Abschied?

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Lina:
....Hör zu Lina..." ok das kann nichts gutes geben. Er fixiert einen Punkt an der gegenüber liegenden Wand nur um mich nicht ansehen zu müssen. Meine Wut über dieses Verhalten steigt mit jeder Sekunde in der er diese blöde Wand anstarrt. „Das hier, einfach alles. Das darf nicht sein. Um genau zu sein dürftest du nicht mal bei mir mitgefahren sein, geschweige denn bei mir zu Hause übernachtet haben." rückt er endlich mit der Sprache raus. Er redet monoton, fast schon gefühllos. Als hätte er jedes einzelne Wort sorgfältig Auswendig gelernt. „Egal was das hier auch immer sein mag, es darf nicht sein. Ich bin dein Lehrer, ich könnte meinen Job verlieren." beendet er seine Rede. Erst jetzt wendet er seinen Blick mir zu. Entweder bilde ich mir wieder was ein oder ich erkenne wirklich das er mit sich kämpft. Er legt seine Stirn in Falten als ob er hofft ich könnte ihm eine Antwort geben. Nur worum dieser Kampf handelt verstehe ich nicht. Aus mir unerfindlichen Gründen fühle ich mich taub. Keine Ahnung was ich gedacht habe. Das ich ihm irgendwie wichtig bin? Das die Küsse etwas bedeutet haben? Mein Herz fühlt sich schwer an, es fühlt sich nach Abschied an obwohl wir nichtmal wirklich uns begegnet sind. „Was waren diese Küsse?" ist meine Einzige Frage zu dem was er gesagt hat. Ich bin über die Festigkeit meiner Stimme selber erstaunt. „Sie durften nicht sein Lina." Weicht er meiner Frage aus ohne mich aus den Augen zu lassen. Sein Blick erforscht mein Gesicht. „Wieso hast du mich dann geküsst.?" platzt es aus mir heraus. Meine Stimme ähnelt einem wimmern wobei ich noch nicht mal weiß wieso ich mich so fühle. „Das spielt keine Rolle" Antwort er schlicht. „Ich weiß nur das es nicht hätte sein dürfen. Ich bin dein Lehrer. Das hier darf nicht sein.". Seine ruhigen klaren Worte treffen mich ungemein. Vor allem die Art und weise wie unbetroffen er sie von sich gibt. Als ob null Emotionen mit schwingen. Wir sitzen einige Sekunden nur da und schauen uns in die Augen. Mir wird bewusst das er wirklich nichts für mich empfindet. Das er wahrscheinlich nur Mitleid mit mir hatte. „Hast du es aus Mitleid gemacht. Wegen dem was ich dir erzählt habe ?" platzt es unüberlegt aus mir heraus. Zu meiner Traurigkeit die ich mir nicht erklären kann gesellt sich Wut. Ich springe auf und renne in sein Zimmer. „Nein Lin, das war auf keinen Fall der Grund." höre ich ihn hinter mir sagen. Ich schnappe mir meine ordentlich zusammengelegte schwarze Hose und meine dok Martins, welche auf seinem Stuhl im Schlafzimmer liegen. Dieser Kerl hat echt einen Ordnungs fimmel. „Ach ja Stephan, wieso hast du es dann gemacht? Wieso hast du mich geküsst? Wieso hast du mich abgeholt und nach hier mitgenommen? Wieso hast du mir geholfen und bist bei mir im Bett geblieben? Wieso ?!" meine Stimme gleicht eher einem flüstern denn dem Temperament das ich noch bis eben hatte. Seine Gesichtszüge entgleiten ihm. Seine Maske fällt. Er blickt mich einfach nur verwirrt und bedauernd an. Na also da ist wohl meine Antwort. „Danke das reicht mir auch schon." Ich bin gerade dabei meine Hose anzuziehen. Seinen Pullover lasse ich einfach an während ich in meine Schuhe schlüpfe. Ich bin gerade im Begriff mich an ihm vorbei zu drängen um zur Tür zu gelangen als mich sein fester Griff packt. Wie gestern im Klassenraum wirbelt er mich rum sodass ich genau vor ihm stehe. Geschockt schaue ich zu ihm auf. Unser Atem geht stoßweise. Seine wunderschönen Augen sind voller Schmerz was nicht zu seinem wieder kontrollierten Gesicht passt. Seien Augen schauen in meine. Grau trifft Grün. Temperament trifft Kontrolle. In ihm wütet ein Kampf den ich nicht verstehe. Dessen Kämpfer, dessen Seiten ich nicht kenne. Wir sind uns unglaublich nahe, ich rieche seinen wunderschön männlichen Duft der mich sehnlich umhüllt. Ich höre mein Herz wie es ohne halt oder Rhythmus in meiner Brust hämmert. Ich kann mich einfach nur auf diesen wunderschönen und gleichzeitig so komplizierten Mann vor mir konzentrieren. Alles an ihm weckt eine Seite in mir die es nicht sollte. Genau jetzt bin ich mir sicher. Ja ich habe mich verliebt. Ich habe mich in ihn verliebt. In eine Person die kontrolliert und distanziert ist, sich hinter einer Fassade versteckt doch genauso gut einfühlsam lustig und mitfühlend sein kann. Und für einen kurzen Augenblick glaube ich genau die selben Gefühle die ich bei mir spüre in seinen Augen zu sehen, in seinem Gesicht. Ich merke es an der Art wie er meine Wange hält. Seine Maske ist endgültig gefallen. Ich merke es an seinem bebenden Brustkorb. An seinem stoßweise gehenden Atem.
Doch dann passiert das was passieren musste.
Er löst sich von mir, wendet den Blick ab und setzt seine so perfekt einstudierte Fassade auf.

Why you ? {Warum du?}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt