Der ganze Hof steht voller Autos mit schwarz-weißer Lackierung. Die roten und blauen Lichter wirken selbst bei Tageslicht bedrohlich. "Nein...", hauche ich fassungslos. Bewaffnete Männer in dunkler Kleidung stürmen das Gebäude.
"Fuck, wir müssen hier weg!", zischt Liam, doch ich bewege mich kein Stück, zu schockiert bin ich von dem Anblick.
"Louis! Komm! Wir müssen verschwinden!"
"Was, nein...Harry...", murmle ich, als sich meine Füße Richtung Zatago bewegen wollen, während mein Blick fest auf das Bild in weiter Ferne fixiert ist. "Louis! Bist du bescheuert?!", höre ich Liams Stimme. Plötzlich packt er mich an den Armen und will mich nach hinten ziehen. Mein Atem wird hektisch. Mein Blut rauscht in den Adern. Ich erwache aus meiner Starre, als mir bewusst wird, was das überhaupt zu bedeuten hat. "Harry!", brülle ich. Mein Körper will sich losreißen, doch Liam ist stärker als ich und presst mir von hinten eine Hand auf den Mund. "Bist du des Wahnsinns?! Schrei hier nicht so rum, sonst entdecken die uns!", sagt der Braunhaarige.
Mit diesen Worten weckt er meine Wut, meine Panik und meine Verzweiflung. Sie haben uns doch schon entdeckt! Sie werden Harry verhaften! Wir müssen ihm helfen! Wie kann Liam hier so ruhig bleiben und nicht eingreifen?! "Nnnmmnnhhhh!" Genau diese Dinge will ich ihm an den Kopf werfen, doch weil er mir noch immer seine Hand auf den Mund drückt, verlassen nur panische Geräusche meine Kehle.
Ich muss zu Harry!
Noch immer versuche ich durch Zappeln von ihm loszukommen. Liams Griff ist allerdings so fest, dass ich es nicht schaffe. Stattdessen zerrt er mich weiter Richtung Wald. Niall sieht auch ängstlich aus, doch immer wieder schaut er zurück, ob man uns folgt. "Nnnnhhhhhhh!!!", quietsche ich, will ihn anschreien, dass er mich gefälligst loslassen soll. Ich kann doch nicht Harry alleine lassen! Wir haben uns gerade erst wieder versöhnt! Warum trennt man uns schon wieder?! "Louis, bitte! Es reicht, wenn einer von uns festgenommen wird. Wenn du da jetzt hinrennst, wanderst du auch in den Knast!", redet Liam auf mich ein. Doch das ist mir egal! Lieber gehe ich mit Harry in den Knast, als von ihm getrennt zu sein!
Ich will meinen Mund öffnen, ich will ihm in die Hand beißen, damit er mich loslässt. Aber es funktioniert nicht. Warum hat der Kerl so viel Kraft? "Nnnnnnhhh!", versuche ich es weiter. Mein Mund wird trocken, während mir unglaublich heiß wird und ich kalten Schweiß auf meiner Stirn spüre. Eine Träne löst sich aus meinem Auge. Einfach alles fühlt sich unsäglich falsch an. Warum will Liam Harry nicht helfen?! Warum macht Niall denn nichts?! So werde ich Harry vielleicht nicht wiedersehen! In mir zersplittert etwas. Kleine Glasscherben dringen in meinen Brustkorb und bahnen sich ihren Weg tiefer in mein Inneres, bis ich kaum noch atmen kann. "Harry würde auch nicht wollen, dass du dort hinrennst", raunt Liam dicht an meinem Ohr.
Würde er nicht? Das kann sein, aber es fühlt sich an, als würde ich ihn im Stich lassen. Das kann ich doch nicht machen!
Erst als wir blickgeschützt im Wald ankommen, bleibt Liam stehen. Er atmet heftig, weil ich mich so sehr gewehrt habe. "Kann ich dich loslassen, ohne, dass du gleich abhaust?", fragt er im wirschen Ton. Da er noch immer nicht meinen Mund freigegeben hat, versuche ich zu schnauben und nicke. "Wirklich?" Natürlich nicht, aber anders habe ich ja keine Chance, hier wegzukommen! Also folgt wieder ein Nicken meinerseits.
Ganz vorsichtig und langsam, als wäre er sich nicht sicher, ob er mir trauen kann, löst er seine Arme von mir. Einen Moment halte ich still, bis ich keinen Körperkontakt mehr mit ihm spüre. Erst dann sprinte ich mit einem Satz los. "Scheiße! Louis!", brüllt Liam und rennt mir hinterher. Mein Herz donnert in meiner Brust, während mir schwindelig wird. Obwohl ich mich ganz benommen fühle, laufe ich weiter.
Ich muss Harry helfen!
Leider habe ich viel zu wenig Vorsprung, weshalb Liam mich bereits nach einigen Metern erreicht. "Bleib stehen!" Seine Hand packt meinen Arm und zieht mich ruckartig zu ihm. Mein Körper prallt gegen den von Liam. Durch die Geschwindigkeit und den Schwung stolpern wir über den unebenen Waldboden, kommen ins Schwanken und fallen schließlich über eine Baumwurzel. Das erste Laub dämpft den Aufprall nicht ab, weshalb ein stechender Schmerz durch meinen Rücken schießt. Auch Liam gibt ein gequältes Stöhnen von sich, als er auf mir landet. Ein paar Sekunden brauche ich, bis ich wieder realisiere, was gerade passiert ist. "Geh runter von mir!", schreie ich ihn an. "Vergiss es!", schnaubt Liam, der auf mir liegt und meine Arme festpinnt.
Mit wütenden Augen funkle ich ihn an: "Du bist der scheiß Verräter!"
Liams Augenbrauen ziehen sich verständnislos zusammen, sodass eine nachdenkliche Falte auf seiner Stirn entsteht. "Was redest du da? Was für ein Verräter?", will er von mir wissen, aber darauf falle ich nicht rein. Das macht viel zu sehr Sinn, als dass es nicht stimmt. "Tu doch nicht so!", brülle ich. "Du bist eifersüchtig, weil ich mit Harry zusammen bin und nicht mit dir! Du willst dich rächen und hast ihn deswegen bei der Polizei verraten! Und jetzt hast du mich rausgelockt, damit sie Harry festnehmen, aber nicht uns. Du wolltest ihn aus dem Weg räumen, damit du freie Bahn hast! Aber vergiss es, mich bekommst du nicht!", schreie ich ihm ins Gesicht, während ich meine Muskeln anspanne.
Liam schluckt, bevor in seinen Augen der Schmerz aufflackert, den ich ihm mit meinen Worten bereiten muss. Und doch ist es mir egal. "Das würde ich nicht wagen", flüstert er, sodass Niall es nicht hört. Eine Windböe fegt über uns, wodurch ein paar Blätter aufgewirbelt werden und rascheln. Einen Moment zögere ich, da Liams Gesicht so ehrlich aussieht, doch schnell schüttle ich den Kopf. "Versuch gar nicht erst, mich zu verarschen! Du warst es! Das liegt doch auf der Hand!", schnaube ich.
"Louis...", murmelt Liam. "Wie kommst du darauf? Was ist passiert?"
"Tu nicht so unschuldig! Jemand hat uns bei der Polizei angeschwärzt! Und das warst du!", schimpfe ich unter wehrendem Protest weiter. Wenn er es nicht gewesen wäre, aber Nachrichten geschaut hätte, wüsste er sowieso, dass es Hinweise gibt. Von daher ist es auch egal, wenn ich es jetzt erzähle. "Was?" Liams Pupillen werden groß und abwechselnd huschen sie zwischen meinen Augen hin und her. "Du hast mich schon richtig verstanden! Und das nur wegen deiner scheiß Eifersucht!"
Es bleibt eine ganze Weile still, in der wir uns nur wütend anstarren. Jeder versucht im Blick des anderen zu lesen. Man sieht quasi die Zahnrädchen in Liams Kopf arbeiten. Worüber denkt er nach? Wie Harry und ich das herausgefunden haben? Oder wie er mir eine weitere Ausrede auftischen kann?
"Wir wurden bei der Polizei verraten?", versichert er sich noch einmal, woraufhin ich meine Augen verdrehe. "Sprech' ich rückwärts oder was?", blaffe ich ihn an.
"Ich... Und du glaubst, dass ich das war?" Er klingt vollkommen entsetzt und fassungslos. "Nein, ich wollte gerade nur witzig sein." Vielleicht versteht er mich ja mit Sarkasmus.
Für den Bruchteil einer Sekunde landet Liams Blick auf meinen Lippen, danach sieht er mir aber sofort wieder in die Augen. Er schüttelt den Kopf, während er sich aufrichtet, aber auf meinen Oberschenkeln sitzen bleibt. "Harry ist mein bester Freund, Louis. Und du... nein, ich war das nicht. Das musst du mir glauben", bittet er ruhig.
"Wer soll es sonst gewesen sein?", fordere ich ihn heraus, stütze mich jetzt auch mit den Ellenbogen ab. "Ich weiß es nicht, aber ich war das nicht. Das würde ich nicht übers Herz bringen." Irgendetwas in Liams Blick verändert sich. Er wird so intensiv und eindringlich, dass es schier unmöglich erscheint, dass er lügt. Ich kann es mir selbst nicht erklären, aber meine Wut verblasst in diesem Moment ein bisschen. Dennoch werde ich nicht so naiv sein und meinen Verdacht beiseite schieben. "Nenn mir einen Grund, warum..."
"Ähm, Leute?! Ich unterbreche euch ja nur ungerne, aber wir sollten verschwinden. Die Bullen kommen gerade die Koppel hoch", informiert uns Niall, der angehetzt kommt. In meiner Verzweiflung habe ich gar nicht bemerkt, dass er verschwunden war. Liam blickt zu ihm, atmet tief durch, ehe seine Aufmerksamkeit wieder auf mir liegt. "Knast oder Flucht?", fragt er mich. Was für eine beschissene Wahl.
"Hast du Harry gesehen?", erkundige ich mich bei Niall, der das Geschehen auf Zatago beobachtet hat. Schon bevor er etwas erwidert, weiß ich gar nicht mehr, ob ich die Antwort überhaupt wissen will. Und sein bedauerndes Gesicht gibt mir recht.
Harry wurde bereits abgeführt.
Meine Nasenflügel blähen sich auf, meine Augen brennen und mein Atem geht abgehackt. "Ich drängle wirklich ungern, aber du solltest dich entscheiden. Und falls es dir hilft: Selbst im Knast wirst du wohl kaum auf Harry treffen. Ich bezweifle, dass sie euch eine romantische Zelle mit Whirlpool für zwei Personen buchen", kommt es von Niall. Eigentlich würden mich diese Worte zur Weißglut treiben, doch in diesem Moment sind sie genau richtig, damit ich mich entscheide.
Liam deutet mein Nicken richtig. Er rappelt sich auf und streckt mir seine Hand entgegen, die ich dankbar greife. Niall klopft mir auf die Schulter, ehe er Richtung Süden nickt.
Und dann rennen wir.
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Harry wurde verhaftet. Irgendwo sind Informationen durchgesickert. Ob Louis ihn wiedersehen wird? :/ Was glaubt ihr, wird nun passieren?

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Zatago II - [Larry-AU]
FanfictionTeil II von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Nicht einmal in seinen absurdesten Träumen hätte Louis sich vorstellen können, nach so kurzer Zeit wieder von diesem Gefühl...