Kapitel 6

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"Donner und Doria! Das nenn' ich mal einen heißen Fummel!", staune ich, als Michelle einige Tage später in ihrem schwarzen Kleid aus dem Badezimmer kommt. Es ist zwar bodenlang, doch seitlich verläuft ein langer Schlitz, den ich mit schiefgelegtem Kopf inspiziere, da er wirklich sehr weit hochgeht. "Hast du überhaupt ein Höschen an?", frage ich, wofür ich direkt einen kräftigen Schlag auf meine Brust kassiere. Autsch, das tut ganz schön weh.

Und warum zum Teufel wollen mir alle meinen makellosen Körper verhunzen?

"Ein Gentleman sollte eine Lady nicht fragen, ob sie ein Höschen anhat", sagt sie gespielt empört, woraufhin ich laut anfange zu lachen. "Wir wissen beide, dass ich kein Gentleman bin." Michelle schüttelt grinsend den Kopf, ehe sie sich umdreht und zu ihrem Schmuck greift. "Oh holla! Hast du überhaupt einen BH an?", rufe ich aus und muss mich zurückhalten, nicht schon wieder zu lachen. Das taillierte Kleid umschmeichelt nicht nur ihre sportlichen Kurven, nein, es ist auch komplett rückenfrei. Erst beim Steißbein beginnt wieder der Stoff und verhüllt damit ihren Po.

"Es gibt sehr hilfreiche Klebe-BHs, du Lappen. Wie würde das denn bitte aussehen, wenn man den BH hinten sehen würde? Richtig! Scheiße!", kontert sie und streicht dabei eine Seite ihrer Haare hinters Ohr. Schmunzelnd schiebe ich meine Hände in die Hosentaschen meiner Anzugshose und mustere Michelle noch einmal. Ihr Make-up hat sie überwiegend natürlich gehalten, lediglich die Lippen leuchten in einem satten Rot. Die dunklen, langen Haare hat sie heute mit dem Lockenstab bearbeitet und auf Schmuck hat sie größtenteils verzichtet, nur ein filigranes Armband baumelt ihr ums Handgelenk. Die roten Highheels haben den gleichen Ton wie ihr Lippenstift und bringen ihre endlos langen Beine noch mehr zur Geltung. Ja, sie sieht ganz nett aus, aber dennoch wird sie mein Blut niemals in Wallung bringen. Ich brauche einfach einen Kerl - Harry um genau zu sein. Seufzend reibe ich mir über das Gesicht. Hoffentlich lenken mich die Gedanken an ihn heute nicht zu sehr ab.

"Können wir dann?", fragt Michelle lächelnd und greift zu der ebenfalls schwarzen Clutch. Schnell setze auch ich wieder ein grinsendes Gesicht auf und nehme die Schachtel mit unseren Masken vom Sofa.

Ich staune nicht schlecht, als wir durch die schmalen Nischen der Häuser huschen und schließlich auf der Hauptstraße vor einem weißen Rolls Royce zum Stehen kommen. Ungläubig ziehe ich die Augenbrauen hoch und sehe zu Michelle. "Was soll ich machen? Da muss man eben mit einem entsprechenden Aufzug ankommen", weist sie die Schuld von sich und nimmt dann auf dem Rücksitz der Nobelkarosse Platz.

Um ungestört reden zu können, verschließt Michelle die Scheibe zum Fahrer. "Wir werden erst einmal den Ablauf mitmachen müssen, damit es nicht auffällig ist. Das heißt den Empfang, ein bisschen vorgespielte Heuchelei und das Dinner. Aber iss wirklich nur ein bisschen, damit wir danach noch unseren Job machen können, klar?" Stöhnend verdrehe ich die Augen, denn bereits mehrfach hat sie mich darauf hingewiesen. Sie nickt und greift dann zu der Schachtel in meiner Hand.

Unsere Masken sind beide in gold gehalten. Während meine recht schlicht ist, hat die von Michelle hauchfeine Verzierungen. "Also Masken schön und gut, aber ich finde solche Teile ja irgendwie gruselig", meine ich, als sie ihre Maske aufsetzt. Ja, es hat etwas Geheimnisvolles, aber schön finde ich sie einfach nicht. "Mecker' nicht rum und setz das Teil auf, Louis." Grinsend nehme ich die Schachtel und setze dann auch meine Maske auf.

Der Fahrer lenkt den Wagen in die riesige Auffahrt, während ein Angestellter die Autotür für uns öffnet. Ab jetzt muss ich mich zusammenreißen, nicht ständig mit den Augen zu rollen. Geld gefällt mir auch, aber dieses Getue ist für mich dann doch zu viel.

Ein rosafarbener Teppich ist ausgerollt und wie besprochen, lege ich den Arm um die Taille meiner Begleitung, während wir über den mit Fackeln versehenen Weg schreiten. Ehrlich gesagt, schüchtert mich der Glamour ein bisschen ein. Harry hat zwar auch eine Menge Geld, aber durch die Ranch wirkte alles so, als wären die Jungs auf dem Boden geblieben.

Zatago II - [Larry-AU]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt