Marionetten

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Manchmal fühlte sie sich, als wären alle Menschen Marionetten größerer Mächte.
Mächte, die sie sich selbst nicht einmal vorzustellen traute.

Manchmal fühlte sie sich unsichtbar.
Unbemerkbar.
Als würde sie niemand bemerken, weil auch sie nur eine Puppe war, die an Fäden hing.

Aber sie war soviel mehr als das.
Helga Hufflepuff war keine Marionette, nein. Dadurch, dass sie eine der einzigen war, die die Plastikfäden sah, an denen alle hingen, löste sie sich von genau diesen.

Es gab genau einen weiteren Menschen auf dieser Welt, der Helgas Meinung nach ebenso wenig eine Marionette war.

Nicht Rowena Ravenclaw, die ihre Intelligenz für andere Dinge benutzte, als für Aberglaube.

Nicht Godric Gryffindor, der vor lauter Stolz und Ehrgeiz zu blind war, die Fäden zu sehen.
Helga war ein gutmütiger Mensch, aber zu Godric konnte sie noch nie eine Verbindung aufbauen.


-
„Warum, Salazar, warum?!"
„Bitte, Helga. Was hast du denn erwartet?!"
„Ich weiß auch nicht. Mehr?"
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Im Gegensatz zu Salazar Slytherin. Dieser Mann weckte eine Faszination in Helga Hufflepuff, die sie nicht für möglich gehalten hatte.
Denn dieser Mann sah die Fäden genau.


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„Ach komm schon. Helga. Schlammblüter sind bei mir eben nicht willkommen!"
„Wie kannst du so etwas nur sagen?!"
„Bitte hör auf. Das war von Anfang an meine Meinung!"
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Salazar Slytherin war immer ihr Freund gewesen. Jemand, der mit ihr still und heimlich nachts in den Gängen des Schlosses herumgeirrt war, ohne auf den Weg zu achten, und mit dem sie über alles reden konnte.


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„Alle haben eine Chance darauf, in dieser Schule eine Ausbildung zu bekommen. Auch Muggelstämmige!"
„Das ist deine Meinung, nicht meine."
„Aber dass du so etwas vor hast, das hätte ich niemals erwartet."
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Salazar Slytherin war für Helga Hufflepuff immer ein Mann gewesen, auf dessen knochiger Schulter sie einen Platz zum Ausruhen hatte, wenn sie wieder die ewigen Streitereien ihrer Freunde schlichten musste.
Manchmal stellte sich Helga sogar die Frage, ob ihre Gefühle für ihn tiefer gingen.


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„Ich hätte wissen müssen, dass du es herausfindest. Godric und Rowena  sind beide viel zu ignorant, es zu erkennen. Aber dir ist das natürlich zuzutrauen. Wir haben zu viel Zeit miteinander verbracht. Schade."
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Und irgendwann musste sie diese Frage bejahen. Ja, sie hatte tieferliegende Gefühle für Salazar Slytherin.


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„Hat es etwas mit dieser Kammer zu tun?"
„Wirklich zu schade."
„Wovon redest du?"
„Ich kann nicht zulassen, dass andere davon erfahren."
„Willst du mich jetzt umbringen?"
„Mir bleibt nichts anderes übrig, fürchte ich."
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Helga behielt ihre Gefühle für sich, sie konnte nicht zulassen, ihren wertvollen Freund zu verlieren.


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„Dabei habe ich dich wirklich gemocht. Mehr, als es für eine Mann wie mich gut wäre, mehr, als ich es je für möglich gehalten habe."
„Bitte?!"
„Wirklich zu schade."
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Helga Hufflepuffs letzter Gedanke, während sie den grünen Strahl auf sich zukommen sah, war nicht, dass sie sich in ihm getäuscht hatte.
Es war viel mehr die Bestätigung, dass sie genau richtig lag.


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„Es tut mir leid, Helga."
Eine einzelne und kleine Träne tropfte auf den leblosen Körper von Helga Hufflepuff. Ihr zierlicher, kleiner Körper hatte für Salazar immer puppenartig gewirkt. Und das war sie auch für ihn. Eine wündeschöne, liebliche, freundliche Puppe.
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Salazar Slytherin war wirklich ein Mann, der keine Marionette war, und der die Fäden genau sah. Jedoch war er es, der sie in der Hand hielt.

Harry Potter - OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt