Am späten Nachmittag kommen wir wieder auf Zatago an.
Zayn verschwindet in seiner Wohnung, während ich Harrys betrete. Nachdem ich meine Tasche in sein Schlafzimmer gebracht habe, räume ich sie eben aus. Harrys Schlafzimmer - eigentlich ist es jetzt auch mein Schlafzimmer, immerhin wohne ich nun wieder hier. Harry verbringt zwar weiterhin die Nächte auf dem Sofa, aber ich hoffe, dass sich das bald ändern wird. Am Ende liegt es nur an mir, aber ein paar Tage brauche ich noch. Ich habe das Gefühl, wir sind noch nicht sonderlich weiter gekommen, was unsere Beziehung angeht. Harry hält sich sehr zurück, so als hätte er Angst, etwas falsch zu machen. Er hält Abstand, stellt keine Fragen und redet fast nur, wenn ich ihn anspreche, beobachtet mich aber sehr oft. Das stört mich und ich will endlich vorankommen.
Mit diesem Entschluss tapse ich die Treppe hinunter, bevor ich mich auf die Suche nach Harry begebe. Er liegt seitlich auf der Couch, während er in einem Buch blättert und seine Stereoanlage leise Musik abspielt. "Hey", begrüße ich ihn. Mein Handy ziehe ich aus meiner Hosentasche, ehe ich mich zu ihm setze. Er sieht auf und lächelt mich beinahe schüchtern an: "Hey."
Ich weiß, dass er gerne wissen möchte, wo wir waren. Genauso weiß ich aber auch, dass er nicht nachfragen wird. Nicht, solange wir diesen schwebenden Zustand zwischen uns haben. "Ich war mit Zayn bei Luigi und Michelle, um meine Klamotten zu holen. Ich hoffe, es ist okay für dich, wenn ich hier wieder einziehe." Seine Augen weiten sich überrascht, als könne er es gar nicht glauben. Er braucht einen Moment, bis er dann stumm nickt. "Gut, dann wäre das ja geklärt", antworte ich, versuche dabei mein Grinsen zu verstecken.
Meinen Blick richte ich nun auf mein Handy, das ich nach knapp vier Wochen das erste Mal wieder einschalten möchte. Dummerweise funktioniert es nicht, weil der Akku leer ist. Deswegen hole ich rasch das Ladekabel, das ich dann neben dem Sofa in die Steckdose stecke. Es braucht einen Moment, aber dann sehe ich wieder das bekannte Hintergrundbild. Es ist ein Foto, das ich mal heimlich von Harry gemacht habe. Lächelnd fahre ich mit dem Daumen darüber, zucke aber zusammen, weil Harrys Handy plötzlich einen schrillen Ton von sich gibt. Auch er erschreckt sich, blinzelt kurz, ehe er zu seinem Handy greift und drauf schaut. Ein kurzer Seitenblick zu mir und ich weiß, was er gerade für eine Nachricht bekommen hat - er hat mich geortet. Vor ein paar Tagen noch wäre ich wahrscheinlich ausgerastet, jetzt finde ich es beinahe niedlich.
Schmunzelnd blicke ich wieder auf mein Smartphone. Zahlreiche Nachrichten trudeln nach und nach ein, allesamt von Harry, Liam und Zayn. Soll ich sie wirklich lesen? Bevor ich weiter darüber nachdenke, öffne ich den Chat von Harry und bereits drei verzweifelt klingende Sätze reichen mir, um die Nachrichten wieder zu schließen. Dass ich jetzt wieder anfange zu heulen, kann ich wirklich nicht gebrauchen.
Harry räuspert sich, ehe er sich aufrecht hinsetzt und dann aufsteht. "Ich wollte noch joggen gehen", informiert er mich, will dann schon aus dem Wohnzimmer verschwinden. Ich schätze, dass ihm bewusst ist, dass ich jetzt seine ganzen Nachrichten lesen kann. "Warte", rufe ich, woraufhin er auf der Stelle innehält. "Ja?", fragt er unsicher, nachdem er sich wieder zu mir gedreht hat.
"Nimmst du mich mit? Ich habe jetzt schon vier Wochen keinen Sport mehr gemacht. Wäre mal wieder angebracht, sonst nehme ich noch zu", grinse ich und stehe bereits auf. Harry schluckt, nickt aber. "Super, dann lass uns eben umziehen."
Harry bewegt sich kein Stück, während ich bereits zur Wendeltreppe laufe. "Ähm", zögert er, was auch mich stoppen lässt. Fragend hebe ich meine Augenbrauen und lege dabei den Kopf schief. "Soll ich... soll ich hier warten, bis du dich umgezogen hast?"
Er ist so unfassbar zurückhaltend und unsicher im Umgang mit mir, dass es manchmal schon fast komisch wirkt. Sobald einer der anderen mit ihm spricht, ist er jedoch wie ausgewechselt. "Harry, du hast mich schon mehr als einmal nackt gesehen. Glaubst du wirklich, es stört mich, wenn du nun dabei bist, während ich mir eine andere Hose anziehe? Nein, also komm schon", bitte ich ihn. Das lässt er sich anscheinend nicht zweimal sagen, denn augenblicklich setzt er sich in Bewegung, um mir nach oben zu folgen.
Umgezogen und jeweils mit einer Wasserflasche bewaffnet, stehen wir wenige Minuten später vor dem Gebäude, wo ich Harry fragend ansehe: "Wo lang?"
"Eigentlich laufe ich immer um die Koppeln, auf den Sandwegen zwischen den Feldern und am Waldrand vorbei. Wir können aber auch woanders lang, wenn du möchtest", gibt er zögerlich von sich. Stirnrunzelnd lasse ich meinen Blick über die sichtbare Koppel schweifen. Momentan sehe ich drei Pferde, die aber alle damit beschäftigt sind, den Rasen zu kürzen. Da werde ich schon nicht in Panik geraten - hoffe ich. "Nein, das ist okay."
"Sicher?"
"Ja, Harry", bestätige ich ihm nochmals, ehe ich mich direkt in Bewegung setze. Harry holt die paar Meter innerhalb von Sekunden wieder ein, sodass wir nebeneinander her joggen können. Die meiste Zeit schweigen wir. Dennoch ist es das erste Mal nicht sonderlich unangenehm. Ich denke, das bemerkt auch Harry. Denn jedes Mal, wenn ich unauffällig zu ihm schiele, sieht er zwar angestrengt aber doch zufrieden aus.
Nachdem wir eine ganze Weile gelaufen sind, verlange ich eine Pause und lasse mich ächzend fallen, um auf dem Rasen alle Viere von mir zu strecken. "Mein Gott, wie schnell verliert man denn bitte Kondition", stöhne ich. "Das geht eben schneller, als sie aufzubauen", erwidert Harry grinsend, ehe er sich umdreht und weggeht. War das gerade ein Grinsen? Vielleicht wird er ja nun etwas lockerer. Schön wäre es jedenfalls.
Nach ein paar tiefen Atemzüge hebe ich meinen Oberkörper ein Stückchen an und stütze mich auf meinen Ellenbogen ab, um zu schauen, was Harry macht. Nicht weit von mir wagt er es doch tatsächlich, mit nacktem Oberkörper Liegestütze an einem Baumstumpf zu machen.
Holla! Baby! Ein Anblick für die Götter! Ich hoffe mit deinem verschwitzten, perfekt durchtrainierten Körper machst du bald auch wieder Liegestütze auf mir!
Hatte ich wirklich schon über einen Monat keinen Sex mehr? Mal abgesehen von den paar Malen, bei denen meine eigene Hand mich unter der Dusche beglückt hat. Gott, das ist so traurig. Kein Wunder also, dass ich bei meinem offensichtlichen Gestarre direkt wuschig werde. Dabei fällt mir ein, wir sind ja doch schon einmal übereinander hergefallen. Wie konnte ich das vergessen - der Abend, an dem ich zurückgekehrt bin.
Als er fertig ist, greift er nach seiner Wasserflasche, aus der er zunächst ein paar Schlucke nimmt und sich dann etwas ins Gesicht spritzt.
Wenn er so weiter macht, spritzt hier noch was ganz anderes...
Ich räuspere mich und schließe wieder meinen Mund, als er zu mir herübersieht. Langsam breitet sich ein sexy Lächeln auf seinem Gesicht aus, und er legt den Kopf schräg, während er mit der Flasche in der einen Hand heranschlendert, sein Shirt in der anderen. Ich grinse und sehe ihn mit klopfendem Herzen näherkommen, während ich den Blick langsam über seinen verschwitzten Körper wandern lasse. Zunächst beginne ich mit seinen tollen Haaren, die er mit einem Bandana fixiert hat und nach dem Sport etwas feucht sind. Aber dann wandert mein Blick nach und nach über seine ausgeprägten Wangenknochen, den starken, glatten Kiefer und seinen Hals entlang zu seinem nackten Oberkörper mit den kleinen Schweißperlen. Dort bleiben meine Augen an jedem einzelnen Muskel hängen, von der Brust hinunter bis zu den sichtbaren Härchen und Adern, die in der Sporthose verschwinden.
Als sich Harry neben mir auf die Wiese sinken lässt, seufze ich. "Musst du dich hier so zur Schau stellen?", necke ich ihn. Daraufhin wird er leichenblass und sein eben noch dagewesenes Lächeln verfliegt. Plötzlich ist sie wieder da - seine Angst, er könne etwas verkehrt machen. "Sorry. Ich wollte nicht... ich... sorry", nuschelt er, zieht sich hektisch sein Shirt wieder über.
"Hey, das war doch nur ein Scherz", beruhige ich ihn. "Ich sehe dich gerne an. Daran hat sich nichts geändert, Harry." Er schenkt mir ein kleines Lächeln, ehe er mit roten Wangen wieder auf den Rasen blickt. "Nein?", fragt er leise.
"Natürlich nicht", versichere ich ihm, woraufhin er nickt und ein paar Grashalme aus dem Boden zieht. Hat er wirklich geglaubt, dass ich ihn nicht mehr attraktiv finde? Als ob das jemals passieren würde. Ach Harry...
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Ihr Lieben, ich hoffe, euch geht es gut? :) Ich glaube, ich werde bald flachliegen :/ Seit heute habe ich Halsschmerzen, meine Augen tränen ohne Ende und die Nase will einfach nicht aufhören zu laufen...
Ich wünsche euch morgen einen schönen Feiertag!

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Zatago II - [Larry-AU]
FanfictionTeil II von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Nicht einmal in seinen absurdesten Träumen hätte Louis sich vorstellen können, nach so kurzer Zeit wieder von diesem Gefühl...