Kapitel 46

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Melissa's Sicht
Ich spielte gerade Gitarre, als es an der Tür klingelte. Behutsam legte ich die Gitarre zur Seite und ging runter, um die Tür zu öffnen. Hätte ich vorher gewusst, wer davor steht, hätte ich es mir mit Sicherheit nochmal überlegt, was ich dort tat.

Ich drückte die Türklinke runter und verschränkte die Arme, als ich sah, wer da stand:
„Was willst du von mir?"

Selbstbewusst trat er in mein Haus:
„Dir Gesellschaft leisten."

Ich schloss die Tür:
„Ich brauche keine Gesellschaft von dir."

Er zog seine Schuhe aus und ging hoch in mein Zimmer. Was fiel diesem Junge nur immer ein? Ich versuchte ihn zurück zu halten, doch er war schneller. Als wäre es das Natürlichste, einfach in mein Zimmer zu spazieren, setzte er sich einfach auf meine Couch:
„Auf was hast du Lust?"

Ich nahm meine Gitarre und wollte sie wegstellen:
„Mit Sicherheit nicht auf dich."

Er lachte und fuhr sich durch seine schwarzen Haare:
„Jeder mag mich."

„Ich nicht."

„Das sagst du nur so."

„Was denkst du dir eigentlich dabei, Lukas?"

„Nicht viel."

Ja, klar. Das habe ich mir schon gedacht. Kopfschüttelnd stellte ich die Gitarre weg. Er schlug vor:
„Du kannst mir auf der Gitarre vorspielen. Ich mag Musik."

Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, ihn nicht anzuschreien. Aber wenn ich Gitarre spielte, musste ich wenigstens nicht mit ihm reden. Ich nahm sie und setzte mich auf mein Bett. Fing an zu spielen. Schaltete aus, dass Lukas da war. Stellte mir vor, in einer anderen Welt zu sein.

Die letzten Töne erklangen und mein Blick stieg in die Höhe. Was ich sah, lies mich geschockt aufatmen. Lukas filmte mich. Ich wollte ihm das Handy wegnehmen und das Video löschen. Er meinte:
„Du spielst gut. Fast wie ich."

Verwirrt sah ich ihn an:
„Du spielst Gitarre?"

„Nö, aber würde ich spielten, wäre ich so gut wie du. Bestimmt sogar besser."

Er steckte sein Handy ein. Wie konnte man so selbstverliebt sein? Ich meine, ein gesundes Selbstbewusstsein war gut, aber bei ihm war das ja schon krank.

Er bekam einen Anruf. Nach dem er telefoniert hatte sagte er:
„Ich muss leider los."

Ich versuchte gefährlich zu klingen:
„Wenn du dieses Video irgendjemanden sehen lassen wirst, dann wirst was erleben."

Er zuckte mit den Schultern und dann war er weg. Ich ließ mich auf mein Bett fallen. Setzte mir meine Kopfhörer auf und schaltete die Musik so laut, dass ich den Rest nicht mehr wahrnehmen konnte.

Meine Gedanken schweiften zu Daniel. Ob er mich mochte? Wie bemerkte man so was? Ich konnte ihn doch nicht einfach fragen. Das würde bestimmt falsch rüberkommen.

Ich fragte mich, was er wohl gerade machte. Plötzlich bekam ich Schluckauf. Meine Mutter sagte, dass wenn man Schluckauf hat, dann denkt jemand an dich. Stimmte das?

Nein, konnte nicht sein. Dann hätte Daniel ja 24 Stunden sieben Tage die Woche Schluckauf. Unmöglich.

Ich hickste erneut. Ich trank einen Schluck und stellte mich ans Fenster um in die Sonne zu gucken. Zu meinem Glück schien sie sogar. Ich schaute rein und musste niesen. Danach war der Schluckauf weg.

Ich lächelte zufrieden. Diesen Trick hatte ich mal im Internet gefunden und es war bei mir der einzigste der half.

Ich bekam eine Nachricht von Amelie.

Amelie
Lust auf eine Party?

Hatte sie Geburtstag? Nein, sie hatte im Dezember.

Melissa
Bei wem?

Amelie
Bei einem Freund. Ich darf eine Freundin mitbringen.

Eigentlich war ich nicht gerade der Typ, der gerne auf Partys ging.

Amelie
Komm schon. Das wird cool.

Ich überlegte, doch letztendlich stimmte ich zu.

Melissa
Na gut.

Amelie
Ich hol dich um 19:00Uhr ab.

Jetzt war es 17:00Uhr. Ich schmiss mein Handy auf das Bett und legte mir ein Outfit zurecht. Ein knielanges rotes Kleid mit dazu passenden Schuhen und einem Armband.

Ich ging unter die Dusche und machte mir ein paar Locken. Schminken tat ich mich nicht besonders viel. Ein bisschen die Wimpern und Lippenstift musste reichen. Ich wollte nicht besonders auffallen.

Um pünktlich 19:00Uhr war Amelie vor meiner Haustür. Sie trug ein weißes Kleid, welches ihr wunderschön stand. Ihre Augen wurden groß, als sie mich sah:
„Melissa, du siehst richtig hübsch aus."

„Das kann ich nur wiedergeben."

Sie lächelte. Ich rief ins Haus, dass ich ging und schloss die Tür.

„Wie kommen wir zu der Party?"

Sie drehte sich zur Straße und zeigte auf ein Auto. Verwirrt bemerkte ich:
„Du kannst noch kein Auto fahren."

Amelie zog mich mit zu dem Auto:
„Mein Bruder hat sich bereiterklärt zu fahren."

Ich begrüßte ihn freundlich. Er war schon 18 und die beiden hatten eine gute Beziehung zueinander. Manchmal war ich schon eifersüchtig, weil ich auch gerne so eine Schwester- Bruderbeziehung hätte. Damit musste ich mich abfinden, denn das werde ich nie haben.

Das Auto fuhr los und stoppte zehn Minuten später vor einem Haus, dass mit Lichterketten geschmückt war. Laute Musik dröhnte aus dem Haus. Wir stiegen aus dem Auto. Amelie's Bruder fragte:
„Melissa, wann musst du Zuhause sein?"

„Spätestens um eins."

Er nickte uns wünschte uns viel Spaß. Dann gingen wir auf das Haus zu.  Einzelne Jugendliche standen verteilt vor dem Haus und unterhielten sich. Ich ging selten auf Partys. Man konnte fast sagen, dass ich es nicht gewohnt war und mich somit unwohl fühlte.

Amelie packte mich am Arm:
„Komm, lass uns feiern.

Ich ließ mich von ihr mitziehen, bis wir in einer tanzenden Menge standen. Sie schrie zu mir, da die Musik so laut war:
„Lass uns was zum Trinken holen."

Ich nickte. Amelie ging voraus uns verschwand in der Menge. Vergeblich ging ich ihr hinterher. Ich hatte sie verloren. Nirgends war sie zu sehen. Und auch sonst kannte ich keine Leute um mich herum.

Man konnte mich hilflos nennen. So fühlte ich mich auch. Die Situation erinnerte mich an früher. Wenn ich mit meinen Eltern Einkaufen gegangen war und hatte sie in dem Laden verloren, begann ich immer zu heulen.

Nicht, dass ich das jetzt immer noch tun würde. Ich bahnte mir einen Weg durch die ganzen Leute. Als ich an einer Wand ankam atmete ich erleichtert aus.

Vor Schreck zuckte ich zusammen. Jemand zog mich unsanft mit sich in die Menge. Kurz hatte ich Hoffnung, dass es Amelie war. Leider nicht.

Als ich jedoch erkannte wer es war, überkam mich Erleichterung und gleichzeitig ein Schauer.

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Hey
Wie gefällt euch die Geschichte bis jetzt so?
Was denkt ihr, wer will Melissa da mit sich in die Menge ziehen?
Wer ist euer Lieblingscharakter der Geschichte?

M❤️

Lost My TwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt