Trotz des turbulenten Abends schlafe ich in dieser Nacht tief und fest, sodass ich am nächsten Morgen sehr ausgeruht aufwache. Es waren wohl die Sehnsucht nach Harry und der Schmerz, die mich vorher so oft wach gehalten haben. Jetzt bin ich mir endlich sicher, wie er empfindet, wodurch ich mich gleich viel besser fühle. Natürlich können wir das Geschehene nicht rückgängig machen, weswegen ich die Nähe, die er sich so wünscht, noch nicht zulassen kann. Ich wünsche sie mir ja auch, aber das fehlende Vertrauen hält mich davon ab, sie ihm zu geben. Wenigstens weiß ich, dass es jetzt nicht mehr schlimmer wird, sondern nur noch bergauf geht. Dieser Gedanke beruhigt mich und gutgelaunt schlage ich die Bettdecke beiseite, bevor ich die Treppe hinunter laufe.
Ich lächle strahlend, als ich Harry bereits in der Küche in all seiner blendenden Perfektion vorfinde. Zu meinem Bedauern ist er jedoch schon vollständig angezogen. "Morgen", grüße ich ihn, woraufhin er sich umdreht. Sein Lächeln wirkt nicht echt, was mir sogleich wieder einen Stich versetzt. Ich weiß, dass ich daran Schuld bin, dennoch versuche ich mein Gewissen zu ignorieren. Harry deutet auf die Kanne: "Hey. Kaffee?"
"Ja, bitte." Dankbar nehme ich kurzdarauf die dampfende Tasse entgegen. Beim Blick auf den üppig gedeckten Frühstückstisch beiße ich mir kurz auf die Unterlippe. Er hat sich große Mühe gegeben, sogar eine Kerze hat er angezündet. "Das hättest du doch gar nicht machen müssen, Harry", meine ich, als ich mich hinsetze.
"Ich wollte es aber. Greif bitte zu", erwidert er. Ich nicke und nehme mir ein Brötchen aus dem Körbchen, das ich dann aufschneide. Harry macht es mir nach und schweigend beginnen wir zu frühstücken. Die Stille ist unangenehm, aber mir will partout kein Gesprächsthema einfallen. Zum Glück ist Harry ein Mensch, der immer Radio nebenbei laufen hat. Das macht die Situation etwas erträglicher. Es ist merkwürdig und vertraut zugleich, wieder hier zu sein. Wir gehen nicht so locker miteinander um, wie ich es mir letzte Nacht noch ausgemalt habe. Hoffentlich wird das noch besser.
Nachdem ich gerade den letzten Bissen meiner ersten Brötchenhälfte heruntergeschluckt habe, klingelt es an der Tür, wobei ich mir ein erleichtertes Seufzen verkneifen muss. "Ich mach' mal eben auf", murmelt Harry und verlässt seinen Platz. Diesen Moment nutze ich aus, um meine schwitzigen Hände an der Hose abzuwischen und tief durchzuatmen.
Noch bevor der Besucher in der Küche erscheint, weiß ich, dass es Zayn ist. Dieser scheint gut drauf zu sein und kommt lachend durch die Tür. "Hey ho, Louis. Na alles klar bei dir?", grinst er und schiebt sich ein paar Weintrauben in den Mund. Harry erscheint ebenfalls wieder, bleibt dieses Mal aber stehen. "Ja, mir geht's gut. Was macht deine Verletzung?", erkundige ich mich bei ihm.
"Och, halb so wild", winkt er ab und schielt über den Frühstückstisch. Erstaunt hebe ich meine Augenbrauen und mustere ihn. "Ach, ist das so? ", hake ich nach, woraufhin er die Augen verdreht. Spielerisch gebe ich ihm einen kleinen Klaps auf den Bauch und natürlich krümmt er sich stöhnend. "Tut mir leid, lass mich das mal sehen". Ich bedeute ihm, das T-Shirt hochzuziehen.
"Ich mache bloß Spaß. So weh tut es wirklich nicht", spielt er es hinunter, während ich sein Pflaster untersuche, das stellenweise rot verfärbt ist. Es hat also doch noch geblutet. "Du brauchst auf jeden Fall ein neues Pflaster. Einen Moment." Ich hole eins, während Zayn sich über meinen Kaffee hermacht.
"Da es dir ja solchen Spaß zu machen scheint, mich zu quälen, würdest du das sicher gern übernehmen", grinst er, als ich es ihm wenige Augenblicke später reichen will. Darüber schmunzelnd setze ich mich wieder auf den Stuhl, sodass ich Zayns Bauch auf Sichthöhe habe. Vorsichtig löse ich eine Ecke des Pflasters und vergewissere mich, dass nichts daran hängenbleibt. Dann schaue ich kurz zu ihm hoch und reiße es mit einem Ruck ab.
"Ah, fuck!" schreit er und wendet seinen Körper von mir ab. Sowohl Harry als auch ich fangen an zu lachen, während Zayn mich gerade verflucht. Meine Augen huschen zu Harry. Mein Grinsen wird größer, als ich sein kicherndes Gesicht sehe. Es bringt mein Herz zum Klopfen und als sich unsere Blicke treffen, wird es noch stärker. Noch immer kann ich kaum fassen, was für wunderschöne Gefühle er in mir auslöst. Wie ein Rauschmittel, das alle negativen Empfindungen betäubt und mich in Watte schweben lässt.
"Mein Fresse! Ist ja schön und gut, dass ihr wieder zusammen seid und darüber lachen könnt. Aber Mensch, Louis. Das tat scheiße weh!", gibt Zayn von sich. Harrys Lächeln erlischt auf der Stelle und seinen Blick richtet er mit seltsamer Miene auf den Boden, was mich zum Schlucken bringt.
Abwechselnd und skeptisch schaut Zayn zwischen uns her, als er den Stimmungswechsel bemerkt, bevor sich plötzlich Schock in seinem Gesicht widerspiegelt. "Warte... ihr seid nicht wieder zusammen?!"
"Nein", sage ich leise. Harry bleibt still, also schüttle ich den Kopf und deute Zayn, sich wieder zu mir zu drehen, damit ich die Wunder unter die Lupe nehmen kann. Ich bin zwar kein Arzt, aber es sieht ganz okay aus. Es scheint sich auch nicht zu entzünden. "Aber warum denn nicht? Was habt ihr letzte Nacht bitte gemacht?!"
Ich bin wie ein wildes Tier über ihn hergefallen. Ach warte, zuerst habe ich ihn hysterisch angeschrien.
Der Schwarzhaarige ist sichtlich entrüstet, doch ich zucke nur mit den Achseln. Vorsichtig säubere ich den Schnitt, aus dem zum Glück kein Blut mehr austritt.
"Leute?! Was soll das?", empört sich Zayn weiter. "Lass gut sein", bitte ich ihn, woraufhin Harry plötzlich aus seiner Starre erwacht und beinahe fluchtartig den Raum verlässt. Wenige Momente später hört man die Wohnungstür zuknallen. Ich schließe die Augen und schüttle den Kopf. "Louis, ich versteh's nicht. Er liebt dich und du ihn doch auch oder etwa nicht?", versucht er es nun etwas sanfter.
"Zayn, bitte. Es ist eine Sache zwischen Harry und mir. Wir haben abgemacht, dass wir uns nicht näher kommen werden. Keine Berührungen. Momentan... kann ich noch nicht wieder mit ihm zusammen sein", murmle ich und packe langsam das Pflaster aus, bevor ich es vorsichtig über die Wunder klebe. "Meinst du nicht, dass du es dir ein bisschen einfach machst?", fragt Zayn spitz nach und irritiert blicke ich zu ihm hoch, nur um sein fassungsloses Gesicht zu sehen. "Was?"
"Naja, was denkst du denn, wie schwer es für Harry ist, wenn du hier herumlungerst, er dich aber nicht berühren darf? Das ist ja so, als wärst du kurz vorm Verhungern, vor dir steht ein riesiges Buffet, aber du darfst nichts essen. Mein Gott, Louis! Harry ist bis über beide Ohren in dich verliebt! Zu keinem Zeitpunkt eurer Beziehung hat er dir etwas vorgemacht. Diese dämliche Idee war doch davor! Und jetzt mal ganz ehrlich, Louis. Hättest du Harry vom Kuss mit Liam erzählt, wenn er euch nicht gesehen hätte? Ich denke nicht, oder? Diese Situation war nämlich auch davor."
Etwas überrumpelt blinzle ich ihn an, bevor ich langsam nicke. "Das mag sein, aber ich kann meine Gefühle nicht steuern. Vorerst sind wir nur Freunde", widerspreche ich, was ihn zum Augenrollen animiert. "Ja genau, weil Harry das ja kann. Nur Freunde - das hat schon einmal bei euch funktioniert." Seine Ironie ist nicht zu überhören.
Es ist nun einmal meine Meinung und davon wird er mich nicht abbringen. Etwas verärgert streiche ich fester über das Pflaster, um es zu glätten. Zayn zuckt zusammen und geht einen Schritt zurück, woraufhin ich aufstehe. Rasch greife ich noch einmal zu meinem Kaffee, um die Tasse zu leeren. Ich werfe ihm einen letzten Blick zu, bevor auch ich die Küche verlasse und nach draußen stampfe.
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Zayn scheint leider auch eher auf Harrys Seite zu sein, doch Louis ist von seiner eigenen Meinung überzeugt :/
Ihr Lieben, mein Büro zieht heute um, weswegen ich viel mit Kisten schleppen beschäftigt sein werde. Die Kommentare beantworte ich, sobald ich dazu komme :) Was macht ihr heute Schönes?
28 💚💙
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Zatago II - [Larry-AU]
FanficTeil II von Zatago Verzweiflung. Laut dem amerikanischen Webster-Wörterbuch ist das der Zustand völliger Hoffnungslosigkeit. Nicht einmal in seinen absurdesten Träumen hätte Louis sich vorstellen können, nach so kurzer Zeit wieder von diesem Gefühl...