Sehnsucht

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Als Remus aufwachte, war der Platz neben ihm leer. Er streckte seinen Arm trotzdem dorthin, hoffte, dass er etwas fühlte, das Streifen von Haut, die Wärme eines Körpers neben seinem.
Die Laken waren kalt an seiner Hand, seine Finger krallten sich in die Decke und Remus versuchte, gegen die Tränen anzukämpfen.

Für einen kurzen Moment war alles, was er tun konnte, an die Decke von seinem Quartier zu starren, die so anders war als die des Gryffindor Turms. Er war nur einmal dort gewesen, um einen Grindeloh zu fangen, die Flure waren so vertraut und gleichzeitig so fremd.

Er fühlte sich wie ein Geist, als er den Gemeinschaftsraum betrat, den Kamin und die Sessel sah und die ganzen Erinnerungen, die den Raum wie Rauch durchschwebten.
Er konnte immer noch James auf seiner Couch  am Feuer sehen, Lilys Kopf auf seinem Schoß, Marlene auf dem Fensterbrett und Dorcas auf dem Teppich, die Zwillinge am Bücherregal und Caradoc und Benji im Treppenhaus am rummachen.

Und Sirius. Sirius war überall - die tiefe Couch, wo sie so viele Nächte miteinander verbracht hatten, die Kratzer an der Wand, an die er aus Frustration seinen Zauberstab geworfen hatte. All diese Erinnerungen tanzten in Remus' Verstand, wie die Reflexion des Jungen, der er mal gewesen war, eine Liebesgeschichte, gemalt in den bitteren Farben der Jugend.

Es ist 12 Jahre her und Remus wachte immer noch jeden Morgen auf und streckte seine Hand aus nach dem Körper von jemanden, der nicht mehr da war.

Sein Körper schmerzte, der Schmerz der Veränderung schoss immer noch Flammen über seine Haut, die alles niederbrannten.
Er hatte einen hartnäckigen Schnitt an seinem Bein, ein anderer auf seinem Rücken - dank dem Trank hatte er sich seit Monaten nicht mehr selbst verletzt und der einst vertraute Schmerz nahm ihm die Luft weg.
Mit einem Stöhnen brachte er sich dazu, endlich aufzustehen, die Bettdecke war um seine Hüfte gewickelt und sein Kopf dröhnte, als er versuchte, gleichmäßiger zu atmen.

Er fühlte sich in der Zeit versetzt, kam an in einem leeren Haus, alle Lichter erloschen, die Vorhänge zugezogen. Er erinnerte sich, wie er hineingegangen war und eine Notiz auf dem Küchentisch sah - Bei James! Bald wieder
da! - und er erinnerte sich, wie er die Notiz bei Seite gelegt hatte und Abendessen machte. Er erinnerte sich daran, wie er sich an den Tisch gesessen hatte und das Essen langsam kalt wurde. Er erinnerte sich an die stechende Übelkeit, die ihn überwältigt hatte, als er bei James ankam und das Haus bis zum Grund abgebrannt aufgefunden hatte.

Remus stöhnte laut auf und drückte seine Handflächen gegen seine Stirn. Die letzte Nacht war verschwommen - Harrys Schreie, Snapes verzerrter Blick, Hermine und Rons bleiche Gesichter.

Und Sirius, ganz abgemagert, tiefe Schatten unter seinen Augen und Wangenknochen, matte verfilzte Haare. Sirius flehte Remus an, ihn zu verstehen, seine Stimme brach vor Verzweiflung, seine Finger klammerten sich kraftlos an ihn, als Remus sich an ihn zog.
Sirius war jetzt das zweite Mal in 12 Jahren fortgegangen, das Bett neben Remus immer noch leer und kalt.

Es war wie eine Wunde, die wieder aufgerissen wurde mit den scharfen Kanten von Sehsucht und den Scherben von Angst. Remus atmete tief ein - er hatte Bissspuren an seinen Armen und Beinen, welche, die nur von einem Hund hätten kommen können. Er zwang sich ein Lächeln auf.

Du lebst, dachte er und schlang seine Arme um sich selbst. Du lebst und bist frei und unschuldig.

Remus schluckte und konnte es sich fast vorstellen. Das Leben, zumindest die Möglichkeit dazu, eine Welt ohne Krieg und Blut und Schmerz, eine Welt, in der sie zusammen sein konnten. Es war so nah, dass er es beinahe schmecken konnte, gemischt mit dem Schlag von Sirius' Herzen und der Kurve seiner Lippen.

Pass auf dich auf, dachte er, als ob er Sirius die Nachricht senden konnte, wo auch immer er war. Ich kann dich nicht noch einmal verlieren.

Wenn er sich anstrengte, konnte er fast Sirius antworten hören.

Harry Potter - OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt