Kapitel 33

171 6 0
                                    

Larissa's Sicht
Es ertönte die Durchsage durch die große Halle des Flughafens, dass Jonas' Flieger gleich starten könne. Ein letztes Mal drückte ich seinen Körper an meinen:
„Alles Gute und vergiss mich nicht!"

Jonas drückte meine Hände:
„Wie könnte ich dich vergessen, Larissa Johnson. Wir bleiben in Kontakt."

Dann ließ er langsam meine Hand los und verabschiedete sich von meiner Familie.

Nun konnte ich ihn loslassen. Ich hatte mit ihm über alles geredet. Seine Ratschläge haben mir geholfen und alleine seine Anwesenheit hat mich glücklich gemacht. Doch jetzt musste er gehen und ich verstand es.

Er bekam die Chance ein neues Leben anzufangen. Diese Chance sollte er nutzen, denn man bekommt sie nicht jeden Tag. Man sollte immer versuchen glücklich zu sein und ich war mir sicher, dass er es sein wird.

Er wird Freunde finden und ich wünschte ihm, dass er sich in seiner Familie wohlfühlen wird.

Ich meine, klar gibt es Dinge, die einen stören werden, aber es gibt genauso Dinge, die einem Freude bereiten und diese sollte man nutzen.

Probleme kann man immer lösen, dass sagte mir Jonas immer, wenn ich traurig war.

Jonas drehte sich nochmal um, winkte mir zu, dann verschwand er. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Mum! Sie lächelte mich an:
„Es wird ihm gut gehen."

Wir verließen den Flughafen. Im Auto sagte Patrick:
„Ihr werdet euch bestimmt wiedersehen."

Er sollte mich in Ruhe lassen. Ich gab nur ein Nicken von mir und schaute aus dem Fenster. Mum schmunzelte:
„Irgendetwas stimmt mit euch beiden nicht. Sonst redet ihr viel mehr miteinander."

Sie hatte es bemerkt. Sollte ich es ihr erzählen, warum ich nicht mehr mit ihm sprach? Nein, sie konnte es selbst herausfinden.

Mum lächelte:
„Wir haben eine Überraschung für euch."

Mein Kopf wand sich zu ihr:
„Was?"

Sie begann zu lachen:
„Es wird euch gefallen. Wir fahren alle zusammen in den Urlaub!"

Urlaub hört sich gut an. Mit Patrick? Naja, klar kam er mit. Vielleicht könnte ich ihn umstimmen, mit Rauchen aufzuhören.

Ich lächelte:
„Cool, wohin?"

Dad räusperte sich:
„Nach Italien."

Italien? Das ist cool. Ich wollte schon immer mal nach Italien. Die Begeisterung stand mir ins Gesicht geschrieben. Auch Patrick schien sich zu freuen. Der wird schon noch sehen.

Er fragte:
„Wie lange?"

Mum antworte:
„Zwei Wochen am Gardasee."

Nicht schlecht. Es waren nur noch zwei Wochen bis zu den Sommerferien. Dann würde es losgehen. Mein erster Familienurlaub.

Dad setzte uns an der Schule ab. Ich verabschiedete mich:
„Bis später."

Ich kletterte aus dem Auto. Patrick lief schon weiter vorne. Bei einer Gruppe von Jungs, mit denen er normalerweise nicht abhing, blieb er stehen und klatschte sich ab.

Warum stand er bei denen? Ich wollte gerade zu ihm gehen, als ich von einer Hand aufgehalten wurde. Ich drehte mich um. Sophie. Sie lächelte mich an:
„Hey, Larissa. Wie geht's?"

Mein Blick fiel zu Patrick rüber. Er lachte mit den anderen Jungs. Einer von ihnen zog eine Schachtel Zigaretten raus und ging voraus. Richtung Sporthalle. Die Raucherecke.

Ich hoffte, dass Patrick sich umdrehen würde und wieder zu seinen alten Freunden gehen würde. Aber leider nein. Er ging hinter den anderen her.

Er drehte sich einmal um und unsere Blicke trafen sich. Ich sah ihn wütend an. Er sah schuldbewusst weg. Warum tat er das?

Das war nicht er! Das war nicht der liebevolle Bruder, der seinen zwei-jährigen Bruder aus dem Kindergarten abholt und nicht der Junge, der mit seiner Schwester Gitarre spielt.

Amelie stellte sich vor mich:
„Er sieht echt gut aus, oder?"

Bitte was? Spricht sie von meinem Bruder? Ich sah sie geschockt an:
„Wen meinst du?"

Sie machte verträumte Augen:
„Dein Bruder!"

„Spinnst du jetzt vollkommen?"

Ich meine, ich konnte verstehen, was sie meinte. Er sah echt nicht schlecht aus und er machte einen anziehenden Eindruck mit seiner leicht arroganten Art, aber hallo?

Entsetzt fragte ich sie:
„Hast du dich in ihn verknallt oder was?"

Sie lachte:
„Nein, eigentlich wollte ich nur deine Reaktion sehen. Du warst voll auf ihn fixiert, da wollte ich mal sehen, ob du drauf anspringst."

„Ja, ich war fixiert auf ihn, aber nicht, weil ich ihn so bewundere."

„Warum dann?"

„Ist egal. Komm! Lass ihn machen, wenn er meint es tut ihm gut."

Jetzt stand eine verwirrte Sophie vor mir. Ich zog sie hinter mir her in die Klasse.

In der Pause war Patrick nirgends zu sehen. Bestimmt war er wieder bei den sogenannten „Badboys" der Schule. Ich fand diese Jungs alles andere als anziehend. Sie hatten ein arrogantes Wesen und dachten sie wären die geilsten von allen. Dann mit ihrer Zigarre im Mund, ihren Motorrädern, ihren schwarzen Klamotten und mit den Mädchen, die ihren wortwörtlich auf den Fersen hängen.

Ich dachte immer Patrick war anders, aber anscheinend war auch er zu sowas fähig.

Nach der Schule ging ich alleine nach Hause. Kurz vor unserem Haus, hörte ich Patrick's Stimme:
„Larissa, warte!"

Ich lief weiter, als hätte ich ihn nicht gehört. Er rannte hinter mir her und kam schließlich vor mir zum Stehen:
„Ich will dir das erklären."

„Ich will deine Erklärungen aber nicht hören!"

Ich ging an ihm vorbei. Wieder stellte er sich vor mich:
„Hör mir doch zu!"

Ich schrie ihn an:
„Nein! Ich will es nicht wissen. Geh zu deinen neuen Freunden, mach mit ihnen was du meinst. Mach es und halt mich daraus! Mach, wenn du meinst es tut dir gut und du bist so cooler. Mach es, wenn du willst, dass dir die ganzen Mädchen noch mehr hinterherlaufen, als so schon. Werde abhängig vom Rauchen und vom Alkohol. Ich weiß, dass du am Wochenende bei diesem Junge auf der Party warst und dich total besoffen hast. Amelie hat es mir gesagt, ihr Bruder hat dich gesehen. Von wegen du warst bei einem Freund. Ihr wolltet Fußball gucken. Klar, selbst wenn ihr es getan hättet, wüsstest du es wahrscheinlich nicht mehr.
So hätte ich dich nicht eingeschätzt und mit so einem Jungen will ich so wenig wie möglich zu tun haben!"

Die Tränen standen mir in den Augen. Es tat weh, es zu sagen, aber es war leider wahr.

Im Heim gab es genug Jungs, die sich mit sowas zerstört haben, weil sie nicht damit klargekommen sind, dass ihre Eltern sie nicht wollten.

Dann gab es einen Unfall, Jonas war verwickelt. Seine Freunde und er sind Abends abgehauen, haben sich Alkohol besorgt und so richtig besoffen. Einer von ihnen war der Meinung sich ein Auto zu nehmen und loszufahren. Er baute einen Unfall, Schwerverletzte, Jonas darunter.

Alle sind letztendlich gut rausgekommen. Es war vor zwei Jahren. Ich werde es nie vergessen, wie ich Angst um ihn hatte. Seitdem bin ich total gegen Alkohol und Rauchen. Damals gab es richtig Ärger.

Es war das zweitschlimmste was mir je passiert ist, nach dem, dass meine Eltern mich weggegeben haben.

Lost My TwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt