Illusionen

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Du schautest durch den Raum auf deinen Ehemann, der in seinem Sessel saß, ein altes vergriffenes Buch in seinen Händen. Er las es mit seiner gewöhnlichen scharfen Konzentration, der Blick auf seinem Gesicht sagte dir, dass er Wort für Wort in sich aufnahm und es in seinen Gedanken untersuchte. Das einzige Geräusch, dass man in der winzigen Wohnung in Spinner's End wahrnahm, war der Regen, der das Fenster traf, das gedämmte Licht traf ein und verdüsterte das Zimmer.

"Nur noch eine Woche", sprachst du, dein Ehemann wandte seinen Blick auf dich. Du standest zum Fenster gewendet, dein Kopf drehte sich zur Seite, sodass du Severus sehen konntest. "Und es ist der erste September. Ich bin immer noch nicht ganz vorbereitet."

"Naja, dann musst du dich beeilen", sagte er, seine tiefe, bassreiche Stimme füllte den kleinen Raum. "Minerva wird nicht sehr begeistert sein, wenn du unvorbereitet aufkreuzt."

"Anscheinend wird Hermine Granger zurückkommen um ihr letztes Schuljahr zu wiederholen", sagtest du, und wandtest dich wieder dem Fenster zu. Draußen wischte eine Mutter den Dreck vom Regenmantel ihres Sohnes mit einem genervten Ausdruck auf dem Gesicht.

"Natürlich wird sie das. Wir reden hier über Granger", murmelte Severus und schlug die nächste Seite in seinem Buch auf. "Ich frage mich, wie sie sich ohne diese zwei Schwachköpfe an ihrer Seite anstellen wird."

"Hey", sagtest du und schautest ihn wieder einmal an. "Diese zwei Schwachköpfe haben geholfen, die Welt zu retten."

Severus nickte nur, seine Augen jetzt zurück auf das Buch gerichtet. Die Seiten sahen so alt und empfindlich aus, und Severus behandelte sie auch so, hob sie mit so viel Vorsicht hoch, wie er auch seine Zaubertränke gebraut hatte.
Momente vergingen bevor er wieder redete.

"Du weißt, ich bin nicht wirklich hier." Seine Augen klebten nun an deinem Gesicht. Du drehtest dich nicht um, um ihn anzusehen, sondern schautest starr in den Regen hinaus. "ich existiere nur in deinem Kopf."

"Ich weiß", du spürtest, wie die Worte deinen Mund austrockneten, deine Augen wurden schwer von Tränen. Dein Herz fühlte sich an, als würde es in deiner Brust schlagen und tot sein gleichzeitig. "Es ist nunmal einfacher, sich vorzustellen, du seist hier, als ohne dich weiter zu machen."

"Du kannst nicht für immer so weitermachen", sagte dein Ehemann, das ausgedachte Buch in seinen ausgedachten Händen schloss sich. Er sah so echt aus und hörte sich so echt an, aber du wusstest, dass all das hier nur deine Art war, mit etwas umzugehen, an das du nicht schmerzfrei denken konntest.

"Ich weiß", sagtest du und drehtest dich um, um ihn wieder anzusehen. Aber dieses Mal war er nicht hier. Jetzt stand nur ein leerer Sessel in der Ecke des Raumes, ohne die Person, die dieses Haus so besonders gemacht hatte.

"Ich weiß", wiederholtest du, die Worte schallten durch das Apartment, das jetzt so viel kleiner wirkte.

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