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Noch am gleichen Abend versammelten meine Geschwister und ich uns in Marks Zimmer, das wir als Planungszentrale auserkoren hatten. Der Grund dafür war übrigens, dass er als Einziger von uns genug Stühle bei sich hatte. Nämlich vier an der Zahl. Maggie und ich hatten zwei, Gabe eigentlich auch, aber der hatte sie irgendwie verloren. Frag mich nicht, wie man zwei nicht gerade kleine Stühle verliert.
Gut, wir saßen also zu viert am Tisch und überlegten, wie wir unseren Auftrag erfüllen sollten.
"Wie kommen wir denn rein?", fragte Mark, der als Diskussionsleiter diente. Er hatte am meisten Erfahrung, dafür aber keine Ahnung von Grundstück und Anwesen meines Vaters.
"Über die Mauer zu kommen ist leicht", sagte Gabe. "Das hab ich schon mit zehn geschafft."
"Ja, das ist ja auch der einfache Teil", sagte Maggie mit einem Augenrollen. Sie saß zwischen Gabe und Mark. Mit letzterem hielt sie unter dem Tisch Händchen. Jedenfalls hoffte ich, dass Marks Hände damit und mit nichts anderem beschäftigt waren.
Sie fuhr fort: "Wie wir ins Haus kommen ist die Frage."
"Haupteingang?", fragte Gabe schlicht.
"Nein, bist du bekloppt? Der ist erstens verschlossen, zweitens ewig weit von Pas Arbeitszimmer weg und drittens, weißt du nicht mehr, wie laut diese Dreckstür quietscht?", schmetterte ich seinen Vorschlag ab.
"Wir könnten durch ein Fenster rein", warf Maggie ein.
"Oh Leute, ich klettere keine Hauswand hoch", stöhnte Mark alles andere als begeistert. Klettern konnte er wirklich nicht gut, aber ich bin um ehrlich zu sein auch kein großer Freund davon.
"Man kommt sowieso nicht von draußen durch die Fenster, ohne sie aufzubrechen, und dann können wir uns die vorsichtige Herangehensweise ganz aus dem Kopf schlagen", sagte ich mit einem Gähnen. Mein Ellenbogen war auf die Tischplatte gestützt, während meine Wange auf meiner Hand ruhte.
"Dann schlag doch selber was vor, anstatt immer nur zu nörgeln", zischte mein Bruder mich an.
"Klar, ich hab die Lösung für all unsere Probleme. Ich frage mich ernsthaft, wie du noch nicht darauf kommen konntest, Gabe. Immerhin bist du so fast jede Nacht nach Hause gekommen. Wahrscheinlich warst du nur immer zu besoffen, um dich daran zu erinnern", begann ich.
"Pass auf, wie du mit mir redest", unterbrach Gabe.
"Sonst was, Bruderherz? Hast du heute schlechte Laune? Wie auch immer, ich rede von dem einen Eingang für's Personal. Der ist nie verschlossen und führt direkt zum Ostflügel, also in die Nähe vom Arbeitszimmer."
"Hört sich gut an", sagte Mark, als niemand sonst antwortete, aber seinem Urteil war nicht zu vertrauen, weil er wirklich keine Ahnung hatte, worüber ich sprach.
"Dann müssen wir aber an den Schlafzimmern vorbei. Pa könnte uns hören", zweifelte Maggie.
"Also bitte, Schätzchen. Dich hört niemand, nicht einmal ich", erwiderte Mark.
"Um mich mache ich mir ja keine Sorgen, auch nicht um dich oder Gabe. Es ist nur... naja... du." Sie deutete vage in meine Richtung, was ich mit einem empörten Aufatmen quittierte, obwohl ich genau wusste, dass sie Recht hatte. Es ist ein wenig peinlich, aber in meiner gesamten Laufbahn, sowohl als Viper als auch als Assassine, kam ich immer wieder auf meine Kosten, wenn es um's Schleichen ging. Ich kann's einfach nicht. Es liegt nicht daran, dass ich ungeschickt oder gar tollpatschig wäre, Gott bewahre, ich hab' wohl einfach kein Talent dafür. Eigentlich ist das sehr peinlich.
"Die Botschaft ist angekommen", grunzte ich. "Keine Sorge, das werde ich wohl noch hinbekommen. Pa war schon in seinen besten Tagen unaufmerksam. Der hört uns nicht."
"Tut mir leid", murmelte Maggie und starrte auf die Tischplatte.
"Gut, also, wir sind jetzt drin", spann Mark unseren Plan weiter. "Was erwartet uns drinnen?"
"Nicht viel", meinte Gabe knapp. "Wachen gibt es nicht und das wenige Personal, was übrig geblieben ist, wird schlafen. Wir machen das doch nachts, oder?"
"Selbstverständlich", sagte Mark nachdenklich. "Wir gehen rein und über den kürzesten Weg zum Arbeitszimmer, an das der Tresorraum angrenzt, richtig?"
"Richtig", bestätigte Gabe.
"Wo ist der kürzeste Weg?"
"Über eine der beiden Haupttrep-"
"Nein", unterbrach ich meinen Bruder. "Es gibt eine Wendeltreppe für Dienstboten. Sie ist sehr eng, wir werden wohl gerade so durchpassen. Wenn wir auf dem Rückweg was zu tragen haben, dann müssen wir eine Haupttreppe nehmen."
"Passe ich auch... durch diese Wendeltreppe?", hakte Mark kritisch nach.
"Ja, du musst nur den Kopf einziehen."
"Na gut, das ist ja nichts Neues."
"Von dieser Treppe wusste ich gar nicht", mischte Gabe sich wieder ein.
"Während du in der Stadt deinen Spaß hattest, habe ich das Anwesen erkundet. Maggie und ich wissen so einiges über dieses Gemäuer, von dem du keine Ahnung hast", erklärte ich gelangweilt, erfreute mich aber innerlich an Gabes säuerlich-überraschtem Ausdruck.
"Gut, wo sind diese Treppen?", fragte Mark weiter.
"Es gibt eine an jedem Ende vom Flur. Welche wir nehmen ist ziemlich egal", klärte ich ihn auf.
"Sehr schön. Dann, Gabe, eine Frage, die du sicherlich am ehesten beantworten kannst. Was erwartet uns in der Schatzkammer?"
"Naja, Geld eben. Ein bisschen Schmuck oder anderer angeblich wertvoller Dreck, aber das interessiert uns nicht. Zu meiner Zeit war das Geld schon in Säcken abgepackt, so dass wir eigentlich nur zugreifen und wieder abhauen müssen. Wenn jeder von uns zwei nimmt, ist das auf jeden Fall genug."
"Bist du dir sicher?"
"Ja, Mark."
"Hervorragend, dann sind wir bereit, oder? Hat noch jemand Fragen?"
Kollektives Kopfschütteln.
"Super. Wann geht's los?", fragte Mark voller Tatendrang.

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