Mein Atem hat sich fast wieder beruhigt, als ich vorsichtig die Augen öffne. Noch immer liegt Harry auf mir, wobei sein Kopf auf meiner Schulter ruht und unsere Nasen sich hauchzart berühren. Seine Lider sind geschlossen, während seine Stirn in Falten gezogen ist.
"Alles in Ordnung?", flüstere ich ihm zu, woraufhin er nickt und sich dann, ohne mir einmal in die Augen zu schauen, aufrichtet. Blinzelnd starre ich auf den Fleck, auf dem eben noch Harrys Kopf lag, ehe auch ich mich langsam wieder hinstelle.
"Hast du hier irgendwo Taschentücher?", frage ich nach, als ich mein Sperma auf dem Fußboden sowie das benutzte Kondom auf dem Tisch sehe. "Nein, ich hole gleich Toilettenpapier", gibt Harry wieder, während er seine Jeans zuknöpft.
Als er kurz darauf sein Büro verlässt und ich so seine ansehnliche Kehrseite präsentiert bekomme, kann ich nicht anders als zu grinsen. Endlich habe ich ihn wieder. Ja, ich hätte ihn auch schon früher wiederhaben können, schließlich war ich die einzige Hürde, aber so ist es gut. Nichts in mir sträubt sich mehr gegen eine Beziehung, denn jede Faser meines Körpers will ihn - in jeder Hinsicht.
Ich bin gerade wieder vollständig angezogen, als Harry zurückkommt und eine Rolle Toilettenpapier dabei hat. Während er das benutzte Präservativ einwickelt, bücke ich mich, um den Boden sauber zu wischen. Nachdem das erledigt ist, nehme ich Harry den Müll aus der Hand, damit ich diesen entsorgen kann.
Beim Zurückkommen steht Harry noch immer ein wenig verloren mitten im Raum. Etwas verwirrt lege ich den Kopf schief und blicke ihn an, denn wirklich begeistert sieht er nicht aus. Hat es ihm etwa nicht gefallen? Oder will er vielleicht gar nicht mehr mit mir zusammen sein und Zayn hatte Recht, dass es irgendwann zu spät ist? Vorsichtig wage ich ein paar Schritte vor, um ihm besser in die Augen zu sehen. So gemein wie sich das auch anhört, bin ich erleichtert, Angst anstatt Abneigung zu erkennen. Damit wird mir auch klar, was er hat.
"Harry", nuschle ich, als ich die letzte Distanz zwischen uns überbrücke. Dicht vor ihm bleibe ich stehen und lächle ihn mit klopfendem Herzen an. "Louis..." Seine Stimme ist nur ein rauchiges und unsicher klingendes Flüstern. Ich hebe meine Arme, damit ich sie um seinen Nacken schlingen kann. "Du brauchst keine Angst haben, dass ich dich jetzt wieder abweise. Beim letzten Mal... das war scheiße von mir, dafür habe ich mich auch entschuldigt. Ganz gewiss werde ich das nicht ein zweites Mal machen", versichere ich ihm. Harry nickt und legt ganz vorsichtig, so als wäre er sich nicht sicher, ob er mich wirklich berühren darf, seine Hände auf meine Hüften. Sofort kribbelt meine Haut an jeder Stelle, während eine Welle von Glück meinen Körper durchströmt.
Ich habe ihn so vermisst.
Lächelnd ziehe ich ihn in eine innige Umarmung, bei der uns beiden ein erleichtertes Seufzen entflieht. Endlich wird alles so wie früher. Die Anspannung der letzten Wochen fällt mit einem Mal von mir ab und als ich merke, wie nahe mir das geht, lege ich meinen Kopf in seine Halsbeuge. Harrys Wange lehnt gegen meinen Kopf, während wir uns gegenseitig halten. Es tut so gut, seine Wärme und Geborgenheit zu spüren. Bei ihm fühle ich mich wohl und beschützt. Nichts und niemand kann dieses Gefühl ersetzen.
Eine ganze Weile stehen wir so, bis wir uns vorsichtig lösen. Lächelnd streichen meine Fingerspitzen über seine Wange, ehe ich ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen gebe. Noch immer hat Harry kein Wort gesagt. Stattdessen starrt er mich unentwegt an, so als würde ich es mir jeden Moment anders überlegen. "Hey", necke ich ihn und fange an zu kichern. "Du darfst ruhig wieder mit mir reden."
Blinzelnd schüttelt er sich kurz, bevor er nickt. "Ja, ich... sorry", murmelte er, während seine Finger durch seine Locken gleiten. Schmunzelnd trete ich einen Schritt zurück, um auf die Kartons zu zeigen. "Was willst du jetzt damit machen?"
"Naja, die Kartons werden wir selbst zum neuen Haus bringen müssen, weil ich nicht will, dass irgendjemand diese Anschrift erfährt. Für die Möbel habe ich Leute organisiert, die diese an einen anderen Lagerort bringen werden."
Verstehend nicke ich. Denn wenn wir schon einen Verräter unter uns haben, könnte es natürlich auch passieren, dass ein Möbelpacker quatscht. Das wäre unvorteilhaft. "Was ist mit deiner Wohnung oben?", frage ich nach, als diese mir in den Sinn kommt. Harrys Lippen verziehen sich zu einem traurigen Grinsen: "Die ist schon leer."
"Was? Wann hast du das alles bitte gemacht, du warst doch immer zu Hause?", hake ich perplex nach. Als ich mit Zayn vor einigen Tagen hier war, war noch alles unverändert, jedenfalls hier unten. In Harrys Wohnung war ich hingegen nicht. "Naja, nachts?"
"Du verarschst mich, oder?" Doch Harry schüttelt nur den Kopf, weshalb ich laut die Luft ausstoße. Kein Wunder, dass er immer so müde aussieht. "Werden sich die anderen nicht wundern, wenn hier alles weg ist?"
"Mag sein, aber eigentlich gibt es aktuell keinen Grund hierher zu kommen. Außer ihr habt wieder so einen Einbruch wie mit Michelle geplant?"
"Nein, haben wir nicht."
"Dann wird erstmal niemand herkommen. Und wenn doch, brauche ich eigentlich keine Erklärung. Das ist mein Büro, mit dem ich tun und lassen kann, was ich will." Es geht alles so schnell und das macht mir Angst. Ich komme mir vor wie auf der Flucht, wobei noch gar nicht wirklich klar ist, was man über uns weiß. Es beruhigt mich jedoch, dass ich es gemeinsam mit Harry mache. Er vertraut mir und ist zum Glück überzeugt, dass ich nicht der Verräter bin. Deshalb will ich ihn so gut wie es mir möglich ist unterstützen. "Gut, dann lass uns mal anpacken."
"Danke, Louis", sagt er leise, ehe er zu den Kartons geht und sich bückt. Mein Blick fällt dabei auf seinen Po.
Meine leckere Sahneschnitte. Endlich kann ich ihn wieder vernaschen wann ich will.
Den ganzen Tag sind wir damit beschäftigt, Kartons in sein Auto zu schleppen und diese in die neue Wohnung zu bringen. Zum Glück ist sie nicht ganz so weit entfernt, weshalb wir nicht unnötig Zeit für die Fahrerei verplempern. Zu meiner Überraschung ist es eine einfache Zwei-Zimmer-Wohnung, die von Luxus nichts kennt und unmöbliert ist. Außerdem besteht Harry noch darauf, dass wir unsere Handys ausschalten und dort lassen. Er reicht mir ein Neues, während er erklärt, dass er bei den anderen die neue Nummer abgespeichert hat, ohne dass die es bemerkt haben. Immer wieder staune ich, was er alles kann.
Es ist noch hell, als wir am Abend wieder auf Zatago ankommen. Liam kratzt gerade einem Pferd die Hufen aus, während Niall ein bisschen Laub zusammenfegt. Zu wissen, dass einer von beiden der Verräter sein könnte, ist ein seltsames Gefühl. Wie soll man sich denn normal mit ihnen unterhalten, wenn man das ständig im Hinterkopf hat? Auch stelle ich mir unweigerlich die Frage, ob die Person auch zu Schlimmerem fähig wäre. Nicht auszudenken, wenn man uns nicht nur verpfiffen hat, sondern auch körperlich schaden will. Und dann sollen wir auch noch alle zusammen zelten? Was ist, wenn es Niall war? Immerhin will er, dass wir in ein paar Tagen mit ihm in einen verstecken Wald fahren. Da könnte er uns sonst was antun. Mit skeptischer Miene blicke ich zu dem blonden Iren. Wäre er wirklich zu soetwas fähig? Irgendwie erscheint es mir suspekt.
Was ist mit Liam? Mit diesem Hufauskratzer kann man mit Sicherheit nicht nur Hufen, sondern auch Augen auskratzen. Bilder von Saw-Filmen spielen sich vor meinen Augen ab und rasch schüttle ich mich. Ich glaube, meine Fantasie geht mit mir durch.
"Ist es okay, wenn ich noch eben mit Liam rede?", fragt Harry mich, als wir aussteigen. "Ja natürlich. Ich freue mich, wenn ihr euch wieder versteht." Und das meine ich auch so. Harry hat ihm die Schuld gegeben, auch wenn wir selbst für unsere Trennung verantwortlich waren. Ich bin mir sicher, dass Harry sich nun auch wieder seinem besten Freund öffnen kann.
Skeptisch hebt mein Geliebter die Augenbrauen: "Freu dich nicht zu früh. Er hat auch ganz schön gelitten. Naja, ich versuche einfach mein Glück. Willst du warten oder schon reingehen?"
"Ich geh schon mal rein", antworte ich, woraufhin Harry nickt und dann Richtung Stall läuft.

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Zatago II - [Larry-AU]
FanfictionTeil II von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Nicht einmal in seinen absurdesten Träumen hätte Louis sich vorstellen können, nach so kurzer Zeit wieder von diesem Gefühl...