächeln, während er blass wird. An seinem Hals sehe ich, wie er schluckt. "Okay", haucht er kaum hörbar. Das hätten wir geklärt. Oder? Und auch wenn ich weiß, dass es für mich ebenfalls schwierig wird, ist es besser so. Eine Beziehung ohne richtiges Vertrauen wäre nicht gut. Das hoffe ich jedenfalls, denn vor Harry hatte ich nie eine Beziehung.
Weil ich noch immer seine Handgelenke in meinem Griff habe, lasse ich ihn los und erhebe mich ächzend. Über drei Wochen hatte ich keinen Sex mehr, was ich gerade zu spüren bekomme. Aus dem Regal schnappe ich mir einen Waschlappen und halte ihn unter lauwarmes Wasser, ehe ich damit das restliche Sperma von meinem Bauch wische. Nach dem Ausspülen reiche ich ihn Harry und ziehe mir dann rasch meine Boxershorts wieder über.
"Soll ich dich noch irgendwo hinfahren?", fragt Harry unsicher, als auch er wieder seine Unterwäsche anhat. Seufzend schaue ich nach draußen. "Nein, es ist mitten in der Nacht. Stört es dich, wenn ich hier übernachte?"
"Louis, ich sehe es auch als deine Wohnung. Natürlich stört es mich nicht. Du kannst so lange bleiben, wie du willst", sagt er. Ich sehe ihn einfach nur an, weil ich nicht weiß, was ich antworten soll. Einige Sekunden schauen wir uns stumm in die Augen, sind im Blick des anderen gefangen, ehe Harry sich schüttelt und dann das Bad verlässt.
Er läuft die Wendeltreppe hinauf und direkt in sein Schlafzimmer. Aus einer Kommode zieht er ein Bettlaken, das er auf eine der beiden Bettdecken wirft. "Da du Abstand haben möchtest, gehe ich davon aus, dass wir auch nicht in einem Bett schlafen werden?", hakt er nach und kurz meine ich einen leichten Vorwurf herauszuhören. "Ja", antworte ich nur. Harry presst nickend die Lippen zusammen, bevor er zum Bettzeug greift, das ich ihm abnehmen will. Er lässt es allerdings nicht zu: "Nein, du schläfst im Bett. Ich nehme ab jetzt das Sofa."
"Harry, ich kann ruhig auf dem Sofa schlafen, das macht mir nichts aus", widerspreche ich ihm.
"Nein, kommt nicht in Frage. Ich gehe nach unten. Schlaf gut, Louis." Von seinem Nachttisch nimmt er sich noch sein Handy, ehe er zur Tür tappt.
"Warte kurz, Harry", bitte ich ihn, woraufhin er sich direkt wieder umdreht und mich erwartungsvoll anblickt. "Äh, du hast sicher meine ganzen Klamotten weggeräumt. Wo sind die? Ich habe nur mein Hemd mit und da es nun doch schon kühler wird, würde ich gerne ein T-Shirt zum Schlafen haben."
Für einen Moment blitzt Enttäuschung in seinen Augen auf und ich befürchte, dass er sich kurz Hoffnungen gemacht hat, doch hier schlafen zu können - mit mir. Er wendet den Blick ab und seine Augen huschen wild durch den Raum. "Du wirst sie schon finden", flüstert er und dreht sich dann um, ehe er den Raum verlässt und die Tür hinter sich schließt. Seine Schritte höre ich auf der Treppe, bis diese verstummen und ich mich aus meiner Starre löse. Ich schaue zum riesigen Kleiderschrank, bevor ich darauf zulaufe und die Türen und Schubladen öffne. Scharf ziehe ich die Luft ein, als ich meine eigene Kleidung so vorfinde, wie ich sie damals zurückgelassen habe. "Ach Harry", seufze ich. Tatsächlich hat er nichts weggepackt. Für einen Augenblick überlege ich, mir ein T-Shirt von Harry zu schnappen, allerdings würde das die falschen Signale geben, wenn er es entdecken würde. Deswegen greife ich schweren Herzens zu meinem eigenen Oberteil und streife es mir über.
Das große Deckenlicht knipse ich aus, bevor ich mich ins gemütliche Bett lege. Welch Wohltat das ist, wenn man vorher tagelang auf einer Couch geschlafen hat. Jetzt wo es dunkel ist, lasse ich die letzten Stunden Revue passieren. Michelle und ich waren auf dem Maskenball, um das Collier zu stehlen. Dabei hat sie beinahe Zayn umgebracht. Ich will mir gar nicht ausmalen, dass das hätte passieren können. Anschließend bin ich wieder auf Zatago gelandet. Harry und ich haben uns angeschrien, wir haben Sex gehabt und wir sind nicht wieder zusammen, obwohl wir uns mehr oder weniger ausgesprochen haben.
"Was für ein Tag", seufze ich leise und drehe mich auf die Seite. Ich schließe die Augen und nehme den vertrauten Geruch des Kissens auf. Harry schläft immer auf dieser Seite und ich bin mir sicher, dass er mit Absicht die Bettwäsche der anderen Betthälfte mit nach unten genommen hat. Bei dem Gedanken muss ich grinsen. Dieser süße Idiot.
Es ist schon merkwürdig, wie man sich selbst verändert, wenn man sich verliebt. Obwohl ich früher nichts auf Beziehungen gegeben habe, brauche ich nun dieses Vertrauen. Erst dann kann ich mich wieder voll und ganz auf ihn einlassen.
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Wie Freunde also. Hat doch schon einmal wunderbar funktioniert, nicht wahr? ;) Ob Louis das selbst durchhält?

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Zatago II - [Larry-AU]
Fiksyen PeminatTeil II von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Nicht einmal in seinen absurdesten Träumen hätte Louis sich vorstellen können, nach so kurzer Zeit wieder von diesem Gefühl...