Kapitel 9

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Larissa's Sicht
Heute war Freitag, nun wohnte ich seit einer Woche in der Familie. In der Schule hatte ich sogar schon eine Freundin gefunden. Sie hieß Sophie. Sie hatte mich als erstes angesprochen, als ich am Dienstag die Klasse betrat.

Das Mädchen, was mich am Montag zur Seite gestoßen hatte, war bedauerlicherweise auch in meiner Klasse. Doch ich ging ihr so gut es ging aus dem Weg. Ich hatte schnell gemerkt, dass sie generell einen schlechten Ruf hatte und so ziemlich jedem auf die Nerven ging mit ihrer Freundin Julia. Julia war eigentlich nur ihr Mitläufer, die tun musste, was ihr gesagt wurde. Ich schätzte, dass Julia keine Freunde hatte und ihr nur hinterherlief, um nicht alleine zu sein. Würde ich nicht machen, aber ihre Sache. Als ob ich mich von jemandem rumkommandieren lasse, der eingebildet ist und denkt sie wäre die schönste Prinzessin auf der Welt. Niemals!

Aber zurück zum momentanen Thema. Ich saß neben Patrick in der Bahn. Wir waren auf dem Weg zu Jonas. Er hatte sich total gefreut, als ich ihm mitgeteilt hatte, dass wir uns treffen können. Wir drängelten uns aus der Bahn ins freie.

Draußen atmete ich erstmal tief ein. Es war warm. Wärme ist nur zu genießen, wenn man ausreichend Eis, einen Pool und ein schattiges Plätzchen hat. Ich hatte gerade nichts von dem Ganzen.

Wir liefen über einen Platz, in der Mitte stand eine große grüne Figur, in deren Schatten Leute saßen, die auf ihre Bahn warteten. Patrick schielte zu mir rüber:
„Siehst du ihn irgendwo?"

Ich ließ meinen Blick schweifen. Der Platz war voller Leute, was es nicht gerade einfacher machte ihn zu finden. Doch an einer Ecke im Schatten entdeckte ich ihn:
„Ja, da!"

Ich zeigte mit dem Finger auf ihn. Er trug eine kurze Hose, ein weißes T-Shirt mit Aufdruck und eine Kappe. Wir steuerten auf ihn. Zur Begrüßung nahm er mich in den Arm und wurde dann auf Patrick aufmerksam:
„Wusste gar nicht, dass du mit Begleitung kommst."

Ja, diesen Punkt hatte ich ausgelassen. Patrick baute sich auf uns stellte sich kurz vor:
„Patrick. Ich bin ihr Bruder."

Oh, nein. Bitte nicht. Nicht vor Jonas. Jonas klatschte sich mit ihm ab. Aber er sah nicht so aus, als wollte er mit ihm Freundschaft schließen. Jonas sah mich missbillig an. Musste Patrick aber auch umbedingt sagen, dass er mein Bruder seie?

Ich versuchte vom Thema abzulenken:
„Wollen wir uns ein Eis holen?"
Patrick nickte und ging voraus. Ich und Jonas hinter ihm her. Jonas murmelte:
„Er ist arrogant."
Ich flüsterte zurück:
„Er ist eigentlich ganz nett."

Jonas sah nicht gerade freudig aus. Wir standen vor der Eisdiele. Ich bestellte Vanille und Schoko. Patrick bezahlte für mich mit. Ich bedankte mich. Jonas ging neben mir her. Er sagte kaum etwas, er aß nur sein Eis.

So hatte ich mir das Treffen nun wirklich nicht vorgestellt. Ich musste irgendwas machen, damit die Jungs sich mal auflockern und nicht wie zwei stolze Hähne neben mir herliefen. Dann hatte ich die Idee, wir könnten über ein Thema sprechen, dass beiden Jungs super gefällt. Genau, Zocken.

Also fing ich an:
„Weißt du Patrick, Jonas zockt auch gerne. Ihr könntet euch bestimmt gegenseitig helfen, wenn ihr von Haus zu Haus springt oder sinnlos in der Gegend rumläuft."

Bingo, es hat funktioniert. Patrick sprang gleich drauf an:
„Man läuft nicht sinnlos in der Gegend rum. Man muss Angreifern ausweichen und bestimmte Rohstoffe sammeln."
Auch Jonas wollte was dazu sagen:
„Ja und man springt nicht von Haus zu Haus, sondern man fliegt."

Jetzt wurden die beiden erst richtig warm. Patrick lachte:
„Mädchen haben doch keine Ahnung von sowas. Hast du dir schon dieses neue Spiel geholt?"
Jonas schüttelte den Kopf:
„Nein, aber das soll echt gut sein. Ich werde es mir bestimmt holen."

Na bitte, geht doch. War das jetzt so schwer? Nein. Jungs sind echt schwierig. Ich lief neben den Jungs her und hatte keine Ahnung, um was es ging. Aber es war okay, denn jetzt hatte sich die Haltung von beiden gelockert und Patrick hatte sogar seine Pilotenbrille abgenommen.

Ich wollte auch mal so eine Sonnenbrille, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, mir eine zu kaufen.
Um halb sieben sagte Patrick:
„Du kannst ja mal zu uns kommen, dann zocken wir zusammen."
Jonas schlug sich mit ihm ab:
„Klar machen wir."

Warte mal. Nahm der mir gerade meinen besten Freund weg? Naja, wegnehmen konnte man nicht sagen. Wollte der sich mit meinem besten Freund treffen? Als erstes machte er ihn dumm an und jetzt waren sie best friends.

So schnell gehts, meine Freunde. Aber ich hatte nichts dagegen, wenn sie sich gut verstanden. Besser als wenn sie sich stritten oder stumm nebeneinander herliefen. Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Heimweg. Patrick sagte:
„Jonas ist aber cool."
Ich lachte.

Zu Hause gab es Abendessen. Nach dem Essen ging ich mit Patrick auf sein Zimmer. Er zeigte mir ein paar Akkorde auf der Gitarre. Wir spielten noch lange, bis Stephanie reinkam und sagte, dass wir bitte aufhören sollten, weil Finn schlafen musste. Ich sagte:
„Ja, Mu..."

Wollte ich gerade „Mum" sagen? Ich wartete ihre Reaktion ab. Sie lächelte vor Freude:
„Larissa, das ist so süß. Du kannst mich ruhig „Mum" nennen. Es wäre mir eine Ehre."

Patrick grinste. Ich fühlte mich dort wie zu Hause. Ich hatte mich an alles gewöhnt und mochte die Familie wirklich sehr. Alle waren nett und hatten mich gut aufgenommen. Ich sagte:
„Danke."

Mum nahm mich in den Arm. Es war zwar ein bisschen seltsam und ungewohnt Mum zu sagen, aber es fühlte sich auch gut an. Ich hatte noch nie in meinem Leben zu jemandem Mum gesagt. Ich mochte sie wirklich und wollte für immer bei ihnen bleiben.

Lost My TwinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt