Ich stand vor Marks Zimmer, und ich fühlte mich gut. Warum war ich bloß so ein furchtbares Ekel? Da könnte man ja fast meinen, ich hätte gar keine Erziehung genossen. Ich kann dich allerdings beruhigen, das war eine einmalige Eskapade. Ich bereue es, ich bereue es wirklich. Naja, ändern kann ich es jetzt nicht mehr, aber...
- Glaubst du eigentlich es gibt etwas, was nach dem Leben kommt? Irgendetwas? ... Hm, interessant. Falls nach dem Tod etwas kommt, was auch immer es sein mag, dann sind sie da jetzt zusammen, Maggie und Mark. Ich hoffe es. Sie haben beide etwas Ruhe und Zweisamkeit verdient. -
Du willst sicher wissen, was ich als nächstes gemacht habe, nicht wahr? Besonders viel kommt nicht mehr. Ich bin mit meiner Geschichte fast am Ende.
Nach meiner Auseinandersetzung mit Mark suchte ich als erstes mein Zimmer auf. Ich besaß nicht viel, weshalb es mir ein leichtes war, alles kompakt zusammenzupacken. Ich wollte immerhin nicht mit unnötig viel Ballast herumlaufen, auf der Suche nach einem neuen Leben.
Nachdem ich meine Kleider in ein Bündel geschnürt hatte, ging ich vor meinem Bett in die Knie. Ich griff darunter und lächelte, als meine Finger auf das raue Leinen stießen, in dem ein schwerer Gegenstand eingewickelt war. Obwohl die Versuchung groß war, das Schwert zu ziehen, nur um es ansehen zu können, verzichtete ich darauf und befestigte die Scheide an meinem Gürtel. Es ist unfassbar, wie sehr es die Stimmung verbessert, mit fünfeinhalb Pfund geschärftem Stahl herumzulaufen. Einfach einmalig. Du musst das auch mal ausprobieren. Ich weiß, du hast deine Messer und Dolche, die sind ja auch ganz niedlich, aber mein Bastardschwert ist ein ganz anderer Kaliber. Das macht einen großen Unterschied, ich schwör's dir.
Ich fühlte mich jedenfalls grandios und ziemlich gefährlich, als ich die Küche aufsuchte, um mir einige Vorräte für meine Reise anzulegen. Auf dem Weg begegnete mir niemand, aber selbst wenn hätte es keinen gestört, dass ich mich dort einfach bediente. Man sah andauernd Mitglieder, die sich auf einen Auftrag vorbereiteten und dabei Waffen- und Vorratskammern plünderten.
Danach stand ich auf einem Flur und hörte kurz auf zu funktionieren. Drei Jahre hatte ich hier verbracht, und innerhalb von kaum zehn Minuten war ich bereit, alles für immer hinter mir zu lassen. Es war nicht mein erster Abschied von einem Ort, aber anders als das letzte Mal fühlte es sich nun so an, als wäre es allein meine Entscheidung gewesen. Ich tat endlich das, was ich wollte, und ich wollte gehen. Ich war bereit, in eine Welt zu treten, in der nur ich mir Vorschriften machen konnte. Auch wenn ich nicht wusste, was ich mit mir anfangen sollte, war mir klar, dass ich ein für allemal frei war.
Ich war nicht mehr an Regeln irgendeiner Etikette oder Geheimorganisation gebunden. Ich ließ mir von niemandem mehr etwas sagen.
Kurz fühlte ich mich beschwingt, ehe die Last des Kummers meine Schultern beugte. Diese Freiheit hatte ich immer mit Maggie spüren wollen. Ich stellte mir vor, wie wir zusammen die Welt umsegelten, Abenteuer erlebten und Dinge entdeckten, die nicht in unseren kühnsten Vorstellungen existieren konnten. Vielleicht erwähnte ich es schon, aber sie hat immer das Reisen geliebt. Selbst wenn wir nur irgendwelche Verwandte in Wales besuchten, war sie außer Rand und Band. Ah, es gibt noch immer so viel, was ich ihr sagen und zeigen will. Sie hatte so viele Wünsche und Träume, die sich nie erfüllen werden. Ich kann das einfach nicht vergessen. Ich male mir das Leben aus, was für sie bestimmt war und muss einsehen, dass es niemals real sein wird. Obwohl es schon so viele Jahre her ist, habe ich das Gefühl, dass sie erst gestern noch bei mir war und damit angegeben hat, dass sie mehr als ich heben kann, was gar nicht stimmt, aber ich hätte trotzdem gelacht, und ich sollte mich über die Zeit freuen, die ich mit ihr verbringen durfte. Ich sollte die Erinnerungen an jeden einzelnen Moment dieser sechzehn Jahre, fünf Monate und sechsundzwanzig Tage genießen. Stattdessen will ich jetzt nur noch heulen, wenn ich an sie denke.
Gott, ich bin so verweichlicht, aber vielleicht steht es mir zu, hin und wieder einen Moment der Schwäche zu zeigen. Es ist ja niemand hier, nicht wahr? Hier sind nur du und ich.- Wie lange liegen wir hier schon? Es wird langsam dunkel. Kannst du noch oder wird es dir langsam zu anstrengend? Du bist so still geworden. ... Wir können auch eine Pause machen oder morgen weitermachen. ... Nein? Na gut, wenn du meinst. Dann ziehen wir das jetzt aber auch durch. Ich will nicht, dass du in zehn Minuten rumquengelst, weil du müde bist. ... Ja, dann ist ja gut! Ich wollte es nur gesagt haben. -
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Vale
ActionIch habe in meinem Leben viel gesehen. Ich bin weit gereist, habe etliche Menschen getroffen. Ich habe etliche Menschen getötet. Ich habe mehr verloren, als ich zu besitzen glaubte. Meine Geschichte ist keine schöne. Sie ist kein Märchen und kein...